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Debatte über Mussavi-ErklärungIrans Opposition sucht Strategie

Das iranische Regierungslager und die Bewegung debattieren über eine Erklärung Mussavis. Geht es um die Reform oder die Überwindung der Islamischen Republik?

Ikone der Opposition: Frau mit Bild Mussawis. Bild: dpa

Eine Erklärung, die Mir Hossein Mussavi, einer der führenden Oppositionellen im Iran, zu Jahresbeginn veröffentlichte, hat sowohl im Lager der Regierung als auch innerhalb der Opposition Diskussionen entfacht, die für die weitere politische Entwicklung des Landes von entscheidender Bedeutung sein können.

In seiner Stellungsnahme betont Mussavi seine Treue zu der Verfassung der Islamischen Republik. Was er anstrebe, seien Reformen innerhalb des bestehenden Systems, die die maroden politischen Strukturen zugunsten einer Demokratisierung erneuern, die wirtschaftliche Katastrophe beenden und international das zerstörte Ansehen des Landes wieder herstellen sollen. Konkret stellt Mussavi demokratische Forderungen wie ein neues Wahlgesetz, die Aufhebung des staatlichen Monopols über Rundfunk und Fernsehen, Pressefreiheit, Freilassung politischer Gefangene, Freiheit der Versammlung, Anerkennung von Parteien und regierungsunabhängigen Organisationen oder Autonomie der Universitäten.

Die Anhänger der Regierung reagierten auf die Erklärung wie erwartet mit Beschimpfungen und Denunzierungen. Die ultrarechte Zeitung Keyhan bezeichnete Mussavi als Lakai ausländischer Mächte. Der Parlamentsabgeordnete Hamid Rasai wiederholt den Vorwurf und fordert die Bestrafung von Mussavi und anderen Oppositionsführern wie Mehdi Karrubi und Mohammad Chatami: "Sollten die Verantwortlichen ihren Pflichten nicht nachkommen, wird das revolutionäre Volk gemäß den Anweisungen Ayatollah Chomeinis eigenmächtig handeln."

Anders als die ultrakonservativen deuteten moderate Konservative die Erklärung Mussavis als Versuch, einzulenken. Am deutlichsten äußerte sich der ehemalige Oberkommandierende der Revolutionswächter und gegenwärtiger Sekretär des Schlichtungsrats, Mohsen Rezai. In einem öffentlichen Schreiben an Revolutionsführer Ali Chamenei vertrat er die Meinung, Mussavi sei von seiner ursprünglichen Forderung nach Rücktritt der Regierung und Neuwahlen abgerückt und habe "konstruktive Vorschläge" formuliert, die durchaus dazu geeignet seien, die Staatskrise zu beenden.

Solche Stellungnahmen beschleunigen die Spaltung im Lager der Konservativen, die sich bereits vor der Präsidentenwahl im Juni abzeichnete. Wichtige religiöse Instanzen sowie eine ganze Reihe angesehener Politiker, wie Parlamentspräsident Ali Laridschani oder der Teheraner Bürgermeister Mohammad Bagher Ghalibaf sind längst dabei, eine Gegenmacht zu der Regierung von Mahmud Ahmadinedschad aufzubauen.

Mussavis Erklärung hat aber auch innerhalb der Opposition kontroverse Diskussionen ausgelöst. Denn die Protestbewegung, die als "grüne Bewegung der Hoffnung" bezeichnet wird, ist keineswegs einheitlich. Während die Reformer - Mussavi, Karrubi, Chatami und ihre Anhänger - Änderungen im Rahmen der bestehenden Verfassung anstreben, hat der andere Teil der Bewegung einen Regimewechsel, einen demokratischen, von der Religion getrennten Staat zum Ziel. Dieser grundsätzliche Unterschied wurde insbesondere bei den schweren Unruhen Ende Dezember deutlich. Parolen wie "Nieder mit der Diktatur", "Iranische Republik" (statt "Islamische Republik"), das Verbrennen der Bilder von Chomeini und Chamenei und Forderungen nach Abschaffung des Systems der Herrschaft der Rechtsgelehrten, zeigen die unterschiedlichen Zielsetzungen innerhalb der Opposition.

Zahlreiche Webseiten betonen in ihren Stellungnahmen, dass sie zwar Mussavis Forderungen akzeptieren, nicht jedoch die Bekenntnisse zu der Verfassung. Sie weisen auf die achtjährige Regierungszeit Chatamis, in der kein Gesetz, das auf grundsätzliche Reformen zielte, durchgesetzt werden konnte. Diese Erfahrung zeige, dass der islamische Staat nicht reformierbar sei und Menschenrechte und Demokratie sich im Rahmen der bestehenden Verfassung nicht verwirklichen ließen.

Sollte es nicht gelingen, sich in der gegenwärtigen Etappe auf bestimmte Forderungen zu einigen, werden diese Kontroversen über kurz oder lang zu einer Spaltung der Opposition führen.

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2 Kommentare

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  • H
    Helen

    "Islam" bedeutet laut Wikipedia "Unterwerfung".

     

    Kultische Einübung von Unterwerfung kommt konservativen Herrschaftsinteressen wie auch kapitalistischen Ausbeutungsinteressen entgegen. (Das gilt vom "Islam" genauso wie von der Hirte-Schafe-Mythologie von Kreuzanbetern.)

     

    Ein Handeln, das mit "Unterwerfung" (="Islam") beginnt, ist und bleibt unterworfen und kann bei linearer Logik betrachtet nie selbstbestimmt werden, es sei denn bei antithetischer, dialektischer Logik, durch revolutionären Umschwung

     

    Insofern ist die Forderung nach Reform allenfalls eine Taktik, um unter tyrannischen Umständen überhaupt noch öffentlich etwas sagen und tun zu können.

     

    Echt und ewig ist das Anfangen ohne Ursache, ohne Voraussetzung, wie seinerzeit Platon im "Phaidros" sagte.

     

    Wer von Voraussetzungen, wie etwa einer Ideologie der "Unterwerfung" ausgeht, hat strategisch gesehen schon verloren. Eben das ist den iranischen Revolutionären von 1979 passiert, die (in gutem, aber verhängnisvollem Glauben) den Schah verjagt haben; sie haben den "Islam" (und Chomeinis Lehren) zur Voraussetzung genommen, anstelle der eigenen Ideen, und sie haben "Islam" ("Unterwerfung" und Diktatur bis hin zu Ahmadinedschad) bekommen.

  • R
    roterbaron

    "die Aufhebung des staatlichen Monopols über Rundfunk und Fernsehen, ....., Freiheit der Versammlung, ........oder Autonomie der Universitäten."

     

    Das sollten wir hier bei uns auch fordern... uns ist nicht bewusst das fast alles wofür im Iran protestiert wird bei bei uns schon längst nicht mehr erlaubt ist...