Departementswahlen Frankreich: Marine Le Pen sahnt ab
Der Front National profitiert in den Departementswahlen von der Wählerverdrossenheit in Frankreich. Sarkozys UMP kassiert eine empfindliche Niederlage.
PARIS taz | Als am Sonntagabend die Ergebnisse des ersten Durchgangs der französischen Departementswahlen sukzessive bekannt wurden, stand der politische Gewinner schon bald einmal fest: Der rechtsextreme Front National (FN) hat auf Kosten der konservativen Regierungspartei UMP massiv Stimmen gewonnen.
Zwar hat die von Marine Le Pen angeführte Partei in keinem der mehr als 2.000 Wahlkreise auf Anhieb mit einer absoluten Mehrheit einen Sitz erobern können und auch am kommenden Sonntag wäre jeder Sitzgewinn im Generalrat eine kleine Sensation. Doch allein die Tatsache, dass die Kandidaten oder Kandidatinnen in vielen "Cantons" nach dem ersten Wahlsonntag in Führung liegen oder sich zumindest für die Stichwahl qualifiziert haben, belegt den Vormarsch des FN.
In seiner nordfranzösischen "Hochburg" Hénin-Beaumont liegt FN-Generalsekretär Steeve Briois mit mehr als 36 Prozent klar in Führung und kann hoffen, für seine Partei am kommenden Sonntag den ersten Generalratssitz in einer Departementsversammlung zu erkämpfen.
Union pour un mouvement populaire (UMP): 17 Prozent
"Diverse Rechte": 15 Prozent
Front National: 15,2 Prozent
Das sozialdemokratische MoDem: 1,3 Prozent
Die Sozialisten: 25,2 Prozent
"Diverse Linke": 7,3 Prozent
Die Grünen: 8,6 Prozent
Kommunisten und Linkspartei: 8 Prozent
Die extreme Linke: 0,6 Prozent
Andere: 1,7 Prozent
(taz)
Für Meinungsforscher wie Stéphane Rozès liegt die Erklärung auf der Hand: Die Politik von Staatspräsident Nicolas Sarkozy und die Strategie seiner UMP habe dem FN den Weg bereitet. Dieser Ansicht ist auch die linke Opposition, die namentlich die vom Präsidenten gewünschte Debatte über nationale Identität, seine Kampagne gegen die Roma und andere Immigranten und die Verschärfung der Sicherheitspolitik kritisiert. Nach Ansicht der Presse kassiert die Regierungspartei 13 Monate vor den Präsidentschaftswahlen vom Frühling 2012 eine empfindliche Niederlage.
Keine Allianz
Die Wirtschaftszeitung La Tribune sieht darin eine "strenge Ermahnung für die Partei von Nicolas Sarkozy", und auch die sonst sehr regierungsfreundliche Pariser Zeitung Le Figaro schreibt von einem "historischen Rückschlag". Bei der UMP selbst dagegen ist man der Meinung, dass bei diesen Departementswahlen, die traditionellerweise von den Wählern benutzt werden, um der Pariser Regierungspartei aus der Provinz einen Denkzettel zu verpassen, noch glimpflich verlaufen seien.
UMP-Chef Jean-François Copé kündigte an, seine Partei werde weder eine Allianz mit der extremen Rechten eingehen, noch eine "republikanische Front" mit der Linken gegen FN-Kandidaten schließen.
Die Linke dürfte angesichts der Ausgangslage nach dem ersten Durchgang zahlreiche Sitze und in der Folge auch eventuell einige Departements hinzugewinnen. Die landesweiten Stimmenanteile geben nur beschränkt Auskunft über die Stärke der Parteien, da diese nicht in allen Wahlkreisen KandidatInnen aufgestellt hatten. Im Fall der UMP scheint es sogar, dass es viele bisherige Generalräte vorzogen, nicht unter der Flagge ihrer Partei anzutreten.
Mit einer Stimmenthaltung von 55,5 Prozent war die Beteiligung so tief wie noch nie. Auch das wird als Zeichen einer wachsenden Unzufriedenheit oder Wählerverdrossenheit gewertet. Die Departementswahlen sind der letzte Urnengang vor den Präsidentschaftswahlen und gelten darum als Stimmungsbarometer.
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