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Der Bundesrat kommt unter Zeitdruck

■ Mehrheit der Bundesländer ist jetzt für den Bundesrats-Umzug an die Spree. Um gleichzeitig mit der Bundesregierung zu kommen, muß schnell entschieden werden

Die Initiative des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), auch mit dem Bundesrat von Bonn nach Berlin umzuziehen, bringt die Ländervertreter unter Zeitdruck. Zum einen müßte die 1991 getroffene Entscheidung, im Gegensatz zu Regierung und Parlament am Rhein zu bleiben, „schon bald gekippt werden“, sagte Karla Sichelschmidt, Regierungsdirektorin in der Bundesratsverwaltung. Um im Umzugsplan mit dem Bundestag gleichzuziehen, sei es erforderlich, daß der bisherige Beschluß noch in diesem Jahr zurückgenommen werde. Das Land Bayern strebe deshalb danach, möglichst noch vor der parlamentarischen Sommerpause die Umzugsentscheidung in der Länderkammer durchzusetzen. Im Unterschied zu 1991 sind heuer 13 der 16 Bundesländer bereit, den Bundesrat nach Berlin zu verlegen. Nur das Saarland, Rheinland-Pfalz und das Land Nordrhein-Westfalen widersetzen sich dem Stoiber-Plan. „Um den Beschluß von 1991 aufzuheben, ist es notwendig, einen förmlichen Antrag in die Länderkammer einzubringen“, sagte Bundesratssprecherin Lange. Für den Umzugsentscheid reiche die einfache Mehrheit der Länder.

Der Umzug des Bundesrats nach Berlin würde bewirken, daß sich „die Vorstellungen seitens der Länder für ein Gebäude zu konkretisieren hätten“, so Sichelschmidt. Mit Beginn der Parlamentsarbeit des Bundestages 1999/2000 müßte auch der Bundesrat vor Ort „arbeitsfähig“ sein und eine Unterkunft besitzen, sagte Ministerialrätin Eva Maria Keuchel, die den Länderumzug mit dem hessischen Vertreter in Bonn, Norbert Schüren, koordiniert.

Offiziell orientierten sich die Ländervertreter zwar noch an dem Plan für einen Neubau, der vor 1991 auf dem Tisch lag, erinnerte Keuchel. Dieser war auf dem Standort der einstigen Kroll-Oper gegenüber dem Reichstag vorgesehen. Hinter vorgehaltener Hand aber favorisiere man den Preußischen Landtag, in dem derzeit noch das Landesparlament tage. Dieser Bau könnte nach der Fusion Berlin-Brandenburg und dem Umzug der Landesregierung nach Potsdam frei werden. Die Lage in der Nähe der zukünftigen Ländervertretungen in den Ministergärten und zum Bundestag sei „optimal“, so Keuchel.

Außerdem wäre der Umzug in einen bestehenden Altbau „viel schneller zu haben und billiger als ein neues Gebäude“, sagte Keuchel. Sie könne sich durchaus vorstellen, daß sich entsprechend der Töpfer-Linie – Unterbringung der Ministerien in Altbauten – der Bundesrat gegen einen Neubau entscheide. Allerdings sei außer über den Preußischen Landtag noch über kein anderes Haus nachgedacht worden. Einen Umzug in den Palast der Republik schloß Keuchel aus. Aus ihrer Sicht sei dies, von den Sanierungsmaßnahmen und der Frage nach der Nutzung einmal abgesehen, auch ein „ungünstiger Standort“. Rolf Lautenschläger

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