Demo gegen Ungleichheit: Seid umschlungen, Millionäre
Auch in Bremen gibt es nun ein "Umfairteilungs"-Bündnis, das sich am Samstag präsentiert. Vermögende sind mit dabei.
Fast jeder vierte Bremer ist armutsgefährdet, verdient also höchstens 848 Euro netto pro Monat. 17,8 Prozent der Bremer gelten bereits als arm, da sie weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienen. Ein breites Bündnis hiesiger Institutionen beteiligt sich deswegen am bundesweiten Aktionstag, der am Samstag eine „Umfairverteilung“ fordert.
In Bremen geht die Schere zwischen Arm und Reich besonders weit auseinander. Dem Spitzenplatz in der Armutsgefährdung steht die deutschlandweit zweithöchste Millionärsdichte gegenüber. Aktuell gibt es nach Angaben des „Umfairverteilungs“-Bündnisses in Bremen gut 10.000 MillionärInnen. Seit 2004 habe sich die Zahl der Einkommens-Millionäre unter ihnen vervierfacht.
Angesichts solcher Dynamiken im Vermögenszuwachs fordert Attac, Initiator der „Umfairverteilungs“-Kampagne, eine Vermögensabgabe. Regionale Resonanz findet das nicht nur bei den hiesigen Gewerkschaften, zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden die wesentlichen Träger des Bündnisses, sondern auch unter den Millionären: Wiebke und Reinhard Jung von der Bremer Stiftung „Die Schwelle“ gehören zu den Erstunterzeichnern des „Vermögenden-Appells“: Menschen mit über 500.000 Euro sollen zwei Jahre lang mit jeweils fünf Prozent extra besteuert werden.
Zwischen 11 und 14 Uhr finden am Samstag auf dem Markt "Umfairteilungs"-Aktionen statt. Das AWO-Jugendwerk plant ein Riesen-Monopoly, bei dem sinnvolles Geldausgeben zugunsten der Allgemeinheit zum Sieg führt, Panzerknacker jagen eine reiche Ente und die Stadtmusikanten werden umgestapelt: Der arme Hahn nach unten, der Goldesel sitzt oben.
Hinter den Aktionen steht ein breites Bündnis 30 Bremer Gruppen, darunter die Föderation türkischer Arbeitervereine und der Betriebsrat des Roten Kreuzes. Weitere Infos: www.umfairteilen.de.
Am 11. Oktober diskutieren im DGB-Haus Attac-Gründer Sven Giegold und Sven Wiebe vom Wirtschaftsressort über "solidarische Ökonomie" in Bremen.
„Armut und Reichtum sind zwei Seiten derselben Medaille“, betont Dieter Nickel von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, deren Mitglieder häufig prekär beschäftigt sind – und dabei den Reichtum anderer vor Augen haben. „Gerade unsere Leute sind auf Leistungen der öffentlichen Hand angewiesen“, betont Nickel. Die jedoch blute durch die Bankenrettung nach der Finanzkrise von 2007 weiter aus, während das in Deutschland vorhandene private Vermögen im selben Zeitraum um 1,4 Billionen Euro gestiegen sei.
Am Samstag will der DGB auf dem Marktplatz seine Reichtums-Uhr präsentieren, die anschließend am Gewerkschaftshaus am Bahnhof angebracht wird. „Vorbild“ ist die Schuldenuhr am FDP-Gebäude, die eine Landesverschuldung von mittlerweile 19,23 Milliarden Euro anzeigt. Doch während der Bund der Steuerzahler damit für öffentliches Sparen wirbt, will das künftige Pendant beim DGB auf Probleme und potenzielle Lösungen hinweisen: Oben soll man beobachten, wie das Vermögen der reichsten zehn Prozent wächst, darunter die Situation beim ärmsten Zehntel.
Dafür stehen der Gewerkschaft eigenen Angaben zufolge allerdings nur bundesweite Zahlen zur Verfügung. Stecken dahinter mangelnde mathematische Fertigkeiten – oder will man niemandem vor Ort auf die Füße treten? „Das ist ein reines Software-Problem“, versichert die Bremer DGB-Chefin Annette Düring. Die Uhr werde sobald wie möglich regional aktualisiert.
Bekannt ist immerhin, dass Bremen jährlich 700 Millionen Euro Zinsen zahlt. Und dass ein Mindestlohn-Gesetz die Bremer Einkommens-Steuerquote um 15 Prozent heben würde.
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