KOMMENTAR: Demokratischer Mut
■ Akzeptenz für das Ausländerwahlrecht kann nicht ermogelt werden
Gesellschaftliche Ressentiments sind erst zu bearbeiten, Konflikte sind erst auszufechten, wenn die die Themen offen auf den Tisch gelegt und die Stimmungen aus der Reserve gelockt werden. Toleranz gegenüber fremden Kulturen ist in Deutschland immer noch alles andere als selbstverständlich, insbesondere wenn die Fremdheit gleich nebenan wohnen soll und vielleicht gar ein Arbeitsplatz aus der Metropole an eine Nachbarin aus der Peripherie „verloren“ geht.
Die vorsichtige Zurückhaltung, mit der die Einführung von stadtteilbezogenem Ausländer-Stimmrecht betrieben wird, Zurückhaltung leistet denjenigen Kräften Vorschub, die ganz offen „erst Deutschland“ rufen und sich als Deutsche über alles fühlen. Eine politische Offensive, die öffentlich das Thema setzt, ist überfällig. Angesichts der deutsch –tümelnden kulturellen Dumpfheit, die sich per Stimmzettel rächt, wäre jeder Versuch, die Anerkennung ausländischer Kulturen in Bremen ohne größeres Aufheben durchzumogeln, fatal. Die 5% rechter Stimmen in Bremerhaven gibt es, weil die Mehrheit keinen Mut hat, sich zu demokratischen Selbstverständlichkeiten zu bekennen.
Klaus Wolschner
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