Der Berliner Wochenkommentar I: Ermüden ist keine Option
In der Sexismusdebatte um Staatssekretärin Sawsan Chebli gehen die Stimmen auseinander.
W ieder einmal wird über Sexismus diskutiert. In den sozialen Medien, wo Tausende Frauen mit dem Hashtag #metoo zeigen, dass auch sie sexuelle Belästigung erlebt haben, und in Berlin, wo der Fall der Staatssekretärin Sawsan Chebli Wellen schlägt. Chebli sollte während einer Veranstaltung am letzten Wochenende eine Rede halten, der Versammlungsleiter Hans-Joachim Kiderlen erkannte sie nicht und überspielte seinen Fehler dann mit dem Satz „Ich habe keine so junge Frau erwartet. Und dann sind Sie auch so schön.“ Inzwischen hat er sich dafür entschuldigt.
Wenn man diese Debatten verfolgt, kann man schon mal müde werden. Müde angesichts der vielen Männer, die sich wieder einmal empören, es sei heutzutage doch unmöglich, ein Kompliment von einer Belästigung zu unterscheiden. Müde angesichts auch vieler Frauen, die der Staatssekretärin vorwerfen, die Sache zu sehr aufzubauschen – sie selbst hätten schon Schlimmeres erlebt. Müde angesichts des Bekannten, dem zuallererst der Hinweis einfällt, er sei auch schon mal von Frauen auf sein Äußeres reduziert worden. Müde angesichts der Kollegen, die bei diesen Diskussionen nur verstockt vor sich hin schauen. Müde angesichts der Erregungswellen, mit denen dieses Thema jedes Mal wieder verhandelt wird und von denen am Ende trotzdem so wenig übrig bleibt.
Es ist nicht das Gleiche
Aber aufgeben ist keine Option. Wenn Sexismus die immer gleichen Reaktionen hervorruft, dann müssen diese auch immer wieder aufs Neue mit den gleichen Antworten bedacht werden: Nein, es ist nicht das Gleiche, wenn jemand etwas zu seiner Freundin sagt oder zu einer Kollegin. Nein, so furchtbar schwierig ist das gar nicht, kein Sexist zu sein. Nein, man kann als Mann diese Diskussionen nicht den Frauen überlassen. Nein, man sollte die eigenen leidvollen Erfahrungen nicht gegen die anderer ausspielen. Nein, vom gesellschaftlichen Machtverhältnis Sexismus sind Männer nicht annähernd stark betroffen wie Frauen.
Überzeugungsarbeit im eigenen Umfeld kann Sexismus vielleicht nicht abschaffen. Aber sie ist immerhin ein Anfang.
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