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Debatte über SparkursKoch will bei Kleinsten sparen

Nach der NRW-Wahl diskutiert die Koalition über mögliche Einschnitte. Roland Koch liefert bereits Vorschläge. Finanzminister Schäuble ist indes weiter krank.

Echte Liebe: Roland Koch und die Studenten. Bild: dpa

Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat innerhalb der Regierungsparteien eine Debatte über die anstehenden Sparmaßnahmen begonnen. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) forderte in einem Zeitungsinterview Einschnitte in der Bildungs- und Familienpolitik.

"Wir haben uns hier und da zu Projekten entschlossen, die möglicherweise sehr viel teurer werden als zunächst gedacht: etwa die Garantie eines Betreuungsplatzes für Kinder unter drei Jahren. Wir müssen prüfen, ob das noch finanzierbar ist", sagte Koch dem Hamburger Abendblatt. Auch werde das Ziel nicht zu erreichen sein, von 2015 an jährlich zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung auszugeben.

Der Ausbau der Kinderbetreuung galt als eines der zentralen Projekte in der ersten Amtsperiode von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die damit auch eine programmatische Erneuerung ihrer Partei verband. Koch wird für den Fall, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sein Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müsste, als möglicher Nachfolger gehandelt. Entsprechende Ambitionen dementierte er in dem Interview allerdings. "Ich bin Ministerpräsident von Hessen. Dabei bleibt es", sagte er.

Schäuble nahm am Dienstag an der Sondersitzung des Bundeskabinetts zum Euro-Rettungspaket nicht teil. Merkel habe dem Minister empfohlen, "sich noch ein paar Tage zu schonen", sagte ein Sprecher Schäubles in Berlin. Zu Berichten, nach denen sich der CDU-Politiker erneut in einer Klinik befindet, wollte er sich nicht äußern. "Wir kommentieren nicht die Aufenthaltsorte des Ministers."

Widersprüchlich beantworteten Sprecher der Bundesregierung die Frage, warum abweichend von der Geschäftsordnung der Bundesregierung nicht Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) den erkrankten Schäuble auf dem EU-Finanzministertreffen am Sonntag vertreten habe. Schäubles Sprecher erklärte, Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sei aufgrund seiner fachlichen Zuständigkeit für das Verfassungsrecht nach Brüssel geflogen. Regierungssprecher Christoph Steegmans führte hingegen an, Brüderle habe sich auf einem Flug von Frankfurt nach Berlin befunden und sei nicht erreichbar gewesen.

Schäuble wollte eigentlich in diesen Tagen mit der Erarbeitung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2011 beginnen, der Anfang Juli vorliegen soll. Aufgrund der Anforderungen von deutscher Schuldenbremse und europäischem Stabilitätspakt müssen die Ausgaben um rund zehn Milliarden Euro sinken. Vor diesem Hintergrund hatte Merkel am Tag nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl die Debatte um Steuersenkungen für beendet erklärt und Einsparungen im Bundeshaushalt als neue Priorität ihrer Politik benannt.

Einen verschärften Sparkurs verlangte am Dienstag auch die FDP. "Wenn kein Geld für Steuersenkungen da ist, gibt es auch kein Geld für zusätzliche Ausgaben", sagte der Haushaltsexperte Otto Fricke. Kochs Ruf nach Kürzungen sei "im Grundsatz richtig", es gehe aber nicht um eine wahllose Sparpolitik.

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17 Kommentare

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  • V
    vic

    Klar doch Koch. Die Wäler dumm halten, denn nur so werden die weiterhin Schwarz/Beliebig wählen. Bald ist eh wieder Fußball-WM, dann schaut ohnehin niemand mehr hin was ihr macht.

    Wäre Köhler nicht so ein Penner, müsste er Koch wegen staatsfeindlicher Umtriebe aus dem Amt entfernen.

    Aber nichts passiert, kein Licht am Ende des Tunnels.

  • W
    wespe

    @Claudia: Ich stimme dir voll zu.

    Natürlich wird der Militärbereich von den "wirklich Mächtigen", die nur zum kleinen Teil der Öffentlichkeit bekannt sind, geschützt. Egal, auf welchen Kontinent oder in welches Land zu schaust, überall, lassen sich Familienclans oder eine eigene "Mafia" finden.

    Seit Jahrzehnten lässt sich doch in Euroland erkennen, wo der Hase talwärts läuft...

  • ER
    E. Rector

    Christian VIII (1786-1848) König von Dänemark sprach damals schon:

    "Arm und elend sind wir. Wenn wir jetzt auch noch dumm werden, können wir aufhören, ein Staat zu sein".

    Wollen Koch, andere Landesmütter (auch zukünftige) und -väter (ihr tragt die Verantwortung für Eure "Landeskinder") oder die Bundesregierung das wirklich? Manchmal ist es überlebenswichtig, die langfristigen Auswirkungen zu berücksichtigen und den bekannten Lobbyisten etwas abzuverlangen bevor sie etwas bekommen. Es kann woanders gespart werden. Arbeitsplätze gehen dort vielleicht vorübergehend verloren, doch werden sie an anderer Stelle gewonnen! Dadurch wird gewährleistet, dass Bundesprojekte - wie z.B. das Elterngeld - nicht ins Leere laufen, Familie und Beruf für beide Elternteile vereinbar werden und endlich die wirklich wichtige, die gesamte Gesellschaft tragende Arbeit - nämlich eine frühe gute Erziehung und gute Bildung - die Priorität und gesellschaftliche sowie finanzielle Wertschätzung erhält, die sie verdient hat!

  • T
    Tina

    Morgen gibt es von Koch & Co. wohl wieder die Forderung zur Erhöhung der GEZ-Gebühren und Haushaltsabgabe, damit die ihre Propaganda unter das Volk bringen können und sich auf gut bezahlten Posten ausruhen können.

     

    Wir brauchen dringend eine 100-prozentig transparente Abrechnung aller öffentlicher Ausgaben.

  • TB
    Tad Baste

    Subjektiv macht Herr Koch doch alles richtig.

     

    Bis die so in Verwahrlosung und Unbildung zurückgelassenen Kinder wählen dürfen, hat er sich längst abgesetzt und - seine Freunde im Geiste werden ihm ein Denkmal setzen - viele davon den braunen Volksverdummern in die Arme getrieben.

     

    Pfui deibel!

  • JK
    Juergen K

    Die geplanten Steuererleichterungen wurden vom qähler gestoppt.

     

    Da nuss doch dann MEHR für andere Aufgaben zur Verfügung stehen.

     

    Und nicht weniger.

  • HH
    Hans-Jürgen Hedermann

    Sparmassnahmen bei der Bildungs- und Familienpolitik sind ein Schlag gegen die Zukunft des Landes.

  • CR
    Cordula Rützel

    man kann nur hoffen, dass die Menschen in diesem Land endlich aufwachen, bei den nächsten Wahlen ihren Hintern bewegen und nicht lethargisch sagen: "Das bringt ja doch nichts."

    Wenn dieses Land nicht in jeglicher Hinsicht "vor die Hunde" gehen soll, muss sich was bewegen. Die Anfänge hat NRW gemacht, Rheinpflaz ist nächstes Jahr dran und ich hoffe ganz stark, dass sich etwas bewegen wird, dass gekämpft wird, dass den Lobbyisten ein Riegel vorgeschoben wird, dass das Geflecht Politik-Wirtschaft aufgebrochen wird - kurz das ALLE Menschen wieder die Möglichkeit haben menschenwürdig zu leben.

  • JK
    Juergen K

    Das ist doch garantiert nur wieder

     

    DAS, was ALLE denken.

  • SZ
    Sascha Z.

    kann man nicht endlich die immunität einiger politiker aufheben und dafür sorgen das diese vom fenster verschwinden? das nimmt doch sonst nie ein ende...

  • F
    Fawkrin

    Wer weiss, wie es an den hessischen Grundschulen in sozialen Brennpunkten aussieht, weiss auch, wie wenig ein Hr. Roland Koch und seine Partei auf die Zukunft vieler Kinder gibt: Gar nichts.

  • A
    A.W.G.

    Nur weiter so Schwarz-Gelb, dann reichts bei der nächsten Wahl ganz bestimmt für ein rot-grünes Bündnis aus Linke und den Grünen.

  • C
    claudia

    Jetzt werden natürlich Sparvorschläge noch und nöcher serviert. Und niemals niemals wird dabei übers Militär gesprochen. Der Etat mit dem größten Einsparpotential wird sorgfältig abgeschirmt.

     

    Es würde mich nicht wundern, wenn die vielen Sparvorschläge direkt von Rüstungslobbyisten serviert würden...

  • A
    AlexsZander

    Deutschland ist was frühkindliche Bildung und Betreuung angeht sowieso schon deutlich auf den hinteren Rängen im internationalen Vergleich der Industriestaaten.

     

    Wenn Koch jetzt auch noch die Ausgaben in gerade diesem Bereich senken will, demonstriert er in erschreckender Weise seine Ignoranz gegenüber den Erkenntnissen der Bildungswissenschaft, der Zukunft unseres Landes sowie dem Volkswillen.

     

    Traurig, dass solche Leute solch hohe Ämter in unserem Staat begleiten und deswegen ein Forum geboten bekommen, um ihren geistigen Dünnschiss derart publik zu machen.

     

    Armes Deutschland

  • L
    LucioLuciano

    Roland Koch wurde abgewählt; und klebt an seinen Pfründen!

     

    Roland Koch ist ein "überführter" Krimineller ( Verstoß gegen das Parteienfinanzierunggesetz - rechtskräftig überführt, statt eines Strafverfahrens für ihn, entließ er die beiden, ermittelnden Staatsanwälte und blieb wieder im Amt) Er möge sich gaaanz ruhig verhalten!!!

     

    Diese Bundesregierung verstößt in hochverrräterischer Weise gegen unsere Verfassung. Die Verschuldung- allein für die Einführung eines "Schattenhaushaltes" säße ein hanseatischer Kaufmann im Knast(zu Recht)- gefährdet die Gegendwart und die Zunkunft von mindestens 2 Generationen.

     

    Genau wie beim Konjunkturpaket I werden auch hier nicht die griechischen Schulden, sondern die Investitionen deutscher und internationaler Banken in Form von Staatsanleihen, sowie deren Ertäge gesichert.

     

    ...und das mit immer neuen deutschen Schulden.

     

    Das ist vollumfänglich: Hochverrat

  • D
    dieLINKE

    Kleinkinderbetreuung :

    Wer mit staatlicher Förderung Mütter dazu verleitet, ihre Kinder in staatliche Obhut zu geben, degradiert die Frau zur Gebärmaschine.

  • G
    GonZoo

    Mein Gegenvorschlag: sparen wir doch Roland Koch ein. Dadurch werden uns nicht nur rassistische und nach Ober- und Unterschicht spaltende Wahlkampagnen erspart, sondern auch jede Menge Kosten für unsinnige Projekte seiner Seilschaften, die in Hessen den Steuerzahler mit Unsummen belasten.