LESERINNENBRIEFE
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Maßnahmen treffen die Kleinen

■ betr.: „Vernünftiger Linksruck“, taz vom 16. 5. 12

Ulrike Herrmann stellt da eine mutige These auf, wenn Sie meint, dass ausgerechnet der radikale Linke Tsipras die Sparbeschlüsse in Griechenland gegen die Bevölkerung durchsetzen wird. Diese Maßnahmen sind überwiegend ungerecht und treffen die kleinen Leute. Sie haben zunächst den Zweck, weitere Finanzhilfen für das Land, vor allem bei uns in Deutschland, politisch durchsetzbar zu machen. Dieser Zusammenhang wird hier leider zu wenig offen diskutiert. Zum anderen sind sie der hilflose Versuch, die griechischen Staatsfinanzen in den Griff zu bekommen, weil man den Abbau des völlig absurden und unorganisierten Beamtenapparates so schnell nicht hinbekommt und die Steuereintreibung bei den Reichen im Land nicht gelingt. Dass sich die radikalen Linken in Griechenland vor diesen Karren spannen lassen, ist mehr als unwahrscheinlich. Die drei Eckpunkte, die dem Land eine Perspektive bieten könnten, hat Frau Hermann genannt, nur die Reihenfolge hat sie auf den Kopf gestellt. Denn zunächst braucht das Land ein „Geschäftsmodell“, also einen funktionierenden Staat, dann werden die Investitionen kommen, und die wiederum werden unter Umständen zu einem Wirtschaftswachstum führen. Das ist allerdings eine Agenda, die so schnell nicht zu haben ist. Der Sieg von Tsipras bei den nächsten Wahlen aber wird zunächst das Ende der Euromitgliedschaft für die Griechen einläuten. HARTMUT GRAF, Hamburg

Über Monate paralysiert

■ betr.: „Vernünftiger Linksruck“, taz vom 16. 5. 12

Das, was Ulrike Herrmann da vorträgt, ist das Rezept dafür, die mit den Verhältnissen in ihrem Land – einschließlich Lohnsenkungen, Entlassungen, drastischen Steuererhöhungen u. a. – Unzufriedenen übers Ohr zu hauen. So was hatten wir hier auch schon mal, vor gar nicht langer Zeit: Da trat Rot-Grün an, um die Agenda 2010 durchzusetzen. Da waren – fast – alle über etliche Monate wie paralysiert, einschließlich der Gewerkschaften. HEIKO HOLTGRAVE, Dortmund

Keine produktiven Ergebnisse

■ betr.: „Wo dein Platz, Genossin, ist“, taz vom 19. 5. 12

An der Situation der Linkspartei sieht man deutlich, dass diese Partei, über die PDS hinweg, die ehemalige SED-Nachfolge-Partei ist. „Machtgeschachere“ und Selbstbeweihräucherung auf allen Ebenen und Seiten, ohne dass dabei nennenswerte oder produktive Ergebnisse sichtbar sind oder werden. ROBERT WERNER, Leipzig

Gemeinsam, nicht gegeneinander

■ betr.: „Wozu die Linkspartei gebraucht wird“, taz vom 19. 5. 12

Die Blockade gegen eine Regierungsbildung eher links der Mitte geht von der SPD aus! Die kann nicht mit Lafontaine! Eine weibliche Doppelspitze, die sich nicht auf Selbstdarstellung, sondern auf die Lösung der Probleme, auf die Zukunft bezieht, könnte ein Umdenken in der SPD bewirken. Die „weibliche Doppelspitze“ in NRW, Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann, zeigt ja, wie es geht: gemeinsam und nicht gegeneinander! Das ist das, was die Wähler wollen: eine Regierung, die ihre Aufgaben macht und sich nicht untereinander blockiert. Parteidisziplin – nur um dagegen zu sein, oder die eigenen Pfründen zu sichern – führt zu Partei-, vielleicht sogar zu Demokratieverdrossenheit. Die große Koalition, wie in Berlin, führt nur zum Stillstand. Weiterentwicklung braucht Opposition, braucht Querdenker und keine Parteisoldaten! Ob ihr mit der Abbildung der drei Frauen den Linken nicht einen Bärendienst erwiesen habt, wird sich zeigen: Vielleicht will Lafontaine jetzt Vorsitzender werden – mit Rosa Luxemburg als Vorsitzender! NORBERT VOSS, Berlin

Wie die Gockel

■ betr.: „Szenen einer Zweckehe“ u. a., taz vom 18. 5. 12

Und da wundern sich die in der Linkspartei, warum sie eine Wahl nach der anderen vergeigen? Ein Programm, das außer über „die armen Armen“ kaum hinauskommt, und lauter eitle PolitikerInnen, die wie die Gockel über den Hof stolzieren. Die Frauen tragen da genauso ihren Teil dazu bei wie die Herren. Nur machen sie es parteiintern auf der kleinen Bühne und nicht auf der großen Bühne wie die alten Männer. Was die WählerInnen von solch einer Partei halten, das sieht man an den abgegebenen Stimmen. ANKE SÖLLMANN, Berlin

Träume für die Wähler

■ betr.: „Wo dein Platz, Genossin, ist“, taz vom 19. 5. 12

Auch in der Linkspartei werden den Genossinnen ihre Plätze von den Spitzen zugewiesen. Diese wiederum haben weder ein Arbeiterimage, noch zeigen sie sich für „das untere Fünftel“ – wer immer sich dazuzählen mag – repräsentativ. Toskana (Lafontaine), Hummer (Wagenknecht), Porsche (im Ernst?) mögen Träume für diese Wähler sein, politische Alternativen vermitteln sie nicht. Alles nur durch Geschwätz und Trommeln? Selbst hier taucht wieder der SED-Geist auf, der die Protagonisten gut leben ließ und dem Rest die Wurst vor die Nase hielt. Zu einer glaubwürdigen Programmpartei gehört eine ebensolche Vertretung. Insofern mag die wahlerfolgreiche weibliche „Doppelspitze“ in NRW taugliches Vorbild für die Linkspartei sein – was noch immer nichts für das Gebrauchtwerden heißt.

ROLF SCHEYER, Köln