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Dekommunisierung in der UkraineMutter Heimat wird Mutter Ukraine

Neues Wappen, neuer Name: Die Statue „Mutter Heimat“ wird zum Unabhängigkeitstag der Ukraine am 24. August von sowjetischen Bezügen befreit.

Arbeiter montieren in Kiew das ukrainische Wappen auf den Schild der Hand des Mutterland-Denkmals Foto: Efrem Lukatsky/ap/dpa

Luzk taz | In der Ukraine reißen sie nicht ab – die leidenschaftlichen Diskussionen um das Denkmal „Mutter Heimat“. Das Monument erhebt sich in Kyjiw über den Hügeln am rechten Ufer des Flusses Dnipro in den Himmel. Es wurde 1981 als Symbol für den Sieg der UdSSR im Zweiten Weltkrieg erbaut. Ähnliche Statuen gibt es auch in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. Ende Juli wurde auf dem Schild der Skulptur das Wappen der UdSSR entfernt. Anschließend wurde es durch einen Dreizack – das Wappen der Ukraine – ersetzt. Die Arbeiten waren in der vergangenen Woche abgeschlossen worden.

Mit 62 Metern ist „Mutter Heimat“ die höchste Skulptur Europas und überdies knapp 16 Meter höher als die Freiheitsstatue in New York. Das gesamte Monument mit Sockel hat eine Höhe von 102 Metern und wiegt fast 500 Tonnen. Zu Füßen der „Mutter Heimat“ befindet sich das Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg. Das gesamte Ensemble soll am 24. August, dem 32. Unabhängigkeitstag der Ukraine, neu eröffnet werden. Das Museum wird dann Museum des Krieges für die Unabhängigkeit der Ukraine heißen, das Denkmal den Namen „Mutter Ukraine“ erhalten.

Dieser Wandel vollzieht sich im Rahmen der „Dekommunisierung“, der Tilgung aller an die Sowjetzeit erinnernden Denkmäler und Straßennamen, die 2015 in der Ukraine begann, nachdem Russland 2014 die Krim annektiert hatte. Nach dem 24. Februar 2022 wurde der Prozess beschleunigt.

Der Austausch des Wappens auf dem Schild kostete umgerechnet rund eine Million Euro. Die Gelder setzen sich aus Privatspenden zusammen. Hauptsponsor ist der Stahlkonzern Metinvest – ein Industrieriese, der dem bekannten Oligarchen und reichsten Mann in der Ukraine, Rinat Achmetow, gehört.

Krieg auch anhand von Symbolen ausgefochten

Dieser Aktion war eine Umfrage im vergangenen Jahr vorausgegangen. 85 Prozent der Befragten befürworteten den Ersatz des sowjetischen Wappens durch den Dreizack. Die Antwortmöglichkeit „Skulptur abreißen“ war nicht vorgesehen.

Befürworter des Austauschs des sowjetischen durch das ukrainische Wappen nennen als Grund unter anderem, dass der Krieg nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch anhand von Symbolen ausgefochten werde. Juri Sawtschuk, Direktor des Museums für die Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg, glaubt, dass durch den Dreizack auf dem Schild die gesamte Skulptur anders wahrgenommen werde. „Das ist keine sowjetische Frau mehr, sondern eine Ukrainerin, für die der Dreizack ein nationales Symbol ist“, sagt Sawtschuk.

Ein sowjetisches Emblem wird vom Schild des Denkmals entfernt, 1. August Foto: Jae C. Hong/ap/dpa

Der Bildhauer Aleksei Pergamentschik, der den Dreizack gestaltet hat, ist der Ansicht, dass dieser besser zur „Mutter Heimat“ passe als das Wappen der UdSSR. „Die Skulptur zeichnet sich durch vertikale und ruhige Bewegungen aus, wie der Dreizack. Aber das sowjetische Emblem ist durch konzentrische Bewegungen charakterisiert. Die Skulptur ist nach Osten gerichtet, in Richtung Moskau, gegen­ das wir seit Jahrhunderten kämpfen. Ich denke, das war auch die Absicht des Bildhauers“, sagte Parchmenter dem Sender Deutsche Welle. Die Skulptur habe nichts mit der sowjetischen Tradition zu tun, da sie im Stil des monumentalen antiken griechischen Heldentums gestaltet worden sei.

Die Meinungen gehen auseinander

Übrigens: Die „Mutter Heimat“ haben ukrainische Bildhauer geschaffen. Zunächst arbeitete ein Bildhauer aus dem Dnipro, Ewgeni Wutschetitsch, der auch Urheber der „Mutter Heimat“-Skulptur im russischen Wolgograd ist, an ihrer Skizze. Doch er starb, bevor er die Arbeit abschließen konnte. Er wurde durch Wassili Borodai, einen anderen ukrainischen Bildhauer, ersetzt.

In der Ukraine gehen die Meinungen zur Dekommunisierung des Denkmals auseinander. Einige unterstützen die Umwidmung des sowjetischen Denkmals, andere schlagen vor, die Skulptur abzureißen, damit sie für immer aus dem öffentlichen Raum Kyjiws verschwindet.

Viele Künstler bezeichnen die Installation des Dreizacks auf dem Schild von „Mutter Heimat“ als „Fassadenwechsel“. Die Architekturhistorikerin Ekaterina Lipa ist verstimmt darüber, dass der Dreizack – ein nationales Symbol, das in der UdSSR bekämpft wurde – an einem „totalitären Werk“ angebracht wurde. Anstelle der Dekommunisierung erhalte die sowjetische Ideologie ein zweites Leben. Lipa schlägt vor, sowjetische Denkmäler an einem Ort zu sammeln und ein Museum der totalitären Vergangenheit der Ukraine zu schaffen.

Laut dem Historiker Wladimir Wjatrowitsch hat der Hauptfehler der Ukrai­ne­r nach 1991 darin bestanden, zu glauben, es sei nicht notwendig, einen neuen Staat aufzubauen, sondern nur die bestehende Sowjetrepublik in blauen und gelben Farben anzustreichen.

Der Bildhauer Pergamentschik ist der Meinung, dass das zerlegte Wappen der UdSSR für die Nachwelt erhalten und kopfüber in der Gedenkhalle zu Füßen der „Mutter Heimat“ aufgehängt werden sollte. „Symbole, die umgedreht werden, funktionieren nicht. Und sie müssen rot angestrahlt werden, um an das blutige Regime der UdSSR zu erinnern“, sagt er.

Aus dem Russischen: Barbara Oertel

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1 Kommentar

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  • Ich stehe nationalen Symbolen ja grundsätzlich skeptisch gegenüber.



    Auf der anderen Seite kann ich verstehen, wenn die Ukrainer sich derzeit ihrer Nationalität versichern wollen.