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Debatte um WasserverträgeKünast wehrt sich und teilt aus

Grünen-Spitzenkandidatin weist Kritik zurück, sie habe das Volksbegehren und den "Wassertisch" zu wenig unterstützt. Jetzt über Rückkauf der BWB zu verhandeln sei aber "bescheuert".

Kann auch schon mal aggro werden: Renate Künast. Bild: dpa

Renate Künast, die für die Grünen Regierende Bürgermeisterin werden will, hat Kritik zurückgewiesen, sie habe sich zu wenig für das Wasser-Volksbegehren engagiert. Bei einer Diskussion über Demokratie und Wasserverträge am Dienstagabend kritisierte Künast die Gespräche des Senats über einen Rückkauf der Wasserbetriebe (BWB). "Es wäre bescheuert, jetzt in Verhandlungen zu treten, zu baggern und damit den Preis in die Höhe zu treiben", sagte sie.

Ein Teilnehmer, der sich als Unterstützer der Initiative Wassertisch einordnete, hatte Künast in der Diskussion im Zehlendorfer Bali-Kino sinngemäß vorgeworfen, den erfolgreichen Volksentscheid Mitte Februar ohne vorheriges Zutun für ihren Zweck genutzt zu haben. "Ich fand, dass Sie am wenigsten Anlass hatten, sich so weit aus dem Fenster zu hängen", sagte der Mann. Die Unterstützung der Grünen sei "gegen null" gegangen. Der damalige Grünen-Landeschef Stefan Gelbhaar hatte allerdings eineinhalb Wochen vor dem Volksentscheid dazu aufgerufen, mit Ja zu stimmen.

Künast wies die Kritik zurück: Sie lasse sich nicht sagen, dass sie sich nach dem Volksentscheid nicht hätte äußern dürfen. Sie will schon an einer Klage gegen die Wasserverträge gearbeitet haben, als sie noch Mitglied des Abgeordnetenhauses war. "Ich habe eine lange Geschichte und war an vielen Stellen aktiv, wenn auch nicht zu jeder Zeit an allen", sagte Künast, die im Jahr 2000 die Landespolitik verließ und Bundesministerin wurde.

In ihrer eigenen Zeitrechnung brachte Künast etwas durcheinander. Sie verwies mit Blick auf Privatisierung und Teilverkauf der BWB auf Exsenator Thilo Sarrazin und das Motto des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (beide SPD) "Sparen, bis es quietscht". Das Land verkaufte die BWB-Anteile aber schon 1999, die Energieversorger Gasag und Bewag gingen noch früher weg - Wowereit und Sarrazin kamen jedoch erst 2001 und 2002 ins Amt.

Hinsichtlich der Zukunft der BWB will Künast eine Entscheidung des Kartellamts abwarten. Damit attackierte sie Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) und Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Beide verhandeln seit Wochen mit dem privaten Anteilseigner RWE über einen Rückkauf. Man warte weiter auf ein Angebot von RWE, sagte ein Sprecher der Finanzverwaltung der taz.

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6 Kommentare

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  • B
    brotbeck

    @sandra stern:

    Ich bin auch durch den Seiteneingang rein, geht einfach schneller.

    Aber trotzdem will ich noch darauf hinweisen, dass es keine grüne Veranstaltung war, sondern eine Veranstaltung der Ökofilmwoche, die vom Förderverein für Öffentlichkeitsarbeit im Natur- und Umweltschutz e.V. veranstaltet und vom Bali-Kino organisiert wird. Die Grünen haben das mit einigen anderen gemeinsam unterstützt.

  • SS
    Sandra Stern

    @ brotbeck:

    Das grüne, jungsche *Gemüse* hat mich auf einen NEBEN-Eingang verwiesen, aber ich bin weder Müll, der über den NEBENeingang ent-sorgt wird, noch fühle ich mich als Mensch x-ter Klasse, und eben erst recht deshalb verweise ich gern darauf, dass es für mich den GLEICHEN (Haupt)Eingang wie für alle anderen Teilnehmer/innen an der Diskussion gibt (den es hier nicht gab).

    Ich lasse mich als Rollstuhlfahrerin weder auf Abwege noch auf Ein*tritte* via Nebengelass (wenn die nicht etwa von Allen genutzt werden) abdrängen.

  • F
    FAXENDICKE

    Dieser GRÜNE-Yuppie Größenwahn wird schnell wieder verblassen.

    Spätestens mit Hartz IV und dem Kosovo Krieg unter Schröder dem Arbeiterverräter und Verräter der einstigen deutschen Sozialdemokratie, haben diese machtgeilen unsozialen, neoliberalen im grünen Mäntelchen ihr wahres Gesicht gezeigt.

  • CW
    Carl Waßmuth

    1. Frau Künast war explizit und schriftlich angefragt, ob sie den Wasser-Volksentscheid nicht persönlich unterstützen kann. Sie hat auf die Anfrage nicht reagiert. Erst als wenige Stunden vor dem Volksentscheid durch die Presse ging, dass weitere Verträge aufgetaucht waren 8und ihr dämmerte, das der Volksentscheid tatsächlich gewonnen werden könnte, hat sie sich geäußert.

     

    2. Frau Künast will die S-Bahn zerschlagen und dann den Betrieb privatisieren. Das steht so im Grünen Prorammentwurf für Berlin. Auf der Veranstaltung in Zehlendorf warb sie für das Wettbewerbsprinzip - genau so ging es 1999 beim Wasser auch los. Da passt dieses Zitat doch wunderbar: „Ohne Schiene kann ich leben, ohne Wasser nicht“ http://www.tagesspiegel.de/berlin/kuenast-muss-kritik-vom-wassertisch-einstecken/3957590.html

     

    Welche Grundlagen, welche Werte hat Frau Künast? Ihre Anfangsaussagen im Wahlkampf hat sie alle selbst wieder einkassiert. In der Frage der Daseinsvorsorge bezieht sie sich auf eine unbekannte Rede vor 10 Jahren (gegen Privatisierung) und hofft ansonsten, dass der Markt es richtet. Konkrete Schlüsse aus dem Volksentscheid zieht sie nicht, und dabei liegen sie so nahe: Die Offenlegung ernst nehmen, die offengelegten Verträge unter die Lupe nehmen und juristisch anfechten. Dazu hätten die Grünen die Mittel und als Fraktion sogar den erforderlichen Rechtsstatus für Verfasungsklagen.

  • B
    brotbeck

    Liebe Frau Stern, es gibt da einen Seiteneingang zum Kinosaal, haben Sie nichts gesagt?

  • SS
    Sandra Stern

    Tja die Grünen von Berlin - was soll man dazu noch sagen? Machten die Veranstaltung an einem Ort, wo Rollstuhlfahrer/innen nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnten.

    Das Kino war nicht barrierefrei. Die jungen Grünen, die vor dem Kino hockten und Teil der Organisator/innen-Gruppe, die die Veranstaltung organisiert hatten, waren, störte es nicht, dass nur Fußgänger/innen die Veranstaltung verfolgen konnten.

    Wie ich aus Gesprächen mit Dritten nach der Veranstaltung erfuhr, war wohl nicht einmal ein Gebärdendolmetscher vor Ort.

    Die Grünen haben sich offensichtlich von der Behinderten- / Bürgerrechtspolitik verabschiedet.

    Hoffentlich spricht sich das schnell rum - und Behinderte orientieren sich an einer anderen Partei, deren Stimme sie dann geben.