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DebatteFriedenslügen der PDS

■ Der grüne Abgeordnete Bernd Köppl wirft der PDS Widersprüchlichkeit vor

Die PDS hat viele Gesichter. Das im Augenblick attraktivste: oppositionelle Partei der Friedensengel. Scheinbar völlig ohne innere Zerrissenheit präsentiert sich die PDS als konsequenteste Kraft für den Frieden. Sie streitet gegen die Nato-Bomben, verurteilt die imperialistische Aggression gegen das souveräne Serbien etc.

Ob diese Position gleichzeitig eine ungewollte Unterstützung der national-chauvinistischen Vertreibungspolitik Miloevic' gegenüber den Kosovaren bedeutet, wird einfach ausgeblendet. Die PDS hat sich eben für den Frieden entschieden – das macht sie attraktiv und anziehend für neue Mitglieder. SPD und Grüne sind in ihren Augen Kriegsparteien, haben ihre Ideale verraten und müssen nicht nur politisch bekämpft, sondern auch moralisch diskreditiert werden.

Aber schon auf den Friedensdemonstrationen mit der PDS zeigt sich ein anderes Gesicht der Partei. Da wird Arm in Arm mit fahnenschwingenden, serbischen Nationalisten an der Spitze des Demonstrationzugs marschiert, es gibt keine Proteste gegen personenkultartige Bilder von Miloevic und nur äußerst vorsichtige Kritik an den Menschenrechtsverletzungen durch das serbische Militär. Statt dessen Reden über von Nato-Flugzeugen zerstörte Brücken, Wohngebäude und Fabriken. Auch diese einseitige Blindheit der PDS wird über die moralische Oppositionsrolle „gegen den Krieg“ gestützt.

Der Satz von Tucholsky „Nichts ist so unsichtbar, als das, was man nicht sehen will“ erlangt auf verblüffende Weise Aktualität.

Die logische Konsequenz aus dieser moralischen Haltung müßte lauten: Mit den Kriegsparteien SPD und Grüne gibt es keine Bündnisse oder Zusammenarbeit.

Da gibt es nur ein kleines Problem, nämlich ein bestehendes Regierungsbündnis mit einer „Kriegspartei SPD“ in Mecklenburg-Vorpommern. Will man also nicht selbst als Freund von Kriegstreibern gelten, dann gibt es nur eins, die Regierung Mecklenburg-Vorpommerns wird auf Friedenskurs gebracht, oder die Zusammenarbeit muß beendet werden. Aber siehe da, bei eigener Betroffenheit gelten die moralischen Maßstäbe plötzlich nicht mehr so streng.

Weder fallen die PDS-Regierungsmitglieder in Schwerin der Nato in den imperialistischen Arm, noch treten sie aus der Regierung aus. Nein, größter friedenspolitischer PDS-Erfolg ist die Vertagung einer Parlamentsdebatte über „Tourismuspolitik in Mecklenburg-Vorpommern“ – sie passe nicht in die augenblickliche politische Landschaft. Als die Landtagsfraktionen von SPD und CDU vor kurzem in einer Resolution die Haltung der rot-grünen Bundesregierung zu den Nato-Einsätzen unterstützten, zog die PDS keine Konsequenzen.

Schlimmer noch in Berlin: Da bietet die PDS weiterhin den beiden „Kriegsparteien“ SPD und Grünen nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl die Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung an.

Genossen, damit ist die Grenze der Lächerlichkeit unwiderruflich überschritten, ihr seid als Friedenslügner entlarvt, offensichtlich gelten moralische Maßstäbe immer nur für die anderen und nicht für euch selbst. Vielleicht sollte die PDS selbstkritisch eingestehen, daß sie keine Friedenspartei, sondern eine Anti-Nato-Partei ist.

Mich würde es nicht wundern, wenn bei Fortgang des Krieges demnächst von der PDS die Lieferung von russischen Friedensraketen an das heroische serbische Volk zur Abwehr einen Nato-Aggression begrüßt würde. Dies wäre ehrlicher als die jetzige Politik. Bernd Köppl

In der morgigen Ausgabe antwortet Marian Krüger, innenpolitischer Sprecher im PDS-Landesvorstand.

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