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Debatte um EhrensoldWulff soll nicht, Köhler macht's nicht

Während Christian Wulff nach Meinung vieler auf den Ehrensold verzichten soll, tut dies offenbar Ex-Bundespräsident Köhler. Die Ermittlungen gegen Wulff gehen unterdessen weiter.

Zwei Ex-Bundespräsidenten mit unterschiedlichen Haltungen zum Ehrensold: Horst Köhler (hinten) und Christian Wulff, beide nebst Gattin. Bild: dpa

BERLIN afp/dpa/dapd | Der frühere Bundespräsident Horst Köhler nimmt einem Pressebericht zufolge seinen Ehrensold nicht in Anspruch. Nach Informationen der Zeitung Bild am Sonntag (Bams) will Köhler, der 2010 von seinem Amt zurücktrat, dadurch Doppelbezüge vermeiden. Ungewiss sei aber, auf wie viel Geld Köhler tatsächlich verzichte. Als Präsident des Sparkassenverbands und Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) könnte er Pensionsansprüche erworben haben, die den Ehrensold sogar übersteigen, berichtete die BamS.

In der Diskussion um den Ehrensold von Bundespräsident Christian Wulff forderte der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim den Haushaltsausschuss des Bundestages auf, dem ehemaligen Staatsoberhaupt Zuwendungen zu verweigern. „Christian Wulff ist unehrenhaft aus dem Präsidentenamt ausgeschieden. Er wird kaum mehr nachamtliche Repräsentationspflichten für Deutschland glaubwürdig ausüben können. Von daher sollte er keine Zusatzleistungen wie Büro, Personal und Dienstwagen erhalten“, sagte von Arnim.

Die politische Geschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, legte Wulff in der BamS nahe, auf den Ehrensold zu verzichten. „Früher hat Christian Wulff selbst eine Kürzung des Ehrensolds gefordert, und in der Bevölkerung gibt es keinerlei Verständnis für jährlich knapp 200,000 Euro für einen gescheiterten Bundespräsidenten“, sagte Lemke. Der FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte der Zeitung, nach der Wahl des nächsten Bundespräsidenten könne debattiert werden, „die Altersbezüge des Bundespräsidenten neu zu regeln“.

Wulff war am 17. Februar nach Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme von seinem Amt zurückgetreten. Laut Bundespräsidialamt hat er aber Anspruch auf den Ehrensold in Höhe von jährlich 199.000 Euro, weil sein Rücktritt aus „politischen Gründen“ erfolgt sei. Im Zuge der Ermittlungen wurde am Samstag auch das Privathaus Wulffs bei Hannover sowie die Wohnung und das Büro des mit Wulff befreundeten Filmproduzenten David Groenewold durchsucht.

Büro und Mitarbeiter für 280.000 Euro

Bei den Ermittlungen gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff erhofft sich die Staatsanwaltschaft offenbar Aufklärung durch gesicherte Telefondaten. Damit wollen die Ermittler herausfinden, wie und wann der CDU-Politiker mit dem Filmproduzenten David Groenewoldkommuniziert hat, berichtet der Spiegel vorab. Der Filmunternehmer hatte Wulff zwei Urlaubsaufenthalte auf Sylt vorfinanziert. Später soll der damalige niedersächsische Regierungschef die Kosten bar zurückgezahlt haben.

Ungeachtet der Debatte um Wulffs Ehrensold will laut Spiegel das Präsidialamt im kommenden Haushalt auch ein Büro inklusive Mitarbeiter für den Ex-Präsidenten beantragen. Wulff wünsche die gleiche Behandlung wie die vier anderen noch lebenden ehemaligen Staatsoberhäupter, berichtet das Nachrichtenmagazin. Die Kosten für den Stab sollen sich auf etwa 280.000 Euro pro Jahr belaufen.

Der frühere Heeresinspekteur Helmut Willmann hält die geplante Verabschiedung Wulffs mit einem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr für unangemessen. Er kritisierte die von Verteidigungsminister Thomas de Maizière vorgebrachte Begründung, es handle sich dabei um „geübte Staatspraxis“. Natürlich müsse die Amtszeit des Bundespräsidenten „geordnet und in Würde“ beendet werden, sagt Willmann. Die Situation verlange aber nicht nach Ehrungen mit aufmarschierender Truppe, Fackelschein und Nationalhymne. „Dies ist die Zeit für Bescheidenheit, Zurückhaltung und Demut im äußeren Auftreten. Das ungerührte Weiter-So ist ein Zeichen erschreckender Realitäts- und Bürgerferne der Politik.“

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13 Kommentare

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  • IN
    Ihr Name schorsij

    Jetzt kann jeder Betrüger ein Ehrensold beantragen, vorwas zahlt man hier in der BRD überhaupt noch steuer,für Betrüger aus Berlin die hier der normal Burger ausnehmen wie ein weihnnachtganz, sorry auf diese Republik kan ich verzichten.

  • PE
    Prinz Eugen

    Frau CDU-Merkel sollte mit ihrem Kabinett den

    großen Zapfenstreich umbenennen in den "großen

    Schurkenstreich". Das wäre für die Herren Guttenberg und Wulff weitaus zutreffender!

  • IN
    Ihr Name Hans-Klaus Ball

    Wir brauchen keinen "Ersatzkönig",der amtierende Bundesratspräsident kann die Republik genau so gut und billiger vertreten. Für das Geld einen Fond gründen für die Ärmsten der Armen - wäre eine gute Tat und ein gutes Zeichen für die Politik!

  • R
    Rudi

    warum demontriert ihr eigentlich nicht vor dem Haus dieses Schmarotzers, vor seinem Buero, vorm Bundestag und Landtaegen.Lasst ihn und die Politiker doch sehen und hoeren, was ihr denkt.

     

    Nur vom Schreibtisch aus kluge Kommentare zu schreiben, man musse ja und man sollte ja und ueberhaupt diese boesen Machtinhaber, die uns alle nur ausnutzen ... das reicht nicht.

     

    Wer Aenderungen will, muss diesen Willen auch demonstrieren.

  • R
    reblek

    "'... und in der Bevölkerung gibt es keinerlei Verständnis für jährlich knapp 200,000 Euro für einen gescheiterten Bundespräsidenten', sagte Lemke..." - Nun ja, eine Null zuviel hinter dem Komma, aber ansonsten wäre der Betrag doch echt okay.

  • E
    Eskapist

    Die Entscheidung Wulffs, von seinem Amt als Bundespräsident zurück zu treten um Schaden von diesem abzuwenden, war keine politische. Vermutlich war der Rücktritt dem wachsenden öffentlichen Druck geschuldet, der auf Wulff lastete. Die Gründe, die diesen Rücktritt unumgänglich gemacht haben, liegen aber unbestreitbar in Fehlern, besonders in Wulffs Umgang mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen und eventuell sogar strafrechtlich relevanten Verfehlungen, die persönlich sind und keinerlei politische Hintergründe haben. Vorteilsannahme- oder Gewährung im Amt, die sich möglicherweise politisch auswirken, sind motiviert von dem Wunsch persönlich davon zu profitieren und damit menschlich, aber nicht politisch. Eigene Fehler nicht einzugestehen ist ein Reflex politischer Mandatsträger, aber keine politische Entscheidung. Die Inanspruchnahme des Ehrensolds, der diesen Namen nun nicht mehr verdient, und der weiteren Vergünstigungen zeigt die Charakterlosigkeit und Geldgier des Kleinbürgers Wulff, der sich in einem Fernsehinterview im Juli 2010 noch dafür aussprach, diesen Sold nach unten zu korrigieren. Wer die gleichen Vergünstigungen verlangt wie sie seinen Vorgängern zuerkannt wurden, sollte auch eine annähernd lange Amtszeit absolviert haben, statt alle Vorgänger im Amt nur an Peinlichkeit zu übertreffen. Diese Gelegenheit sollte genutzt werden, das gesamte, nicht mehr zeitgemäße System der Alterssicherung ehemaliger Bundespräsidenten zu modernisieren, denn im Fall Wulff wird die Diskrepanz zwischen bestehendem Recht, Gerechtigkeit und moralischer Verantwortung unübersehbar. Veränderte Verhältnisse erfordern verändertes Verhalten, wie die Kanzlerin an anderer Stelle so richtig bemerkte.

  • G
    GMB

    Das ist der Unterschied zwischen Politiker und Nichtpolitiker!

  • I
    Ilona

    Wulff ist nicht aus politischen Gründen zurückgetreten, sondern hat es in seiner Rücktrittsrede einfach so ausgedrückt, weil er - berechnend wie er ist - genau wusste, weshalb ... Sollte er damit durchkommen und den Staatssäckel bis zum Ende seines Lebens ausbeuten dürfen, leben wir nicht in einer Demokratie, sondern in einem Land, in dem die "Oberschicht" (ob Firmeninhaber wie Rossmann, höhere Staatsbedienstete oder Politiker, aber auch Chefs von Briefkastenfirmen)das hart arbeitende deutsche Volk nach Strich und Faden AUSNUTZEN!!!

  • WS
    Wolfgang Schmidt

    Erstaunlich.

    Horst Köhler, der ging, weil er die Wahrheit aussprach, verzichtet.

    Christian Wulff, der ging, weil er möglicherweise nie die Wahrheit aussprach, bekommt und verlangt noch mehr.

     

    Wie viele Ohrfeigen soll das Volk und dieses Amt eigentlich noch aushalten müssen?

     

    Naja, man kann wohl von einem Ehrlosen nicht verlangen plötzlich doch einmal ehrenvoll zu handeln.

     

    Das Mindeste wäre jegliche Zahlungen, Büro, Dienstwagen mit Fahrer und sonstigen Dingen "einzufrieren", bis die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und eine eventuelle anschließende Anklage und Gerichtsverhandlungen abgeschlossen sind.

    Es kann ja schließlich auch herauskommen, dass Christian Wulff unschuldig ist. Und Dummheit kann nicht bestraft werden. Aber dieses Ergebnis abzuwarten, muss doch wohl absolut drin sein.

    Alles andere wäre unbegreiflich, aber in dieser BRD ist für die herrschenden Klassen wohl wirklich alles erlaubt.

    Dann sollen Sie es doch auch einfach so aussprechen:

    Wir sind etwas besseres und all diese Dinge stehen uns zu!

    Aber sie lügen und betrügen halt nicht nur - sie sind auch noch Feiglinge.

  • L
    Liesbeth

    Das Motto vieler Politiker:

    "Ich nehme was ich kriegen kann"

    Schlecht an diesem Betragen ist, dass dies auch den ehrlichen Politikern schadet, weil dadurch alle in

    Haftung genommen werden.

  • B2
    Bürger 24427455

    Gescheiterter Bundespräsident ? Bei so einem Charakter würde ich mich als gescheiterten Menschen betrachten. Hat Politik sowas nötig ?

  • W
    Wolfgang

    Und ist der Ruf erst ruiniert,

    lebt es sich danach ganz ungeniert.

     

    Wilhelm Busch

  • EA
    Enzo Aduro

    Respekt für Köhler.

     

    Aber ihm stünde ein Ehrensold auch zu. Immerhin hat er eine ganze Legislaturperiode gemacht. Es ist eben ein Unterschied ob 6 Jahre oder 20 Monate. Es gibt viele andere Präsidenten die auch nur eine Legislaturperiode Präsident waren.

     

    Auch ist Köhler aus edleren Motiven zurückgetreten. Er hat sich nicht mehr verstanden gefühlt. Oder nicht mehr im Stande.

     

    Nicht weil er beim Lügen und Betrügen erwischt wurde. Genauer kann ich mich nicht ausdrücken, weil das sonst zurecht nicht gepostet würde.