Delmenhorster Verhältnisse: Fürst Patrick mogelt sich durch
Delmenhorsts Oberbürgermeister Patrick de la Lanne ist schon fast ein Jahr lang Aufsichtsrat des Bremer Energiekonzerns SWB - obwohl er dafür keine Genehmigung hat. Sein Versuch, sie sich nachträglich zu beschaffen, scheiterte jetzt im Stadtrat.
Er nennt sich Patrick de la Lanne, der Einfachheit halber, und außerdem ginge ja sonst der von ihm so geliebte Bezug seines Namens zu DEL irgendwie unter, Delmenhorst also. Jener Stadt vor den Toren Bremens, die Patrick Grinnell-Milne de La Lanne-Mirrlees für die SPD als Oberbürgermeister regiert. Über seine Abstammung aus dem herzoglichen Hause derer von Württemberg spricht der Mann indes nicht so gerne, in guter sozialdemokratischer Manier, möchte man meinen. Dabei erlaubt gerade Niedersachsen seinen Oberbürgermeistern, ihre Kommunen wie kleine Fürstentümer zu regieren. Am Montagabend jedoch erhob sich das Volk gegen ihn, zumindest dessen gewählter Teil.
Es geschah in nicht-öffentlicher Sitzung des Stadtrates, als über die Beschlussvorlage 08/84/001/BV-R zu entscheiden war. Sie sollte es dem Oberbürgermeister offiziell erlauben, sein Amt als Aufsichtsrat der SWB AG auszuüben, also des regionalen bremischen Energieversorgers. Das Ansinnen scheiterte klar. Manche Ratsherren nennen es eine "Klatsche" für den Oberbürgermeister, andere wiederum wollen gar nicht so gern darüber reden - insbesondere jene aus der SPD. De la Lanne selbst nennt das Ergebnis "unglücklich". Denn es schwäche die Stellung, klar, von Delmenhorst.
Über die Höhe der Niederlage kursieren unterschiedliche Angaben in der Stadt: 14 zu 22, sagen die einen, ganz sicher, 18 zu 22, sagen die anderen, kein Zweifel. Ob Teile seiner eigenen Fraktion gegen ihn stimmten, ist ebenfalls unklar, die Abstimmung war geheim. Das Ergebnis indes ist eindeutig: Der Rat versagte dem Oberbürgermeister - ein Beamter auf Zeit - die Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit als SWB-Aufsichtsrat.
Patrick Grinnell-Milne de La Lanne-Mirrlees ist Sohn von Margarethe Louise von Württemberg (*1928), älteste Tochter und zweites Kind des Herzogs Albrecht Eugen von Württemberg (1895-1954) und der Prinzessin Nadejda von Bulgarien (1899-1958), Tochter von König Ferdinand I. von Bulgarien. Das Haus Württemberg, namensgebend für das Bundesland Württemberg, hat seine Ursprünge nach neueren Forschungen wohl im Umkreis des salischen Kaiserhauses.
Die Herren de la Lanne hingegen kommen aus dem französischen Adel, ihr Ursprung ist die Familie de Bernard, deren Stammbaum sich zumindest bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen lässt. Das genealogische Archiv weist einen gewissen Louis de Bernard aus, ein Junker, könnte man sagen, zugleich "Sieur de la Lanne", also das, was man gemeinhin einen Monseigneur nennt.
Später ging der Name de la Lanne dann in der Familie de Bernard verloren; heute ist der Name auch in Frankreich sehr selten. MNZ
Dieses Mandat übt er aber schon fast ein Jahr lang aus, die Hauptversammlung hat ihn gewählt, auf Vorschlag des Energiekonzerns EWE, der wiederum zu 49 Prozent an der SWB beteiligt ist. Momentan ist das genehmigungspflichtig. Und zwar im Vorhinein, schreibt das niedersächsische Beamtengesetz (NBG) vor.
Im Juli vergangenen Jahres - da war de la Lanne bereits drei Monate Aufsichtsrat - hat er den Verwaltungsausschuss der Stadt immerhin unterrichtet. Kurz vor Weihnachten 2008 stand die Sache dann auch schon mal auf der Tagesordnung des Stadtrates, wurde seinerzeit aber vertagt, wegen Abstimmungsproblemen, wie es heißt. Demnächst erledigt sich das Problem ohnehin: Im April tritt ein neues Beamtenstatusgesetz in Kraft. Und dann muss einer wie de la Lanne sich seinen Nebenjob nicht mehr genehmigen lassen. Sondern ihn nur noch "anzeigen".
In der Zwischenzeit hat de la Lanne schon an mindestens drei Aufsichtsratssitzungen der SWB teilgenommen. Rechtswidrig. Worum es dabei ging, und was er mitbeschlossen hat - darüber will die SWB keine Auskunft geben. Man sehe die Persönlichkeitsrechte des Herrn de la Lanne berührt, heißt es nur. Auch bei der Frage der Aufwandsentschädigung mauert die SWB.
De la Lanne selbst - seit 2006 zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke Delmenhorst - sieht kein Problem, und überhaupt sei "alles längst bekannt", weil er ja die Gremien "immer informiert" habe. Die Beschlüsse der SWB sind nicht in Gefahr, sagt der Rechtswissenschaftler Hans-Joachim Schramm von der Uni Bremen, des OBs Bestellung als Aufsichtsrat bleibe so oder so wirksam. Ob durch sein Nebentätigkeit "dienstliche Interessen" beeinträchtigt wurden, die Genehmigung also so oder so zu versagen wäre, wie das NBG sagt, ist jedoch unklar.
De la Lanne hätte das wissen können - seine Biographie weist den 47-jährigen ehemaligen Wirtschaftsförderer Emdens als Spezialisten für Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht aus. Ein Kommilitone erinnert sich an ihn als einen, der "zwar kein besonders fleißiger Student" war und sich "mehr oder weniger" durchgemogelt habe. "Aber sein rhetorisches Talent war damals schon offensichtlich."
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