Demo gegen Kürzungen im Sozialbereich: Der Schlafplatz, ein Sechser im Lotto
Das Geld reicht sowieso schon nicht, und doch will der Senat auch bei der Obdachlosenhilfe sparen. Betroffene und Beschäftigte sind wütend.
![Demonstration, bei der Menschen auf dem Boden sitzen, zum Teil in Schlafsäcke gehüllt. Demonstration, bei der Menschen auf dem Boden sitzen, zum Teil in Schlafsäcke gehüllt.](https://taz.de/picture/7365950/14/37062420-1.jpeg)
Die meisten, die hier ausharren, sind freiwillig draußen. Sie arbeiten bei der Bahnhofsmission und der Berliner Kältehilfe. Auch einige von Obdachlosigkeit Betroffene sind da. Gemeinsam protestieren sie am Mittwoch gegen die Kürzungen im Bereich der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe.
Zur Demo aufgerufen hatte die Landesarmutskonferenz (LAK) schon vor Bekanntwerden der Streichliste von CDU und SPD. Inzwischen ist die Drohkulisse Wirklichkeit: Rund 5,5 Millionen Euro und damit etwa 7 Prozent weniger an Zuschüssen erhalten soziale Einrichtungen kommendes Jahr aus dem Topf der Sozialverwaltung.
Welche Angebote konkret berührt sein werden, ist offen, weil die Einzeltitel nicht aufgeführt sind. Doch es zeichnet sich ab, dass die Kürzungen etwa „Housing first“-Projekte sowie die 24/7-Notunterkünfte treffen. „Viele Angebote sind schon jetzt an der Belastungsgrenze“, warnt Friederike Wagner von der LAK. Weitere Kürzungen führten dazu, dass mehr Menschen auf der Straße leben müssten.
Wut und Galgenhumor
Angesichts dessen mischt sich unter die Wut der Protestierenden auch Galgenhumor: An einem selbst gebastelten Glücksrad findet eine „Schlafplatzlotterie“ statt – Hauptgewinn ist ein Dach über dem Kopf. Aber die Chancen stehen schlecht. Als eine Rednerin daran erinnert, dass sich das Land Berlin das Ziel gesetzt hat, bis 2030 Obdachlosigkeit zu beenden, entlockt das der Menge nur ein freudloses Lachen.
Wenig Hoffnung machen auch weitere Punkte in der Liste: So werden dem Integrierten Sozialprogramm 2 Millionen Euro gestrichen, das niedrigschwellige Angebote wie Notübernachtungen fördert. Dazu zählt auch das Projekt Frostschutzengel mit aufsuchender Sozialberatung für wohnungslose Menschen in mehreren Sprachen.
Betroffen sind ohnehin schon marginalisierte Gruppen
„Es steht einiges auf dem Spiel“, sagt dessen Leiterin Monika Slobodzian zur taz. Sie befürchtet, dass sie die Begleitung bei Behördengängen zurückfahren muss. Doch die ist für obdachlose Menschen aus dem EU-Ausland existenziell: „Wenn Leute allein zu Behörden gehen, werden sie in aller Regel weggeschickt“, so Slobodzian, „denn es gibt keine funktionierende Sprachmittlung und keine Umsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen.“ arunter litten die Klienten. „Das sind ohnehin schon marginalisierte Gruppen, die dann noch weniger Unterstützung erhalten.“
Auch SPD-Sozialpolitiker Lars Düsterhöft wagt sich ans Mikro. Doch seine beschwichtigende Rede stößt auf taube Ohren. Die Isomatten werden zusammengerollt. Zurück bleiben kleine trockene Rechtecke.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!