piwik no script img

Debatte um die Letzte GenerationWer ist hier radikal?

Ruth Lang Fuentes
Kommentar von Ruth Lang Fuentes

Die Aktivisten der Letzten Generation gelten als extrem. Dabei bleiben sie friedlich – auch angesichts einer teils verfassungswidrigen Klimapolitik.

Klimakleber standen Modell für die Miniatur Ausgabe Foto: Wolfgang Rattay/reuters

D ie Radikalisierung innerhalb der Klimabewegung schreitet rasant voran. So klingt es jedenfalls, wenn man der aktuellen Berichterstattung und sich in Talkshows äußernden Politikern Glauben schenkt. Seit Wochen sei Berlin ein chaotisches Pflaster, überall Extremisten in orangen Warnwesten, die den Verkehr lahmlegen. Radikal.

Am Tag der angekündigten Klima-Blockaden in Berlin gab CDU-Generalsekretär Mario Czaja ein Radiointerview. Er sprach von „diesen sogenannten Aktivisten“, die seines Erachtens Extremisten, Gewalttäter, Straftäter seien. Die Berliner Polizei solle hart durchgreifen. Sein Kollege Alexander Dobrindt von der CSU habe „das berechtigterweise sehr pointiert formuliert“, als er die Gruppe als Klima-RAF bezeichnete. Es drohe weiterer Extremismus.

Radikalisierung. Extremismus. Die Begriffe fallen oft, und sie diffamieren Aktivisten, die etwas fordern, dem eigentlich alle zustimmen müssten: den Planeten nicht aus Profitgier zu zerstören. Stattdessen werden härtere Strafen und Präventivhaft für Aktivisten gefordert. Einige Gefängnisstrafen ohne Bewährung wurden schon verhängt. Zuletzt verurteilte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten eine 24-Jährige zu vier Monaten Haft. Derweil bedauert Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD), dass die Selbstjustiz ausübenden wütenden Autofahrer „leider dann eben auch zur Rechenschaft gezogen werden“ müssen. Was ist denn nun radikal und extremistisch?

Schaut man sich die Definition von „radikal“ an, so ist die Letzte Generation auf den ersten Blick wirklich radikal. „Radix“ heißt auf Lateinisch „Wurzel“, es geht ihnen im Großen und Ganzen darum, gesellschaftliche und klimapolitische Probleme „an der Wurzel“ zu packen und durch grundlegende Veränderungen in der Gesellschaft zu lösen. Aber dem demokratischen System bleibt die Letzte Generation durch und durch verpflichtet. Extremistisch sind die Gruppe auch nicht, denn sie lehnt weder den demokratischen Verfassungsstaat ab, noch ist sie gewaltbereit oder agiert gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Der Idealismus ist bemerkenswert

Das Gegenteil ist der Fall: „Wir wollen den Menschen in der Regierung die Hand reichen, damit sie ab jetzt ihrer Verantwortung vor der Verfassung nachkommen können“, heißt es auf der Website der Letzten Generation. Der Idealismus der Aktivisten ist bemerkenswert – und in der Politik so kaum zu finden. Dafür brechen Politik und Justiz das Grundgesetz andauernd.

Das Klimaschutzgesetz von 2019 stufte das Bundesverfassungsgericht als teils verfassungswidrig ein – weil es die Freiheitsrechte kommender Generationen verletzt. Die Ampel wiederum weicht dieses Gesetz noch auf, baut weitere Autobahnen aus, lässt ­Lützerath abbaggern, während das versprochene Klimageld ausbleibt. Das anzuprangern soll radikal sein?

Die Aktionen der Letzten Generation in Berlin sehen im Detail so aus: Straßen blockieren, das Grundgesetzdenkmal am Reichstag und Privatjets mit Farbe besprühen, Protestmärsche und Aufklärungsvorträge. Friedliches Sitzen auf der Straße und abwarten, bis man von der Polizei weggetragen wird, oder von einem echauffierten Autofahrer an den Haaren. Selbst dann bleibt das oberste Prinzip der Aktivisten immer: Gewaltfreiheit. Friedlicher ziviler Ungehorsam, wie im Geschichtsunterricht als vorbildlich gelehrt.

Politiker wollen Status quo, den es bald nicht mehr gibt

Extremistisch, extremus, also außen, zu sein heißt, extreme Randpositionen im Verhältnis zur angenommenen Mitte des politischen Spektrums einzunehmen. Beim ZDF-Politbarometer im April 2023 allerdings waren rund 48 Prozent der Befragten der Meinung, dass in Deutschland zu wenig für den Klimaschutz getan werde. Die Letzte Generation steht also mittendrin.

Eher warnen bestimmte Politiker und Medienhäuser vor einem Extremismus, der so nicht existiert. Der CDU-Politiker Philipp Amthor etwa bezeichnete bei Maischberger die Letzte Generation als radikal – um gleich darauf ihre Forderungen nach Tempolimit und 9-Euro-Ticket zu lasch zu nennen.

Czaja, Amthor, Dobrindt: Sie nennen sich selbst Mitte und die Letzte Generation radikal. Dabei ist es gerade umgekehrt. Denn sie möchten am liebsten einen Status quo, den es bald nicht mehr geben wird. Erich Fried schrieb vor mehreren Jahrzehnten: „Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.“ Bezüglich der Klimakrise so aktuell wie nie.

Es steht für uns zu viel auf dem Spiel

Natürlich sprechen nicht alle so radikal über die Klimaaktivisten. Die meisten Politiker und Journalisten machen weiter wie bisher und kritisieren vage die Protestform. Es gibt Gerichte, die Aktivisten freigesprochen haben. Und Versuche der Annäherung vonseiten einiger Politiker. Die Oberbürgermeister von Marburg, Tübingen und Hannover haben sich mit der Gruppe ausgetauscht und ihre Forderung nach einem Gesellschaftsrat öffentlich befürwortet. In diesen Städten finden keine Blockaden mehr statt.

Selbst FDP-Verkehrsminister Volker Wissing hat sich vor Kurzem mit drei Aktivisten zum Gespräch getroffen. Jedoch unter der Prämisse, dass es weder Verhandlungen noch eine Vereinbarung nach dem Treffen geben werde. Und so kam es dann auch. Wissing blieb radikal bei seiner Meinung: „Ich halte diese Machenschaften nach wie vor für unerträglich, nicht tolerabel und für kriminell.“ Mit aller Härte des Gesetzes müssten sie verfolgt werden.

Was mehrere Monate im Knast mit den Aktivisten machen wird, wird nicht besprochen. Eins ist sicher: Weniger radikal werden sie dadurch nicht protestieren. Und nachgeben sowieso nicht. Einige Mitglieder der Letzten Generation traten 2021 schon kurz vor der Bundestagswahl in den Hungerstreik. Mit Wissings „Annäherungsversuch“ und ein paar zustimmenden Worten zum Klimaschutz werden sich die Aktivisten sicher nicht zufriedengeben. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Für uns alle.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Ruth Lang Fuentes
Autorin
Geboren 1995 in Kaiserslautern, bis Januar 2023 taz Panter Volontärin. Sie studierte Mathematik in Madrid und Heidelberg. Schrieb dort für Studierenden- und Regionalzeitung. Seit 2022 schreibt sie im Wechsel mit Aron Boks die taz.FUTURZWEI-Kolumne "Stimme meiner Generation".
Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • Ja, die Welt bzw. die Umwelt wird sich verändern sowie sie sich im Rahmen der Evolution immer verändert hat bzw. sich anpassen mußte. Siehe die schlüssigen Theorien von Charles Darwin oder der vom Bundespräsidenten wohl formulierte Satz "vom Untertaten zum Bürger".



    Ich befürchte , dass die nächsten Generationen nicht das Klima sondern das demokratische Staatswesen retten müssen . Inwieweit ein Ruf nach mehr Lebensfreiheit in autokratischen Staaten gehört und erfüllt wird , kann man weiter östlich oder südlich erleben.



    Oder gibt es eine andere Erklärung , warum Menschen aus den autokratischen Staaten lieber in Europa leben möchten ?

  • Sind gerade irgendwie bei der Taz die Aktionstage "Liebe deine Letzte Generation" oder warum brauchte es jetzt einen zweiten solchen Artikel in zwei Tagen?

    "Selbst dann bleibt das oberste Prinzip der Aktivisten immer: Gewaltfreiheit. Friedlicher ziviler Ungehorsam, wie im Geschichtsunterricht als vorbildlich gelehrt."

    Dieses Argument geht mir auf vielen Ebenen auf die Nerven. Erstens: Im rechtlichen Sinne sind die Aktivist*innen nicht "gewaltfrei", sie sind nur nicht gewalttätig. Sie üben durch Einsatz ihres Körpers eine gewaltsame Nötigung gegenüber Autofahrer*innen aus.



    Zweitens: Die Anspielung auf "im Geschichtsunterricht als vorbildlich gelehrten friedlichen zivilen Ungehorsam" ist doch hochgradig albern. Man ist nicht MLK, Nelson Mandela oder Gandhi, weil man sich in der Innenstadt festklebt. Was noch viel wichtiger ist: Wenn man im Geschichtsunterricht ein bisschen aufgepasst hat, sollte einem die zeitgenössische Reaktion auf diese drei Vorbilder ja klar sein. Diese haben nämlich ihren Aktivismus oft mit lebenslangen Anfeindungen und offenem Hass und Gewalttätigkeit, im Falle MLKs und Gandhis sogar mit ihrem Leben bezahlt. Wenn man immer wieder diese Vergleiche provoziert, aber gleichzeitig angesichts ganz große Augen bekommt, wenn jemand nach wiederholten Nötigungen eine Bewährungsstrafe bekommt, erinnert das eher an Jana aus Kassel als an vernünftigen Aktivismus.

    Und das die Forderungen der Letzten Generation zutiefst unehrlich sind, ist kaum zu bestreiten. Niemand glaubt, der Klimawandel sei nach Einrichtung eines Tempolimits, eines 9-Euro-Tickets und eines Klimarates besiegt. Die letzte Generation glaubt dies auch nicht, stellt aber dennoch keine weitergehenden Forderungen. Das ist schlicht unglaubwürdig.

  • Ich finde den Brandbomben-Werfer von Ratingen sehr gemäßigt. Sollte als Reichsbürger mildernde Umstände bekommen. Die Polizisten wollten leider bei ihm vorbei schauen.

    • @Land of plenty:

      ... und was genau bezweckt diese Einlassung ?



      Klimakleber ganz doll böse - oder was ???

      • @Zebulon:

        unverständlich? Nein ich meinte das Gegenteil.

  • Ist das nicht ermüdend?



    Soll die gleiche Diskussion wirklich zum x- ten Mal geführt werden?



    Es ist wie immer: "es wurde Alles gesagt, aber noch nicht von Jedem", oder, wie hier , von Jeder...

  • Radikal ist ein gutes Wort. Im Sinne eines "zurück zu den Wurzeln"..

    Denn im Moment tun wir auf allen Feldern das Gegenteil:

    -das Klima fliegt uns noch in diesem Jahrhundert um die Ohren - wir bauen noch mehr Strasen und Autobahnen..



    - Massenweise sterben Tierarten aus - wir kürzen Gelder für den Artenschutz und schauen stattdessen hübsche Tiersendungen im Fernsehen..



    - wir glauben es wäre ein Stück Freiheit - und stellen uns unsere Autos gegenseitig in den Weg--



    - Autos wären sicher heißt es - aber leider fahren wir damit immer häufiger Menschen- und leider besonders Kinder tot.



    - Essen kommt bei uns aus dem Supermarkt, Strom aus der Steckdose..

    Bei allem sind es eben nicht einzelne Felder..es ist die ganze Lebensart, die von Grund auf gespalten, geradezu Schizophren ist..

    Dieser "moderne" Antropozismus, der uns blind macht für unsere Abstammung, unsere Lebensgrundlagen und unsere Zukunft, ist das eigentliche Problem..

    Und nur wer den Mut hat dies ausdrücklich zu benennen und konsequent umzusteuern, hat auch nur den Ansatz einer Chance auf Lösung.

    Und btw: jede:r kann sofort anfangen seine LebensQUANTITÄT zu reduzieren zu Gunsten von mehr LebensQUALITÄT.. da gibt es reichlich Möglichkeiten - da ist sicher für jede:n was dabei.. (wem sonst nix einfällt: mehr Fahrrad fahren statt Auto wäre schon mal ein guter Anfang - Versprochen)..

    Nur eines wird nicht funktionieren: die Wahrheit zu verhaften (oder diejenigen die uns den Spiegel der Wahrheit vorhalten)..

    Die Aktivisten wären radikal heißt es..

    ..nun vielleicht sind sie bei Weitem noch nicht radikal genug..damit endlich all die eingefahrenen Wohlstandsbürger erkennen worum es wirklich geht..

  • Für viele sind die LG 'Kriminelle' , für andere 'Helden'.



    Natürlich nerven die Strassenblockaden manchmal; das Besprühen von Wänden und Denkmälern oder die Aktionen in Museen bereiten manchmal Kopfzerbrechen, nach dem Motto: 'was wollen sie uns damit sagen?".



    Und doch bleiben die LG's auch bei grösster Provokation gegen sich ruhig, besonnen und gewaltfrei, und keine Bilder oder andere Museumsstücke wurden beschädigt.



    Und sie bewirken mit ihren Aktionen wenigstens ein Nachdenken und vielleicht, sehr positiv gedacht, ein Umdenken.

    • @Klaus Waldhans:

      "Und sie bewirken mit ihren Aktionen wenigstens ein Nachdenken und vielleicht, sehr positiv gedacht, ein Umdenken."



      Oder vielleicht ein trotziges "Jetzt erst recht". Wer weiß das schon?



      Sollte man vielleicht mal untersuchen. Scheint aber keinen zu interessieren.

  • 6G
    663803 (Profil gelöscht)

    vor 20 Jahren waren es ATTAC und Globalisierungsgegner die an Politik appellierten; jetzt sind es junge neugruppierte wie Letzte Generation und fridays for future .... Tatsache bleibt, dass das Engagement auf der Straße nur in Teilen im Parlament ankommt bzw. kaum Umsetzung findet. zum anderen hat sich die Polizeiarbeit zu damals geändert, noch dazu wurden die Treffen der G8 bzw. G10 mit Bedacht gewählt.

  • Das Kernproblem ist die Protestform: Den Alltag unterbrechen, und damit deutlich, dass genau dieser Alltag das Problem ist.



    Natürlich sind 48% der Deutschen der Meinung, dass wir zu wenig für den Klimaschutz tun. Wahrscheinlich sind aber auch mindestens 48% der Deutschen der Meinung, dass jede einzelne Klimaschutzmaßnahme scheiße ist, sobald sie von uns fordert, unsere Routinen zu ändern. Und genau deswegen kommt das Gepolter gegen die Letzte Generation auch so gut an -- und zwar in nahezu allen Lagern.

  • 6G
    659554 (Profil gelöscht)

    Csaja, Wegner, Dobrindt, Wissing... sind gegen Euch? Dann liegt ihr richtig. Ich gehe pende mal an die Letzte Generation spenden. Macht bitte weiter!

  • "Schaut man sich die Definition von „radikal“ an, so ist die Letzte Generation auf den ersten Blick wirklich radikal. „Radix“ heißt auf Lateinisch „Wurzel“, es geht ihnen im Großen und Ganzen darum, gesellschaftliche und klimapolitische Probleme „an der Wurzel“ zu packen und durch grundlegende Veränderungen in der Gesellschaft zu lösen. "

    Und genau hier liegt Ruth Lang Fuentes falsch. Radikal hieße, die Widersprüche zu benennen, die von der Gesellschaft erzeugt werden (zum Beispiel der Widerspruch eines auf Wachstum ausgelegten Wirtschaftssystem wie der Kapitalismus und dem Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen), welche Rolle unsere Institutionen (aka Politik, Wirtschaft, Polizei und Justiz) bei der Aufrechterhaltung dieser Widersprüche spielen und Alternativen zu skizzieren, die diese Widersprüche aufheben (z.B. ein anarchistischer Kommunismus).



    Das tut die LG nicht. Die LG ist genau das, was die SPD in ihrer Anfangszeit war: eine vordergründig radikale Gruppe, die am Ende aber nur an der eigenen Macht interessiert ist.

  • Immer die gleichen Positionen.



    Das Klimaschutzgesetz von 2019 wurde nachgebessert (warum ist das nicht verlinkt?).



    LG ist vielleicht radikal in ihrer Einstellung, aber nicht terroristisch, egal was andere sagen. Aber die Forderungen sind eben auch nicht ehrlich. Weder werden Tempolimit, noch 9 Euro Ticket die Welt retten.



    Tempolimit sollte kommen, um den Verkehrsektor etwas abzuringen und um zu zeigen, hier bewegt sich was. Die globalen Player sind aber woanders.

    • @fly:

      Das mag sein, alleine kann die deutsche Gesellschaft nicht das Klima retten. Doch wenn wir versagen, dann werden sich sehr viele andere Nationen schulterzuckend abwenden. JEDER muss sein Teil beitragen. Alles andere ist verantwortungslos und letztlich nur ein Vorwand gar nichts zu tun.

      • @Perkele:

        Sie überschätzen die Vorbildfunktion von Deutschland in der Welt gewaltig.

    • @fly:

      Beim Tempolimit kann man immerhin von einer winzigen Ausstossreduktion reden, aber das 9-Euro-Ticket wird das locker auffangen.

      Es ist einfach kurios. Wie letztens in der taz recht präzise beschrieben. Es sind verhältnismaßig radikale Aktionen (Hungerstreik, Festkleben) aber die Ziele wirken eher wie die Forderung, die Taubenzüchtervereinssitzung ab jetzt um 17:05 statt wie bisher um 17:00 anfangen zu lassen. Ich werde daraus nicht ganz schlau, muss wohl diese neuartige Aufmerksamkeitsökonomie sein.

      • @Fabian Wetzel:

        Die Forderungen sind ja bewusst so klein, damit überhaupt die Möglichkeit besteht, sie umzusetzen.



        Würde die LG fordern, dass Deutschland bis 2025 Klimaneutral sein soll, käme zurecht der Einwand, dass das garnicht machbar ist, ohne dafür auch den Rechtsstaat aufgeben zu müssen.

  • taz: "Am Tag der angekündigten Klima-Blockaden in Berlin gab CDU-Generalsekretär Mario Czaja ein Radiointerview. Er sprach von „diesen sogenannten Aktivisten“, die seines Erachtens Extremisten, Gewalttäter, Straftäter seien."

    So sind halt unsere "Volksvertreter"; die beschützen das klimaschädliche Wirtschaftswachstum bis zum bitteren Ende. Drastische Strafen für Klimaschutzaktivisten werden ja seit einiger Zeit gefordert. Wer fordert eigentlich endlich mal drastische Strafen für die Verursacher des Klimawandels, die das Leben und die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder mit ihrer Gier nach noch mehr klimaschädliches Wirtschaftswachstum auch weiterhin frech in Gefahr bringen?

    taz: "Mit Wissings „Annäherungsversuch“ und ein paar zustimmenden Worten zum Klimaschutz werden sich die Aktivisten sicher nicht zufriedengeben. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Für uns alle."

    Nur 'unser Leben' steht auf dem Spiel, denn dem Planeten Erde ist es vollkommen egal, ob wir Menschen noch mehr Kohlendioxid in die Luft blasen oder ob wir uns mit Nuklearbomben vernichten, denn solange die Sonne existiert, wird auch die Erde existieren, und es dauert nach neuesten Schätzungen noch 8 Milliarden Jahre bis sich die Sonne aufbläht und alle umliegenden Planeten verschlingt. Es bleibt der Erde also noch sehr viel Zeit, um endlich einmal wirklich intelligentes Leben hervorzubringen. Wenn der Homo sapiens überleben möchte, dann müsste jetzt ein Umdenken stattfinden, aber das wird wohl nichts werden; und mit solchen "Volksvertretern" - die es leider auch in anderen Ländern gibt - ist das Überleben der Menschheit sehr unwahrscheinlich. Anstatt darüber nachzudenken, dass wir im 21. Jahrhundert ein anderes Wirtschaftssystem brauchen, das keine Menschen mehr ausbeutet und den Planeten mit dem ausufernden Wirtschaftswachstum langsam aber sicher in eine Dampfsaune verwandelt, wollen einige Leute mit dem Wahnsinn weitermachen, selbst wenn es das Leben der eigenen Kinder und Enkelkinder gefährdet.

  • Ich finde die Kriminalisierung von Klimaaktivisten brandgefährlich. Warte fast schon darauf, dass die ersten ernsthaft verletzt oder sogar getötet werden, so wie von vielen Seiten gegen sie gehetzt wird. Dass ausgerechnet Politiker gerade der Parteien, die durch jahrzehntelanges Aufweichen von Klimazielen und Nichtstun dafür gesorgt haben, dass wir jetzt vor Multiproblemen stehen, dabei "den Lauten" machen: Nur noch ekelig. Auch weil sie damit Teile der Bevölkerung im Glauben daran bestärken, die Klimakatastrophe sei lediglich die "Ideologie" von Ökospinnern.

  • Der Klimawandel bedroht uns alle. Und die bisherigen Maßnahmen sind nicht genug.

    Das Habeck’sche Heizungsgesetz zeigt allerdings das größte Problem: Es startet mit einem Verbot, die Umsetzung unklar, von den Kosten ganz zu schweigen. Alles nebulös. Es ist nur klar, daß der kleine man die Zeche bezahlt. Und die Menschen haben Angst. Angst, unter die Räder zu kommen, wirtschaftlich existenziell. Gemessen an diesen Ängsten scheinen 3° Erwärmung nicht viel zu sein.

    Die letzte Generation hat eine heres Ziel. Aber verloren haben sie mich trotzdem. Blinde Wut und Protest, der komplett die Falschen trifft - was soll das? Meinen die Damen und Herren, daß irgendein in Stau stehender Fahrer oder Fahrerin beim Kanzler anruft, um sich über die Klimapolitik zu beschweren? Oder auf die öffentlichen Verkehrsbetriebe umsteigt, die an seinem/ihren Wohn- oder Arbeitsort wahrscheinlich gar nicht mehr fahren?

    Vieles von dem, was die letzte Generation fordert, führt zu Massenarbeitslosigkeit und bedroht Existenzen. Ist ja nicht schlimm sagen sie, weil alles was kommt ist noch viel schlimmer, bedroht ja schließlich Leben. Alles richtig. Aber so nimmt man Menschen nicht mit und überzeugt sie auch nicht. Das allerdings ist eine Grundvoraussetzung in der Demokratie - ohne Mehrheiten funktioniert sie nicht. Und die letzte Generation sorgt gegenwärtig leider dafür, daß nicht der Hauch einer Mehrheit für eine progressivere Klimapolitik entsteht.

    • @Jens Barth:

      Gerade, daß Autofahrer die Erfahrung machen dürfen, daß genau das, was sie tun, eben nicht normal, die Norm mehr sein darf, trifft auch konkret die Richtigen. Autofahren ist zwar noch die Norm, aber niemand, der/die es tut, ist unschuldig. Und die allermeisten Autonutzer müssen dies erst lernen. Daß dabei ein gewisser Zwang nötig ist, liegt an der Lernunwilligkeit der Massen bzw. natürlich auch an den Verdummungsmedien und reaktionären Politikern, die das immer-weiter-so-wie-es-ist befördern.



      Im Grunde ist es unterm Strich nicht schade um die Menschheit, was aber fast immer komplett ignoriert wird, sind alle die anderen Arten der Erde, die durch das egoistische menschliche Verhalten aussterben. Größtenteils noch vor uns.