: „Der Dummkopf“
Der Begriff „Paparazzo“ stammt aus dem Melodram „La dolce vita“ (1959). In Federico Fellinis Film jagen der Klatschreporter Marcello (Mastroianni) und der Sensationsfotograf Paparazzo (Walter Santesso) den Geheimnissen der römischen Schickeria nach – die Via Veneto rauf und runter. Der Name „Paparazzo“ ist verwandt mit papero (Gans), was auch „Einfaltspinsel, Dummkopf“ bedeutet.
Tazio Secchiaroli ist einer der echten römischen Väter unter den Wer mit wem wohin mit oder ohne Fotografen. Als Sophia Lorens Leibfotograf avancierte er in den Sechzigerjahren vom ordinären Paparazzo zum Starporträtisten. Rino Barillari gilt heute als König unter den professionellen Voyeuren. Seit über vierzig Jahren ist der Römer immer mit einem Finger am Auslöser. Als er vierzehn war, flüchtete er allein aus der kalabrischen Provinz in die Metropole. Lichtete zahlungswillige amerikanische Touristen ab, um sich über Wasser zu halten. Das Verhältnis zu seinen Kameras ist ein intimes – jede von ihnen hört auf einen Frauennamen.
Sensationsfotografen sind Diener und Feinde der Promis. Ihr Berufsethos ist Neugierde. Ihre Passion ist die Lust am Sensationellen, Ungehörigen, ganz und gar Unglaublichen. Und sie übertreten nicht selten die Grenze des guten Geschmacks. So geraten auch Paparazzi oft selbst in die Schlagzeilen. Denn grundsätzlich, so steht es im Gesetz geschrieben, hat jeder das Recht am eigenen Bild: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.“ Allerdings: Mit zunehmender Prominenz nimmt das Recht am eigenen Bild ab. Grund: Personen, die im Lichte der Öffentlichkeit stehen, können sich jenem nicht nach Belieben entziehen. Hier gilt meist: Pressefreiheit vor Privatsphäre.
„Auch in unterhaltenden Beiträgen findet Meinungsbildung statt“, lehnte der Gerichtshof in Straßburg die Forderung von Caroline von Monaco ab, Prominente nur noch bei öffentlichen Anlässen oder mit Einwilligung fotografieren zu dürfen. Die Bunte hatte sie beim Reiten, Radfahren und Einkaufen erwischt. Drei Paparazzi, die die Leiche von Lady Di fotografiert hatten, standen wegen Verletzung der Intimsphäre in Paris vor Gericht. Sie wurden freigesprochen.
Zukünfig soll hierzulande besondershemmungslosen Sensationsfotografen bis zu einem Jahr Haft blühen. Der Gesetzentwurf „Schutz der Intimsphäre“ liegt bereits dem Bundesrat vor. Grund des aktuellen Handlungsbedarfs ist auch der Anstieg von Hobbyspannern auf öffentlichen Klos, in Solarien und Umkleidekabinen, die nackte Popos ohne das Wissen ihrer Inhaber ins Netz stellen. Bald werden sich die Paparazzi in Deutschland genau überlegen, ob das Objekt der Begierde so begehrenswert ist, dass die Strafe bei intimen Verletzungen nicht höher ausfällt als die potenzielle Geldbuße. TAN