„Den ruinösen Kreislauf stoppen“

Eine Öffnung des EU-Zuckermarkts hilft den Entwicklungsländern nicht automatisch

taz: Die EU will die Zucker-Subventionen für die deutschen Produzenten kräftig drosseln und dafür den Markt für Rohrzucker aus der Dritten Welt öffnen. Hört sich doch alles erst einmal gut an.

Alicia Kolmans: In der EU wird 30 Prozent mehr Zucker produziert als für den Bedarf nötig ist. Weil dieser Zucker dreimal so teuer ist wie der auf dem Weltmarkt, wird der Überschuss mit kräftigen Subventionen gefördert. Diese europäische Überproduktion und die Dumpingpreise senken die Erlöse der Produzenten in der Dritten Welt. Das ist ein ruinöser Kreislauf, der gestoppt werden muss.

Bislang profitieren die Europäer von dem System. Warum also wollen sie es nun verändern?

Bis 2007 sollen die ärmsten Länder der Welt nach der „Everything but arms“-Initiative alles außer Waffen, also auch Zucker, ohne Handelshemmnisse in die EU einführen dürfen. Zusätzlichen Druck macht die seit 2001 laufende Doha-Runde der Welthandelsorganisation WTO, die weltweit Zölle und Subventionen senken will. So erklären sich die Pläne von EU-Kommissar Fischler.

Es heißt, dass von der geplanten Marktöffnung nur eine Hand voll Zucker-Großindustrieller profitieren würde. Stimmt das?

Tatsächlich wird Rohrzucker derzeit in großem Umfang auf Plantagen produziert. Die Bedingungen für die Lohnarbeiter sind schlecht, Kleinbauern gibt es kaum. Deshalb schlagen die NGOs vor, die Preise bei der Reform auf ihrem Niveau zu belassen. Allerdings soll die EU-Zuckerproduktion um zehn Prozent gesenkt werden, um unterentwickelten Ländern den Zugang zum europäischen Markt zu sichern – natürlich nur für sozial und ökologisch verträglich gewonnen Zucker.

Aber auch das würde in Deutschland viele Jobs überflüssig machen.

Die Zuckerrüben können ja auch für Biokraftstoffe produziert werden.

Schmeckt Rohrzucker eigentlich anders als Rübenzucker?

Nein. Schon heute wird brauner Rohrzucker aus den sogenannten AKP-Ländern in europäischen Raffinerien zu weißem Zucker umgewandelt. Interview: ksc