Der Co-Trainer ist der Chef

■ Deshalb werden entweder Bremen, Stuttgart oder Mönchengladbach Meister

Berlin (taz) – Trapattoni, Rehhagel, Heynckes – die Meistermacher? Von wegen, bei den Profi- Kickern ist der Co-Trainer der eigentliche Chef. Vorausgesetzt es werden einige Grundsätze beherzigt. Zum Beispiel: Der Co-Trainer mag keinen Co neben sich. Das hat der amtierende Meister Bayern München in der letzten Saison kapiert: Klaus Augenthaler war offiziell alleiniger Co-Coach – der Titel konnte kommen.

Anders in der Krisensaison 1991/92. Da wechselten die Bayern außer den Chefs auch die Assistenten: nach Egon Coordes (unter Heynckes) kam Hermann Gerland (unter Lerby) und dann erst Augenthaler (unter Ribbeck, später Beckenbauer). Drei Co-Trainer in einer Saison, das konnte nicht gutgehen. Und jetzt? Nichts gelernt: Neben Klaus Augenthaler coachen Gerd Müller und Sepp Maier co. Das wird scheitern, wie die Geschichte lehrt.

Beispiel 2: Der Meister der Saison 1991/92, der VfB Stuttgart, schaffte seinen Titel-Coup mit einem einzigen Co-Trainer, Lorenz- Günther Köstner, wie auch Kaiserslautern 1990/91 mit Reiner Hollmann. Ja, auch Werder Bremen, Gewinner der Saison 1992/93, genügte der eine Co zum Meisterstück – Kalli Kamp.

Nicht nur daß die Meister-Co- Trainer alle allein waren, sie hatten auch alle keine Cheftrainer-Erfahrung in der Bundesliga und arbeiteten loyal ihrem Chef zu. Sofern diese nicht immer im Amt waren (Feldkamp, Daum, Beckenbauer), wurden sie auch nicht deren Nachfolger.

Was das heißt für die beginnende Saison? Bayern München kann den Titel nicht verteidigen, weil die drei benannten Co-Trainer eine klassische Überbesetzung darstellen. Eintracht Frankfurt wird es gleichfalls nicht schaffen, weil erstens Assistent Horst Köppel Cheftrainer-Erfahrung hat, also überqualifiziert ist, und zweitens mit offiziell drei Assistenten (neben Köppel Charly Körbel und Ramon Berndroth) das Team viel zu groß ist. Daß gerade Jupp Heynckes, der sich schon mit Coordes bei München arg verrechnet hatte (Chef-Erfahrung), nichts gelernt hat, deutet an, daß Frankfurt weder den UEFA-Cup noch Heynckes das Saisonende erreichen wird. Schon im letzten Jahr war es das zweiköpfige Co-Team (Körbel, Berndroth), das die Meisterschaft vermasselte, zumal ja der treue Charly zu Saisonende auch auf dem Chefsessel thronte – als Co-Meister-Macher ein für allemal unbrauchbar.

Für den FC Köln, Bayer Leverkusen und Dynamo Dresden gilt der Chef-Einwand im selben Maße, auch wenn die Tätigkeit der heutigen Assis, Wolfgang Jerat, Peter Hermann und Ralf Minge, jeweils nur kurze Zeit währte.

Ebenso darf man Borussia Dortmund und den 1. FC Kaiserslautern nicht mehr zu den Titelaspiranten zählen – deren Co-Trainer Michael Henke und Ignaz Good kickten nie in der Bundesliga. Aus diesem Grund müssen auch der Karlsruher SC (Co: Edmund Becker), MSV Duisburg (Gerd Merheim), Schalke 04 (Hubert Neu), SC Freiburg (Achim Sarstedt), ja sogar Bayer Uerdingen (Armin Reutershahn) und 1860 München (Roland Kneißl) ihre Meisterschaftsträume begraben. Schwierig wird es auch für den VfL Bochum, der mit Ralf Zumdick den Co als Reservespieler einsetzt. Für dieses Modell liegen nicht die besten Erfahrungen vor (Fichtel bei Schalke, Hintermeyer bei Nürnberg). Nahezu aussichtslos ist der Klassenerhalt für den HSV (Magath – der Ex-Manager als Co-Trainer). Einen solchen Ämtertausch, wenn auch in die andere Richtung, hat der FC Nürnberg in der letzten Saison (Dieter Renner) versucht. Folge: Abstieg.

Fazit: Deutscher Meister wird, wer nur einen Co-Trainer hat, dieser wiederum darf nie Cheftrainer oder Manager gewesen sein oder, schlimmer noch, Ambitionen haben, darf selbst nicht mehr aktiv sein, muß aber mal in der Bundesliga gekickt haben.

Folglich werden Werder Bremen (Kalli Kamp), der VfB Stuttgart (Bernd Storck) und Borussia Mönchengladbach (Schorsch Dreßen) den Titel unter sich ausmachen. Um allerdings in diesem Trio den Meister zu bestimmen, müßte man schon obige Analyse um die Variable „Platzwart“ erweitern, was eine Doktorarbeit erforderte, deren Ende nicht vor Beginn der übernächsten Saison in Aussicht gestellt werden kann. Martin Krauß