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Es lebe die Infografik!Der Ball ist rund – der Werder-Index

■ Auch für das traditionsreiche Feuilleton hat ein neues Jahrtausend begonnen. Grund: Das alte Jahrtausend ist vergangen

Viele Worte kann man verlieren. Man kann's aber auch sein lassen. Wozu viel schwatzen, wo man doch eh nur das Wesentliche wissen muss. War das Konzert gut? Lohnt sich der Film? Wie stehen die Aktien? Die ganze Welt von Kultur, Politik und Sport auf einen Blick – kein Problem. Kurz: Der Content-Junkie von heute braucht Quickie-Infos! Im Klartext: Die Infografik muss her! Heute: Der Ball ist rund – die ultimative Werdergrafik!

Zwar dürfen Menschen, die Sätze sagen wie „Ich glaube, dass der Tabellenerste jederzeit den Spitzenreiter schlagen kann“ (Berti Vogts), hierzulande Bundestrainer werden. Aber das heißt nicht, dass Fußball was für Doofis ist. Fußball ist vielmehr komplex: Ein Rasen, zwei Tore, gleich drei Referees und weitaus mehr als vier Spieler machen die richtige Interpretation dieser Sportart zu einem Vabanque-Spiel, vielleicht sogar zu einem Vibinque-Spoil.

99,9 Prozent der Fans glauben vor jedem Anpfiff, sie wüssten, wie das Spiel ausgeht („Du, ich hab's im Urin: Heute gewinnen die Jungs“). Nach dem Abpfiff kommt es zwar regelmäßig zu signifikant hohen Abweichungen von den Urinwerten ( „O Mann, haben die sich wieder 'ne Scheiße zusammengespielt ...“). Aber den Fehler suchen diese Mitmenschen nie bei sich („Schiri, du Sau!“) oder in der dürftigen urologischen Datenbasis ihrer Prognosen.

Speziell für unsere derzeit gebeutelten Fans des lokalen Ballsportvereins haben wir die Infografik „Der Werder-Index“ erstellt. Er integriert die einzige wirkliche Gewissheit, die es im Fußballgeschäft gibt: „Der Ball ist rund.“ Das weitere Schicksal von Werder ist nun eindeutig zu prognostizieren. Berücksichtigt man die Delta-Kurve – die sich ermittelt aus der Anzahl verständlicher Sätze aus dem Munde Andi Herzogs, multipliziert mit den hohlsten Phrasen des Trainers Thomas Schaaf – und setzt diese in Beziehung zum Laktat-Wert, der sich bekanntlich aus dem Harnsäuredichte in den Oberschenkeln der ersten Elf ermitteln lässt, ergibt sich glasklar: Es sieht mau aus (Quelle: Datastream).

Ganz mau sieht es in der Langzeitperspektive aus, zieht man außerdem noch das eherne Basler'sche Gesetz hinzu, das da lautet: „Wenn der Ball am Torwart vorbeigeht, ist es meist ein Tor.“ Wer wie Werder einen solchen Visionär hat ziehen lassen, der steigt ab. Sie sehen: Infografiken sind toll! Zappen Sie also morgen wieder rein, wenn es heißt: Das Rathaus ist eckig – der Bremen-Index“. taz

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