Demokulturen: Von Pudelnund Mäusen
Hamburger Soundtrack
von Nils Schuhmacher
Die Welt ist eine Pudel. Das zumindest haben die Betreiber des nach diesem Hund benannten windschiefen Hauses an der Elbe im Zuge des Streits um die Besitzrechte, die anstehende Teilversteigerung und den verheerenden Brand vor einigen Wochen öffentlich lanciert. Außerhalb eingeweihter Kreise denkt man bei „Pudel“ nun weder an kulturelle Minderheiten noch an Vertreter abseitiger Ideen – ganz im Gegenteil. Aber der Pudel war ja ursprünglich ein Jagdhund, in ihm vereinen sich insofern blitzschnelles Umschalten und die Fähigkeit, den Gegner (etwa Spekulanten etc.) zu zerlegen. Und ein „Außerhalb“ eingeweihter Kreise gibt es ja gar nicht. Die Pudel ist – allen Stadtführern sei Dank – allgemein als stachelige Trutzburg bekannt.
Wie dpa zu berichten wusste, unterhalten dort Bands der „Hamburger Schule“ wie Kettcar und Tomte ihr zweites Wohnzimmer und es spielten dort Gruppen wie die aus Nottingham stammenden Sleaford Mods, als sie noch keiner kannte. Und der Mops hat dem Pudel in der Mitte der Gesellschaft längst den Rang abgelaufen, wie Soziologen herausgefunden haben. Folgerichtig demonstrierten vergangenen Freitag gleich 2.500 Menschen nach dem Heimspiel des FC St. Pauli.
Ausgenommen davon natürlich jene Minderheit, für die die Welt zwar nicht Bulle und Bär, aber zum Beispiel Maus ist. Zumindest darf angenommen werden, dass die HSVer, die ebenfalls in der vergangenen Woche den Auftaktort der Demonstration in schwarz-weiß-blaue Farben hüllten, in Gedanken bei Kevin Keegan waren. „Mighty Mouse“ hat zwischen 1977 und 1980 für den HSV gespielt. Daneben hat er auch eine für einen Fußballer beachtliche Musikerkarriere hingelegt und mit „Head over Heels in Love“ einen Top-Ten-Hit platzieren können. Allerdings muss man eben auch sagen: Für den Pudel-Club hätte es trotz durchaus analoger Frisur nicht gereicht. Schlimmer noch: Mit Keegan ging 1980 das Endspiel im Europapokal der Landesmeister verloren. Selbstverständlich gegen Nottingham Forest.
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