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Dem monetären Europa ein soziales an die Seite stellen

■ betr.: „Das Schweigen der Lin ken“, taz vom 17.12. 1996

Claus Koch ist mit seiner Analyse der Europapolitik auf der richtigen Fährte: Europa kann nicht durch eine bürokratische Rechtsharmonisierung geschaffen werden, sondern muß durch eine politische Entscheidung der europäischen Völker gestaltet werden. Allerdings sind die politischen Kräfte nicht zu sehen, die das demokratisch verfaßte Europa erzwingen. Die Konservativen und die Liberalen sind mit dem Markteuropa ganz zufrieden. Die Linke in Europa ist heillos zerstritten und orientierungslos. Dabei wäre es höchste Zeit, den Provinzialismus zu verlassen und über den nationalen Tellerrand hinauszuschauen. Denn sowohl der Sozialstaat wie auch die politische Selbstbestimmung sind nur noch auf europäischer Ebene zu retten. Die Linke hat zur Europäischen Einigung immer eine gespaltene Haltung eingenommen. [...] Der Euro ist ein Stück Rückgewinnung von Souveränität für die Europäer.

Jetzt wäre es wichtig, dem monetären Europa ein Konzept des sozialen Europa an die Seite zu stellen. Die Völker werden das Europa der Wirtschaft als alleiniges Projekt nicht akzeptieren. Die Menschen wollen vielmehr wissen, welche Vorteile für ihr Leben mit der europäischen Einigung verbunden sind. Die Linke in Europa ist aufgerufen, den Diskurs über das europäische Gesellschaftsmodell der Zukunft zu führen und ein Konzept für das politische Europa vorzuschlagen. Die progressiven Kräfte in Europa dürfen nicht warten, bis die Rechtspopulisten aller Orten den Unmut der Bürger aufgreifen. Das Europa des Rechtspopulismus wäre ein gewaltiger Schritt zurück in Zeiten, die nach dem Zweiten Weltkrieg ein für alle Mal überwunden werden sollten. Jo Leinen, Vorsitzender des

Europaausschusses im

saarländischen Landtag

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