Demo gegen Abtreibung: Radikal auf dem Kreuzzug

Tausend fundamentale Abtreibungsgegner wollen am Samstag mit weißen Kreuzen durch die City ziehen. Sie wollen Schwangerschaftsabbruch verbieten. Frauengruppen rufen zum Gegenprotest.

Mit weißen Kreuzen protestieren die Gegner der Abtreibung Bild: AP

AbtreibungsgegerInnen, die am Samstag mit 1.000 weißen Kreuzen durch Berlin marschieren wollen, sollen auf Gegenprotestet stoßen. Ein Bündnis aus Pro Familia, Studentenvertretungen, sowie feministischen und antifaschistischen Gruppen will die als "Schweige- und Trauermarsch" deklarierte öffentliche Anklage stören. Zumindest emanzipatorische Ideen werden sich die so genannten Lebensschützer anhören müssen, meint Kirsten Achtelik vom Arbeitskreis linker Feminismus.

Schon zum vierten Mal wollen die dunkel gekleideten Kreuzträger durch Berlin marschieren. Das Szenario erinnere an einen mittelalterlichen Büßeraufmarsch, sagen Augenzeugen.

"Die 1.000 Kreuze stehen für die 1.000 Abtreibungen, die täglich vorgenommen werden in Deutschland", sagt Claudia Kaminski vom Bundesverband Lebensrecht. Dass die Zahl viel zu hoch gegriffen ist, pariert Kaminski mit Dunkelziffern. Für so viele illegale Abtreibungen gibt es indes keine Evidenz. Im Jahr 2007 gab es laut Statistischem Bundesamt 116.871 gemeldete Schwangerschaftsabbrüche. In Berlin waren es 10.024.

Die Abtreibungsgegner, die dem christlich-fundamentalistischen Spektrum zuzordnen sind, wenden sich vor allem gegen die Entscheidungsfreiheit der schwangeren Frau. Da für sie das Leben eines Menschen mit der Zeugung anfängt, wollen sie Abtreibung verboten wissen, sagt Kaminski. Ein Schwangeschaftsabbruch solle nur erlaubt sein, wenn das Leben der Mutter auf dem Spiel steht. Um ihren Positionen, die die Rechtslage von 1927 wieder einführen möchte, Nachdruck zu verleihen, schrecken die Abtreibungsgegner vor manipulativen Mitteln nicht zurück. Kaminski bestätigt, dass Vertreter ihrer Gruppen mitunter Gehsteigberatung vor Praxen machen, in denen Frauen eine Abtreibung bekommen. Auch würden Plastikfiguren in Größe von zwölf Wochen alten Embryos verteilt, um zu zeigen, dass diese bereits ausgebildete menschliche Formen haben.

Die Abtreibungsgegner haben mittlerweile die Not der ungewollt Schwangeren zum Schwerpunkt ihrer Kampagnenarbeit gemacht. "Ich glaube, dass Frauen in dieser Situation immer im Stich gelassen wurden", sagt Kaminski. Die Lebensschützer bieten Schwangerenkonfliktberatung an - mit dem klaren Ziel: Die Frau soll das Kind behalten. Dies widerspreche den gesetzlichen Vorgaben, sagt Birgit Duval von Pro Familia Berlin. Die forderten explizit eine ergebnisoffene Beratung.

Kirsten Achtelik vom AK linker Feminismus, der die Gegendemonstration unterstützt, benennt dagegen den Zwiespalt, in den die Abtreibungsgegner die Gesellschaft stürzt: "Das Embryo ist als kollektives Imago jetzt da", meint sie. Deshalb müsse man sich damit beschäftigen. "Es ist Leben, aber kein Individum. Daher kann es kein eigenes Rechtssubjekt sein. Genau das aber beansprachen die Abtreibungsgegner für das Embryo. Im Zuge dessen entrechten sie die Frau."

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