Debatte: „Maßnahmen prüfen“
■ Karl Oppermann: Was tun für Obdachlose?
Die Begriffe „Obdachlosigkeit“ und „Wohnungslosigkeit“ sind nicht einheitlich definiert. Der Begriff „Obdachlosigkeit“ wird oft verallgemeinert für verschiedene Personengruppen und Problemsituationen gebraucht. Das in der Gesellschaft vorherrschende Bild ist geprägt durch die offen sichtbare Obdachlosigkeit von Personen, die ohne eigene Wohnung oder sonstige Unterkunft „auf der Straße“ leben. In der Terminologie des Ordnungsrechts sind „Obdachlose“ jedoch die Personen, die amtlich registriert und aufgrund ordnungsrechtlicher Verfügung, Einweisung oder sonstiger Maßnahmen der zuständigen Behörden in kommunalen Obdachlosenunterkünften, in Einrichtungen freier Träger oder gewerblichen Unterkünften (z.B. Hotels oder Pensionen) untergebracht sind. Personen, die ohne jedes Obdach im Freien übernachten, werden als „Nichtseßhafte“ oder „Wohnungslose“ bezeichnet. Entsprechend der differenzierten und unterschiedlichen Problemstrukturen gibt es keine einfachen, allgemeingültigen Lösungsmuster.
Ziel muß sein, durch präventive Maßnahmen (Sozialhilfe, Wohngeld u.a.) das Entstehen von Obdachlosigkeit und sozialen Problemlagen von vornherein zu vermeiden. Ein ausreichendes Angebot von Notunterkünften in der Stadtgemeinde Bremen wird aufgrund des Bedarfs sicherlich immer notwendig bleiben. Viele Bürgerinnen und Bürger in der Stadt sind oft auch ehrenamtlich in den Institutionen wie z.B. der Bahnhofsmission, Kirchen, der Inneren Mission u.a. tätig. Es werden große menschliche und finanzielle Leistungen erbracht, die den Betroffenen helfen sollen, ihre Situation zu verbessern und aus der Spirale der Wohnungslosigkeit herauszukommen.
Deshalb sind Vorwürfe oder pauschale Kritik an den Hilfemaßnahmen nicht gerecht. Überlegungen aber, wie im Rahmen der Umsteuerung andere für die Menschen bessere Unterbringungsformen und für die Sozialbehörde kostengünstigere Lösungen gefunden werden können, sollten angestellt werden. Wenn Ausgaben in Höhe von 30 Mark täglich in Pensionen oder bis zu 135 Mark täglich in Notunterkünften anfallen, kann ich mir sehr wohl auch andere Lösungen vorstellen, die mit einem geringeren finanziellen Aufwand für die Stadt Bremen mehr für Wohnungslose bringen. Insofern kann ich die Kritik von Heide Gerstenberger (im Vorstand der „Tasse“) in der taz vom 4.1.97 verstehen. Das Problem der Bremer Sozialpolitik in den letzten Jahren war, daß oft allzu sorglos Leistungen und Maßnahmen großzügig ohne eine Prüfung, wie es im Umland oder anderen Städten aussieht, geleistet wurden.
Die seit der CDU-Beteiligung an dem Senat eingeleiteten Umsteuerungen auch in diesem Bereich greifen nicht sofort und überall. Wir sind für weitere Anregungen deshalb immer dankbar. Auf der anderen Seite bleibt es trotzdem unverständlich, daß in Anbetracht der schlechten Wetterlage Plätze in Notunterkünften frei bleiben und über Kältetote berichtet werden muß.
Karl Uwe Oppermann, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion
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