Debatte um die Wehrpflicht: SPD-General schließt Zwangs-Wehrdienst aus – für den Moment
Tim Klüssendorf stellt sich hinter die Pläne von Verteidigungsminister Pistorius. Dieser will mit neuen Anreizen 40.000 Freiwillige im Jahr locken.
Klüssendorf setzt stattdessen auf Freiwilligkeit: „Wir sind uns mit Boris Pistorius einig, dass das Modell die Freiwilligkeit im Fokus haben muss“, betonte er. „Wir müssen uns anstrengen, die Bundeswehr deutlich attraktiver zu machen, um junge Erwachsene dafür zu gewinnen, freiwillig Wehrdienst zu leisten“.
„Verpflichtende Elemente des Einzugs sollten aus unserer Sicht erst dann diskutiert werden, wenn wir alle Maßnahmen der Freiwilligkeit ausgeschöpft haben“, sagte er weiter.
Pistorius will Ende August seinen Gesetzentwurf für den sogenannten neuen Wehrdienst ins Kabinett einbringen. Er sieht vor, dass ab dem kommenden Jahr an alle jungen Männer und Frauen ein Fragebogen versandt wird. Männer müssen ihn ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Dabei soll das Interesse am Dienst in der Bundeswehr abgefragt werden. Geeignete Kandidaten werden dann zur Musterung eingeladen.
Diese soll ab 2028 aber für alle 18-jährigen Männer verpflichtend werden, auch wenn sie kein Interesse am Wehrdienst bekundet haben. Ziel ist den Angaben zufolge ein „Lagebild“ über die gesundheitliche Eignung. Denn im Spannungs- oder Verteidigungsfall würde die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht nach aktueller Rechtslage automatisch wieder in Kraft treten.
Ministerium will 40.000 Freiwillige pro Jahr
Ziel der Pläne von Pistorius ist es, Vorgaben der Nato für den Konfliktfall zu erfüllen. Diese sehen einen Bedarf von etwa 460.000 deutschen Soldatinnen und Soldaten vor. Derzeit gibt es nur gut 182.000 Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr sowie gut 49.000 aktive Reservisten. Pistorius strebt nun mindestens 260.000 Soldatinnen und Soldaten an sowie eine Gesamtzahl von 200.000 Reservisten.
Der neue Wehrdienst soll den Aufwuchs auf die Zielmarken ermöglichen. Nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium werden im laufenden Jahr 15.000 Soldatinnen und Soldaten den bisherigen freiwilligen Wehrdienst leisten. Mit der Einführung des neuen Wehrdienstes ab 2026 solle ihre Zahl „im Schnitt um 3.000 bis 5.000“ erhöht werden, um dann ab 2031 bis zu 40.000 pro Jahr zu erreichen.
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