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Der Alltag nach der Katastrophe

■ US-Generäle besichtigen Schauplatz / Tieffluggegner: Flugschauen verharmlosen Militarismus

Presseoffizier der US-Army, Frau Major Withe, nahm den rund hundert Journalisten, die sich gestern Vormittag am West -Gate der US-Air-Base in Ramstein eingefunden hatten, gleich zu Anfang alle Illusionen: „No details!“ Mit dieser Standardauskunft wurde die Weltpresse - einen Tag nach der Katastrophe auf dem größten Armeeflugplatz Europas - von den Army-Offiziellen ganztägig „abgespeist“.

Mit Schulbussen karrten die „Yanks“ die Journalisten nach einer Stunde Wartezeit im „Conference Center“ zum „Schauplatz“, den Ledernacken weiträumig abgesperrt hatten und der noch immer ein Bild des Schreckens bot: ausgebrannte PKW, zu Klumpen zusammengeschmolzene Hot-Dog- und Donat -Stände und Tausende von Hamburger-Einwickelpapieren und Cola-Dosen. Doch auf dem Trümmerfeld hatten Spezialisten der Army schon in der Nacht „aufgeräumt“. Die ausgebrannten Wrackteile der drei italienischen Unglücksmaschinen waren bereits in den Hangars verstaut und die heilgebliebenen Autos der getöteten FahrerInnen zu einem Geisterfuhrpark zusammengefahren worden. Erst am Morgen durften auch Experten der Bundeswehr das Gelände inspizieren.

Auf Fragen nach dem Ablauf der Rettungsaktionen nach dem Unglück gab Major Withe die bekannte stereotype Antwort: „No detail Informations!“

Gegen 11.30 Uhr kam in die bewegungslose Momentaufnahme der Katastrophenlandschaft Bewegung. Per Helikopter eingeflogen, eilten die „Köpfe“ der US-Army in Europa über das zum Schlachtfeld gewordene Rasenstück am Rande des Rollfeldes: Der Kommandant der Nato-Streitkräfte in Europa, General John Galvin, und der Oberkommandierende der US-Air-Force in Europa, General William Kirk. Kaum drei Minuten brauchten die lamettabehängten Generäle, um den Ort des Grauens mit Schritten, die John Wayne zur Ehre gereicht hätten, zu durchmessen. Ihr Kommentar auf Zuruf der durch Markierungsbänder und Soldaten zurückgehaltenen Journalistenmenge: „No details!“

Als der Bus dann zur angekündigten Pressekonferenz von Bundesverteidigungsminister Scholz und US-Botschafter Burt durch die größte US-amerikanische Stadt außerhalb der Vereinigten Staaten rollt, wird klar, daß in der „Community“ am „day after“ das Leben seinen gewohnten militärischen Gang geht - so als seien am Tag zuvor nicht mindestens 45Menschen eines gewaltsamen Todes gestorben.

Ein bundesdeutscher Psychologe hatte am Vormittag im Radio die in Ramstein verbreitete Verdrängungshaltung wie folgt charakterisiert: „Katastrophenfilme gibt es doch heute in jedem Videoladen zu kaufen. Und wenn wie in Ramstein dann wirklich eine Katastrophe passiert, dann bildet man sich ein, daß das Blut Ketchup war, der nur Stunden später weggewischt wird.“

Auf dem Weg zum US-Hospital, in dem Schulz und Burt ihre Pressekonferenz abhalten sollen, passiert der Bus eine Stellwand in der Nähe der Air-Base, auf der noch immer für den nächsten Flugtag am 11.9. in Kusel geworben wird.

Im Hospital pferchten die US-Amerikaner die Journalisten dann ohne Verpflegung und ohne Telefonmöglichkeit in einer Halle ein, doch „your Minister of Defence“, so Major Withe, kam stundenlang nicht zu der von ihm selbst anberaumten Pressekonferenz. So werden sich wohl einige der immer mürrischer werdenden Kolleginnen und Kollegen die Werbeslogans der Air-Force an den Wänden notiert haben: „The right man, the right job, the right order - right on!“

K.-P. Klingelschmitt/Airbase

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