piwik no script img

Demonstrationen in der Sowjetrepublik Kasachstan

■ Heftige Auseinandersetzungen in Alma Ata / Mehrere Menschen getötet oder verletzt / Ablösung des kasachischen Parteichefs als Auslöser der Unruhen

Berlin (dpa/afp/wsp) - Gespannte Ruhe herrscht seit Freitag wieder in der kasachischen Hauptstadt Alma Ata. Am Mittwoch und Donnerstag war es dort zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Miliz gekommen. Mehrere Menschen wurden getötet oder verletzt - wieviele ist nicht bekannt. Es entstand teilweise erheblicher Sachschaden. Der Aufstand dauerte bis Donnerstag abend an. Es war das erste Mal, daß die sowjetischen Medien über derartige Ereignisse unverzüglich berichteten. Selbst das sowjetische Fernsehen brachte Bilder aus Alma Ata. Anlaß des Protestes war offenbar die Ablösung des kasachischen Parteichefs Dinmuchammed Kunajew durch den Russen Gennadij Kolbin. Kunajew war seit 1964 in seinem Amt und gilt als alter Freund des verstorbenen KPdSU–Chefs Breshnew, der Ende der Fünfziger Jahre kasachischer Parteichef war. Kolbin gilt dagegen als Verfechter der neuen Wirtschaftspolitik Gorbatschows und soll Schulfreund von Ministerpräsident Ryshkow sein. Detaillierte Angabe über die Gründe der Proteste fehlten in den sowjetischen Medien. Es hieß nur, daß „Rowdies, Schmarotzer und andere antisoziale Elemente die Lage ausgenutzt und illegale Akte gegen die Vertreter von Recht und Ordnung begangen haben.“ Es scheint jedoch, daß es primär nationalistische Motive waren, die den Aufstand auslösten. Die sowjetische Nachrichtenagentur TASS sprach von einem Einfluß entsprechender „Elemente“. Dieser Hinweis und der Kommentar des sowjetischen Außenministeriums, daß „die absolute Mehrheit“ die jüngsten Parteibeschlüsse der kasachischen KP unterstütze, könnte ein Indiz sein, daß der Protest auch von höhergestellten Parteifunktionären gebilligt wurde. In Kasachstan lebt eine knappe Mehrheit von Russen und Ukrainern gegenüber etwa 40 Prozent Moslems.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen