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Debatte VenezuelaDemokratie und Polarisierung

Kommentar von Raul Zelik

Die Berichterstattung der Presse nach der Wahl in Venezuela war falsch: Es geht um die Zukunft eines demokratischen Landes im Wandel.

Alles halb so wild? Venezolanische Elitesoldaten nach der Vereidigung des Präsidenten. Bild: ap

N ach dem knappen Wahlausgang und den anhaltenden Protesten der bürgerlichen Opposition zweifelt die Weltöffentlichkeit – allen voran die US-Regierung und internationale Leitmedien wie CNN oder El País – mal wieder am Zustand der venezolanischen Demokratie.

Zwar sind die Falschmeldungen der letzten Tage mittlerweile widerlegt: Die Toten sind nicht etwa Oppositionelle, die bei Zusammenstößen mit der Polizei ums Leben kamen, sondern Regierungsanhänger, die von Oppositionellen bei Angriffen auf staatliche Gesundheitsposten und andere öffentliche Einrichtungen getötet wurden.

Und auch die These der Wahlfälschung scheint vom Tisch. Nachdem 54 Prozent der Urnen, wie im venezolanischen Wahlsystem üblich, sofort nach Zufallsprinzip gegengezählt wurden, werden nun auch noch die fehlenden 46 Prozent manuell überprüft.

Bild: Kay A. Itting
Raul Zelik

ist ein deutscher Schriftsteller, Journalist und Politologe. Derzeit lehrt er als Professor an der Nationaluniversität Kolumbiens in Medellín.

Aber jetzt kehrt die internationale Presse zu ihrer alten Kritik zurück. Die politische Polarisierung bedrohe die venezolanische Demokratie in ihren Grundfesten. Das politische System sei am Ende, weil sich zwei fast gleich große Lager unversöhnlich gegenüberstehen.

Die Kritik ist verlogen

Diese Kritik ist nicht nur deshalb verlogen, weil die Polarisierung der letzten Tage maßgeblich von der von den internationalen Medien unterstützten Opposition ausging. Auch der Zusammenhang selbst lässt sich anders interpretieren: Die Heftigkeit des Konflikts hat nicht zuletzt damit zu tun, dass in Venezuela, anders als in den meisten anderen Demokratien der Welt, bei Wahlen tatsächlich über Politik und nicht nur über das Regierungspersonal abgestimmt wird.

In Europa konnte man in den letzten Jahren immer häufiger sehen, dass zentrale sozial- und wirtschaftspolitische Fragen vom Wahlausgang völlig unberührt bleiben. Egal wer gewinnt – die neoliberale Politik ist immer dieselbe. In Venezuela hingegen haben Wahlen noch Relevanz. Dort geht es eben nicht nur um die Zusammensetzung der Regierung, sondern auch um die Organisation der Wirtschaft, das Modell der Demokratie, die außenpolitische Ausrichtung, die Verteilung von Reichtum.

Und genau das ist auch der Grund, warum sich die politischen und gesellschaftlichen Lager in dem südamerikanischen Land so unerbittlich gegenüberstehen. Es geht um nicht weniger als die Frage: neoliberaler Kapitalismus oder lateinamerikanisch-sozialistischer Wohlfahrtsstaat. Wo sonst auf der Welt lässt sich behaupten, dass so grundlegende Fragen alle sechs Jahre einem Plebiszit unterzogen werden?

Der Ausgang war knapp

Aber wenn diese Behauptung stimmt, warum sind die Wahlen dann überhaupt so knapp für den Chavismus ausgegangen? Immerhin müsste doch die überwältigende Mehrheit der Venezolaner ein Interesse an der Fortsetzung der Sozialpolitik haben. Das hat zum einen zweifellos mit der Entwicklung des Chavismus selbst zu tun. Da Venezuelas Reichtum – nicht erst seit Chávez – vom Staatsapparat kontrolliert wird, wuchern hier Bürokratie und Korruption. Mit der sogenannten Boli-Bourgeoisie ist im Staat eine neue aufstrebende Oberschicht entstanden, die von der einfachen Bevölkerungsmehrheit ähnlich weit entfernt scheint wie die von der Opposition repräsentierten traditionellen Eliten.

Chávez galt vielen als Garant dafür, dass diese aufstrebende Oberschicht nicht völlig die Oberhand gewinnt. Doch viele hegen Zweifel, ob die neue Führung der Elitenbildung etwas entgegensetzen kann. Der zweite entscheidende Faktor ist der äußere Druck. Die öffentliche Meinung Venezuelas wird nach wie vor von privaten Medienkonzernen geprägt. Zwar ist im Ausland viel von der angeblichen Gleichschaltung der venezolanischen Presse die Rede, doch – mit zwei Ausnahmen – sind nach wie vor alle Tageszeitungen des Landes in den Händen der Opposition.

Und auch beim Fernsehpublikum haben die bürgerlichen Kanäle gegenüber dem Staatsfernsehen die Nase klar vorn. Dazu kommt weiterhin, dass die Opposition auch außenpolitisch offensichtlich über die mächtigeren Verbündeten verfügt. Es wäre recht naiv zu glauben, dass die Ereignisse der letzten Tage völlig zufällig waren. Die internationalen Leitmedien verbreiteten fast eine Woche lang Nachrichten, von denen sie leicht hätten wissen können, dass sie falsch sind.

Die Webseite der staatlichen Wahlbehörde CNE wurde durch eine Cyber-Attacke (angeblich aus Kolumbien) einen Tag lang lahmgelegt. Bewaffnete Oppositionsgruppen setzten staatliche Einrichtungen in Brand, und die US-Regierung, die in der Vergangenheit bei zweifelhaften Wahlergebnissen in Lateinamerika nur selten ein Problem gehabt hat, drängte darauf, den Sieg Maduros nicht anzuerkennen.

Es gibt gute Gründe

Offensichtlich gibt es in Venezuela zwischen Regierung und Opposition keinen eigenständigen politischen Platz. Man mag das bedauerlich finden, aber letztlich ist das in einem Prozess, bei dem es um nicht weniger als um die Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft geht, nicht besonders verwunderlich.

Sicher gibt es gute Gründe, dem venezolanischen Staatsapparat und Teilen der Regierungspartei PSUV zu misstrauen. Aber die Alternative dazu ist klar: die Rückkehr der alten Eliten und damit der neoliberalen, an Washington orientierten Politik. Der Oppositionskandidat Henrique Capriles hat sich in den letzten Monaten zwar bemüht, gemäßigt aufzutreten, und angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs an den chavistischen Sozialprogrammen festzuhalten.

Doch man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass von dieser Zurückhaltung im Fall eines Regierungswechsels nichts übrig bleiben würde. Die Opposition will zurück an die Macht, um die eingeleiteten Veränderungen rückgängig zu machen. Und dafür ist sie – wie sie in den vergangenen Tagen bewiesen hat – bereit, auf alle denkbaren Mittel zurückzugreifen. Die Polarisierung ist nicht der politischen Rhetorik geschuldet. Sie hat mit den zugrundeliegenden sozialen und ökonomischen Interessen zu tun. Es ist gut, nach Mäßigung zu rufen, damit sich der Konflikt nicht noch weiter verschärft. Aber es ist naiv, seine Ursachen zu ignorieren.

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37 Kommentare

 / 
  • T
    T.Steidl

    Sehr geehrtes TAZ Team

    Ich lebe derzeit, wenn auch noch nicht allzu lange, in Caracas und habe somit die Moeglichkeit alles Live mitzuerleben.

    Die Ausrichtung ihres Blaettchens ist ja weithin bekannt, aber ich habe selten eine Artikel gelesen der die Warheit so gekonnt verzerrt.

    Dass hier dann auch noch manche Leser die Korruption der Ven. Regierung mit der der deutschen vergleichen ist schlicht weg laecherlicher.

    Die Situation vor Ort ist katastrophaler als es sich irgendwer in Deutschland nur vorstellen kann.

    Klar hat Chavez den Armen extrem geholfen, ist auf sie zugegangen und hat viel fuer das Soziale Wohl getan! Das bestreitet hier Niemand.

    Fest steht jedoch, dass er es war, der eine Nation geteilt hat, einen Hass zwischen der Buergerschaft erzeugt hat, woraus ein aeusserst gefaehrliches Robin Hood Syndrom unter der armen Bevoelkerung entstanden ist. DAS leugnet hier ebenfalls niemand.

    Was Chavez durch beliebtheit und Charisma wettmachen konnte, regelt Maduro nun mit Repressionen.

    Ein Wahlbetrug wurde von diversen Quellen belegt, so dass sich selbst das CNE Tag fuer Tag um Kopf und Kragen redet, wenn sie mal wieder alle Sender blocken um auf allen Frequenzen zu senden.

    Apropos Propaganda, schreiben Sie ihrem Journalisten doch mal ein Empfehlungsschreiben. Solche geschickten Schreiberlinge wird Maduro in Zukunft aeusserst gut gebrauchen koennen!

     

     

     

    T.Steidl

  • CV
    Christian von Gunten

    So ein Schwachsinn habe ich selten gelesen! Die politische, wirtschaftliche und soziale Situation in Venezuela ist katastrophal! Sie scheinen wohl mehr Zeit an der schönen, stehts frühlinghaften Sonne von Medellin zu verbringen, als fundiert sich über die Lage in Venezuela zu informieren. Von Oppositionspolitikern, die im Parlament blugig geschlagen werden, Streichung von Gehältern von Oppositionspolitikern, Unterdrückung von Protestdemonstrationen gegen das Wahlresultat, Streichung von Bundesgeldern an Bundesstaat Miranda (Gouverneur Henrique Capriles Radonski), steht steigende Mordrate und Kriminalakte und katastrophale Sicherheitssituation, Massenauswanderungen von hochgebildeten Venezolanern, Zusammenschrumpfung der Wirtschaft (im speziellen die Ölwirtschaft), Perspektivlosikeit für Jugendliche, totale Verfilzung der "unabhängigen" demokratischen Institutionen, regelmässige Stromausfälle, ....

    Ich bin täglich mit Freunden und Bekannten in Venezuela im Kontakt und diese schildern mir ein völlig anderes Bild von Venezuela als ihres! Legen sie Ihre rosa Brille ab.

     

    Ich bin überhaupt kein Fan der USA, weder ein blinder Neoliberalist, aber was hier schreiben ist völliger Stumpfsinn.

     

    Es ist eine Respektlosigkeit gegenüber allen Venezolaner, solche Unwahrheiten in die Welt zu setzen!

     

    Noch ein kleiner Randnotiz. Warum leben Sie in Medellin, Kolumbien, da ja eine freie Wirtschaftsordnung so schlecht sei?? In Kolumbien gibt es sehr wohl noch viele ungelöste Probleme und Konflikte, jedoch befindet sich Kolumbien auf einem sehr guten Weg in eine vielversprechende Zukunft. Und es ist ja wohl kein Zufall, dass sie in der wunderschönen Stadt Medellin leben, wo man auch nachts noch mit guten Gefühl unterwegs sein kann und viele Freiheiten geniessen kann! Venezuela braucht einen ähnlichen Weg mit einer sozialen Marktwirtschaft, aber sicher keinen schwachsinnigen und klientelhaften Kommunismus!

  • H
    Hannes

    Lieber Forist Bernd!

     

    Sie blasen sich hier ja ganz schön auf und werfen mit Zahlen und Bezichtigungen um sich ("Hier wir gelogen, dass sich die Balken biegen"). Sie sollten vielleicht mal etwas ihr erhitztes Gemüt abkühlen, dass täte ihrer Glaubwürdigkeit und dem allgeinen Diskussionsniveau gut! Man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen, was die von Ihnen gefeirten Erfolge Lateinamerikas im Kampf gegen die Armut angeht: ja, es gab einige Fortschritte, aber das Niveau der Ungleichheit ist weiterhin erschreckend hoch. Ich könnte jetzt auch hier wieder Zahlen ins Feld führen, aber ich lasse das mal, sonst entwickelt sich hier ein dämliche Privatfehde mit einem Internet-Großsprecher...

  • B
    Bernd

    Meine Güte, hier wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Da soll vom Umstand, dass der gesamte Kontinent erfolgreich die Armut bekämpft hat, abgelenkt werden indem von Gegenbeispielen geredet wird. Tatsächlich gibt es auf dem Kontinent aber nur ein oder zwei Länder, die in einer Sondersituation stecken. Da werden außerdem völlig unterschiedliche Zeiträume miteinander verglichen, um die Fakten in eine gewünschte Richtung zu drehen. Mexicos Armut z.B. sank im ersten Jahrzehnt laut cepal von rund 39% auf 32%. Fox, der Vorgänger Calderons war nicht weniger konservativ. Darin kann also nicht die Ursache für einen Rückschlag in der Armutsbekämpfung in den letzten Jahren gesucht werden. Die weltweite Wirtschaftskrise trifft ein industrialisiertes Land wie Mexico härter als reine Rohstoffexporteure. Dazu kam die zunehmende Gewalt der Drogenkartelle, dessen Bekämpfung unheimlich viele Ressourcen schluckt. Das wird von Cepal als Hauptursache genannt.

    An anderer Stelle wird das Carter Center als Beweis für saubere Wahlen angeführt. Scheinbar ist das öfter passiert, sodass sich das center in einer Pressemeldung genötigt sah, folgendes statement abzugeben: "In its role of electoral accompaniment, which differs from electoral observation, The Carter Center will not present an evaluation of the overall electoral process"

    Erbärmlich, wie Fakten verdreht und aus dem Zusammenhang gerissen werden, um Propaganda zu machen, wenn die echten Argumente fehlen.

  • S
    @Sabine

    Diesen Vorwurf kannst du Herrn Zelik nicht machen. Er schreibt zwar aus der sicheren Entfernung des "neoliberalen" Nachbarlandes, war aber sicher schon ab und zu vor Ort. Das Problem ist einfach, wenn man mit einer gewissen ideologischen Grundeinstellung mitten drin ist, sieht man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht.

    Ich kenne dieses Phänomen von der eigenen Verwandschaft in Ecuador. Wenn man nicht den distanzierten Blick hat, sondern mitten drin ist, freut man sich erstmal über die schicken neuen Autobahnen und bewundert den charismatischen Redner (beides kennen wir ja auch aus der deutschen Geschichte) und hält es für völlig o.k., wenn kritische Journalisten verklagt werden. Zumal man ja wöchentlich in fünfstündigen Ansprachen eingetrichtert bekommt, dass das alles von der CIA bezahlte Faschisten sind.

  • H
    Hannes

    Liebe Foristin Sabine,

     

    sie können sich sicher sein, dass sich Herr Zelik vor Ort,in Venezuala, bestens auskennt und daher bestens qualifiziert ist, sich zu diesem Thema zu äußern. Herr Zelik hat eine Professur in Kolumbien -einem Nachbarland Venezuelas- und ist daher vermutlich häufig in Südamerika.Zudem schreibt er seit Jahren über Venezuela.

    Ich selbst war auch schon eine Zeit in Venezuela und habe positive Erfahrungen gemacht. Die Zeit unter Chavez wird von vielen Menschen als Zeit der Ermächtigung wahrgenommen. Die Marginalisierten haben ein neues Selbstbewusstsein bekommen und vielen geht es auch materiell erheblich besser als vorher.Das ist ein Fakt- darum hat Chavez alle Wahlen gewonnen. Es ist einfach nicht wahr, dass nur Chavez' Parteiapparat vom "bolovarischen Sozialismus" profitiert hat.

    Noch eine kurze Anmerkung zum etwas zu süffisanten Kommentar des Foristen Bernd, der - wohl auch mich bezogen - von "Salonsozialisten" spricht. Es mag sein, dass es eine insgesamt rückläufige Armutsrate in Südamerika gibt. Es gibt aber auch relevante Gegenbeispiele wie Mexiko, dessen Armutsrate - trotz ordentlicher Wirtschaftsentwicklung- unter dem konservativen Calderon gestiegen ist..

  • B
    Bernd

    Allen, die beim Thema Venezuela gern mit Armutszahlen um sich werfen, sei einmal der jährlich von der UN Organisation CEPAL (www.cepal.org) veröffentlichte Bericht "Social Panorama of Latin America" ans Herz gelegt. Schnell wird aus Propaganda ein nüchterner Zahlensalat. Da erkennt man z.B., dass Venezuela tatsächlich im vergangenen Jahrzehnt die Armutsrate von rund 49% auf rund 28% reduziert hat. Man erkennt aber auch, was in diesem Zusammenhang gern verschwiegen wird: dass dies ein genereller erfreulicher trend des ganzen Kontinents ist (Lateinamerika: von 37% auf 26%) und dass selbst neoliberale Länder wie Chile (wo nicht einmal die Sozialistische Regierung Bachelets vom Marktwirtschaftskurs abgegangen ist) auf diesem Gebiet Erfolge feierten (Chile: von 21% auf 12%). Es scheint also neben dem gern gefeierten Sozialismus des 21. Jahrhunderts andere Ursachen für die erfreuliche Armutsreduzierung zu geben. Die wichtigste dürfte unbestreitbar der massive Rohstoffpreisboom des vergangenen Jahrzehnts sein. Will man sich dann evtl. ein etwas umfangreicheres Bild verschaffen und vergleicht weitere Daten (z.B. BIP-Wachstum, Inflation, Kriminalitätsrate etc.) Venezuelas mit dem Rest des Kontinents, sieht das Bild schon deutlich trüber aus.

    Trotzdem möchte ich kein Miesepeter sein und ziehe den Hut vor dem verstorbenen Hugo. Auch wenn er bei Sicherheit oder Wirtschaft hinterherhinkte, hat er es wenigstens bei den Armutsbekämpfung (und dort lag sicher seine Priorität) geschafft, dem allgemeinen positiven Trend Lateinamerikas zu folgen. Das ist lobenswert. Dass diese eine Zahl aber den europäischen Salonsozialisten genügt, um einen großen Propagandaballon aufzublasen, lässt mich immer wieder schmunzeln.

  • S
    Sabine

    Am besten der ein oder andere begiebt sich mal persönlich nach Venezuela und unterhält sich mit den Leuten auf der Straße. Das zumeist größte angesprochene Problem ist die ausufernde Gewalt, Korruption und Misswirtschaft. Nach 12 Jahren Herrschaft mit dreimal soviel Staatsetat als die BRD hätte mehr erreicht werden können bzw. eine Verschlimmerung der Sicherheits- und wirtschftlichen Situation für viele Menschen verhindert werden können. Diejenigen, die am meisten profitieren, finden sich nicht in der armen Bevölkerung sondern im verwandschaftlichen Umfeld der Herrschenden.

     

    Ein Vor-Ort Besuch hat schon vielen geholfen sich von romantischen Vorstellung des Sozialismus ala Chavez zu verabschieden. Ich kann es nur jedem, vor allem Ihnen Herr Zelik, empfehlen!

  • H
    Hannes

    Endlich ein Artikel jenseits des Mainstream. Obwohl Herr Zelik eine klare Position bezieht, bleibt er differenziert,indem er die realen Probleme in Venezuela nicht verschweigt.

     

    Danke, Herr Zelik! Der Artikel scheint ja einige Foristen mächtig aufzuschrecken (z.B. Claudia) - und das ist auch gut so! Zu den Erfolgen von Chavez' Regierungszeit kann ich nur auf UN-Zahlen verweisen:die Armutsrate in Venezual konnte unter Chavez von 50% auf 26% gesenkt werden.

  • T
    @Taz-Abonnent

    Wenn du auf Artikel wie diesen hier stehst, wirst du bei der Taz nicht glücklich. Da wird sowas hin und wieder zu lesen sein, aber oft auch Dinge, die dir nicht gefallen, wie du schon selbst festgestellt hast. Schau dir nur mal die Artikel zur Wahl in Venezuela an. Zu groß ist bei dieser Zeitung die Autoren- und Meinungsvielfalt, um ausschließlich Ansichten wie diese hier zu lesen. Wer das möchte, ist als Linker wahrscheinlich bei Junge Welt oder Neues Deutschland besser aufgehoben.

  • L
    latina

    interessehalber habe ich hier auch mal diesen Artikel zu Venezuela gelesen und bin enttäuscht. Hatte es aber nicht anders erwartet, gute seriöse Berichterstattung habe ich hier bisher noch nicht entdecken können. Ihc war selbst lange Zeit und oft in Venezuela und ich kenne die Zustände nach der Machtübernahme durch Chavez und deren Folgen. Ich habe in einem kleinen Dorf im estado Sucre gelebt und dort wurde den Menschen seit Chavez mehr genommen als gegeben. Das sehr arme Dorf hatte die Unterstützung durch eine international organisierte Gruppe von Betreuern für junge Studenten, die in Venezuela ein Auslandsjahr oder Volontariat machen wollten. ALLE Einnahmen kamen dem Dorf zu gute. ES wurde eine kostenlose (!!!) Schule gebaut, Strasse errichtet, Wohnungen gebaut etc. Diese "Firma" wurde von Chavez enteignet!!!!! Privatbesitz darf es ja nicht geben!!!! Durch organisierte Überfälle auf dieses Gebiet und die Urlauber trugen zusätzlich dazu bei, die Einnahmen rapide zu verringern... wer will schon mit einem Maschinengewehr im Rücken überfallen werden??? Ist auch mir zweimal passiert und bin deshalb auch wieder in Deutschland. Ich denke, die meisten hier, haben überhaupt keine Vorstellung von Südamerika. Dort herrscht Gewalt und dann lange nichts. Es geht dort schlicht ums Überleben und auch bei Wahlen darf man nicht vergessen, dass die Bevölkerung absichtlich dumm gehalten wird (wenig Schulen etc.) und gar nicht wirklich beurteilen kann, was gut für sie wäre... Die meisten haben auch einfach Angst. Alle paar 100 Meter steht ein punto control mit Polizei, die jeden der daran vorbeikommt abkassiert und schikaniert.... "Herzlichen Glückwunsch" Maduro, schade für die armen Venezolaner so aber wird das Land weiter verarmen...

  • T
    Taz-Abonnent

    Vielen Dank für diesen Artikel.

    Er hat mich von meinen Überlegungen abgebracht, mein taz-Abo zu kündigen, um Geld zu sparen.

    Ich lese diesen Artikel und denke: Darauf wäre ich nie gekommen, aber es stimmt!

     

    Endlich kann ich etwas Anderes als Kurzinfos von Nachrichtenagenturen (die besonders im Fall Südamerika immer mit Vorsicht zu genießen sind)lesen!

    Das erwarte ich eigentlich auch von Artikeln einer linken Tageszeitung und keine BH-Diskussionen oder unsägliche Interviews mit Sarah Wiener o.ä..

    Nochmal vielen Dank

  • S
    Skeptiker

    Meine Güte, hier wird an manchen Stellen völlig am Thema vorbeidiskutiert.

    Demokratie oder Nicht? Dafür ist es doch völlig unerheblich, ob bei den Wahlen geschummelt wurde oder nicht. Eine Demokratie ist doch viel mehr als „nur“ faire Wahlen. Funktioniert die Gewaltenteilung? Sind die staatlichen Institutionen unabhängig? Hat die Exekutive Einfluss auf die öffentlich rechtlichen Medien? Hat die Exekutive bereits unter Ausschluss der Legislative per Dekret regiert? Das sind die Fragen, die wir uns stellen müssen und nicht, ob vielleicht ein paar Parteifunktionäre den Wählern wie in den Videos über die Schultern geschaut haben. Das ist unwichtig.

  • L
    @latino

    "...und Typen wie Vogt, der die Lügen der Faschisten einfach reproduzier, mal kurz die Klappe halten."

     

    Tja ich weiß, in vielen Ländern auf deinem Kontinent müssen Journalisten tatsächlich öfter mal "die Klappe halten" (Bsp. Emilio Palacio in Ecuador). Deswegen ist es wohl nicht so einfach für dich, sich daran zu gewöhnen. Aber hierzulande ist es eben so. Da dürfen in ein und der selben Zeitung "Typen wie Vogt" oder ein Paul Zelik den Mund aufmachen. Man nennt das Pluralismus, Demokratie oder auch Meinungsfreiheit. Ich bin sicher, auch du wirst dich daran gewöhnen und lernen, dass das ein wunderbares Geschenk ist, für das man nicht genug dankbar sein kann.

  • K
    Klartext

    Warum so um den heißen Brei reden. Sprechen wir aus, wie es ist. In Venezuela ging es vielen Menschen so mies, dass sie bereit waren "für ein Linsengericht auf grundlegende Freiheiten zu verzichten". Ein ehemals putschender Militär war so clever, das zu erkennen und hat sich mit der Verteilung von Linsengerichten die Macht auf Lebenszeit und damit Ruhm, Reichtum und einen Platz in der Ahnenreihe vergötterter, im Mausoleum ausgestellter großer Führer gesichert.

     

    Nur eine Frage sei gestattet: Warum gibt es nach 15 Jahren sozialistischer Revolution und einem nie dagewesenen Ölpreisboom immer noch so viele Menschen, die vom täglich verteilten Linsengericht abhängig sind. Natürlich geht es denen damit viel besser als vorher! Aber ist es naiv zu glauben, dass die Abhängigkeit vom täglich verteilten Linsengericht gewollt ist, weil nur das die breite Wählerschicht und damit die Macht garantiert? Immer im Hinterkopf behalten: 1998 kostete ein Fass Rohöl 10 USD, heute über 100 USD!!!

  • C
    Claudia

    @Sebastian

    Was Sie anführen sind keine Fakten sondern Spekulationen. Woher wissen Sie, wie die alten Eliten auf eine andere Art der Sozialreformen reagiert hätte? Sind sie Hellseher? Fakt ist: in anderen Ländern des Kontinents wurde den Oligarchen von Sozialisten die Macht beschnitten und wurden Sozialreformen durchgeführt, ohne dass es zu einer totalen Spaltung der Gesellschaft geführt hätte. Schonmal was von Konsens gehört? Bei Venezuela fällt mir nur ein: „Wie man in den Wald hineinbrüllt, so schallt es heraus!“

     

    @Raul Zelik

    Fakt ist: Venezuela ist keine Besonderheit, wenn es alle 6 Jahre über zwei grundlegende Systeme abstimmen kann. Fakt ist: In Deutschland tun wir das auch alle 4 Jahre. Fakt ist: Seit Bestehen der Bundesrepublik haben sich die Wähler trotz vorhandener Alternativen auf dem Wahlzettel immer für irgendeine Ausprägung der sozialen Marktwirtschaft (Ich vermeide bewusst den Mode- und Kampfbegriff Neoliberalismus, weil die Journalisten etwas anderes unter ihm verstehen als seine eigentliche wirtschaftswissenschaftliche Bedeutung ist) entschieden. Auf diese Fakten mit der Spekulation darüber zu antworten, was evtl. passieren könnte, wenn die Wähler mal anders reagieren, ist unseriös und albern.

     

    @Martin

    Es ist völlig unerheblich, ob Sie den Sozialismus der NSDAP für einen Sozialismus halten oder nicht. Fakt ist: In den 30ern standen die Menschen bei den Wahlen vor der Entscheidung zwischen ganz grundlegenden Fragen bzgl. des künftigen Weges (Kapitalismus, Nationalsozialismus, Kommunismus …) Und Fakt ist: Der Autor erweckt am Beispiel Venezuelas den Eindruck, eine solche Situation sei wesentlich demokratischer als das, was wir heute in den meisten anderen Ländern bei Wahlen sehen. („Wo sonst auf der Welt lässt sich behaupten, dass so grundlegende Fragen alle sechs Jahre einem Plebiszit unterzogen werden?“)

  • M
    Martin

    In dem Kommentar von 'Claudia' wird in Bezug auf die deutsche Geschichte (1933) hinsichtlich der NSDAP von einem 'nationalen Sozialismus' gesprochen. Diese Tatsachenbehauptung ist falsch: die NSDAP führte keinen Sozialismus in Deutschland ein, sondern verbot die sozialistischen und kommunistischen Parteien und Organisationen sowie die Gewerkschaften und ermordete die Sozialisten, Kommunisten und Gewerkschafter in den Konzentrationslagern. Der Begriff 'nationaler Sozialismus' war ein Propagandabegriff der deutschen Faschisten. Seine Verwendung im Sinne, er sei ein Tatsachenbegriff, stellt eine Verharmlosung der NS-Bewegung und der KZ-Morde dar und ist insofern als Straftat zu werten.

  • H
    Henry

    Schämt sich der Autor nicht, sich mit diesem unerträglich vulgären, korrupten & brutalen Chavez-System gemein zu machen??

     

    Ach, aber nein: die Linke (Südamerikas) fühlt sich natürlich noch immer generell "Washington & Co." moralisch überlegen! Wirklich bar jeder Vernunft!

  • L
    latino

    Danke Raul.

     

    Es ist wichtig, dass die Lügen des Faschisten Capriles, seiner Herren und seiner Vasallen (Grupo Prisa) aufgedeckt werden.

     

    Capriles hat nie formal die Wahl angefochten; dabei wäre es so einfach für ihn, denn er ist Anwalt.

     

    Capriles-Horden haben Dutzende medizinische Einrichtungen (wie krank muss man sein?!), eine Kita (krank bis zum Schluss) und PSUV-Einrichtungen und Individuelle angegriffen und 8 Menschen teils durch Kopfschuss einfach ermordet.

     

    Es ist gut, dass die taz einen Fachmann sprechen lässt und Typen wie Vogt, der die Lügen der Faschisten einfach reproduzier, mal kurz die Klappe halten. Ich hoffe ich muss den eine Weile nicht mehr lesen, blamiert hat er sich genug...

  • E
    Erbsenzähler

    Nochmal langsam zum mitschreiben: Die meisten Vorwürfe bzgl. Betrugs beziehen sich nicht auf die Zahl der Stimmen in den Urnen und/oder Wahlcomputern sondern auf die Art und Weise, wie sie da rein gekommen sind. Es gibt jede Menge Videomitschnitte, die zeigen, wie Offizielle den Menschen im Wahllokal bis hinter die Trennwand gefolgt sind und dort bei der Stimmabgabe zuschauten und/oder assistierten.

    Aus diesem Grund bin ich der Überzeugung, dass das Nachzählen der Stimmen völlig sinnlos ist.

  • F
    Fidelist

    Mal sehen, ob das Militär nicht auch zweigeteilt ist, und nach südamerika. Manier, mit nordamerika. Unterstützung, noch geputscht wird. Brandheiße Lage.

  • T
    toddi

    Nochmals, Danke Paul Zelik (so boxt der Meister) für Ihre Kompetenz und prompte Reaktion auf die Postings der "Neunmalschlauen" das erspart mir einen längeren Beitrag (wo mal wieder 2000 Zeichen nicht ausreichen würden)siehe http://www.taz.de/Praesidentschaftswahl-in-Venezuela/Kommentare/!c114789p3275/#send-comment.

    @Claudia Wenn sich die nicht zuletzt von außen zusammengezimmerte, nur von Klassenkampfprinzipien zusammengehaltene "Opposition" in ihre Einzelparteien und Lobbys strukturieren würde (ala Westen) dann hätten sie auch Wahlergebnisse wie im Westen so max 25% wenn sie Glück haben. Gegen wieviel gleich 50,66 % Mir wäre es recht ;-) .

    @ Erbsenzähler Das die Carterstiftung 600000 tote Wähler übersehen haben sollen glauben Sie ja wohl selbst nicht - und was das herumreiten auf diesen zwei Videos angeht, machen wir es doch so. Maduro gibt eine Stimme ab und Capriles zwei - das so scheint es ist die Aussage dieser Filmchen.

    Aber selbst das relativ hohe Abschneiden Capriles hat auch diese Ursache (abgesehen von pünktlich in Wahlzeiten auftretenden Engpässen) er hat Versprechungen gegeben die er Angesichts seiner Sponsoren nicht halten kann (insbesondere was die Sozialprogramme angeht) wie bezeichnet man dies im Westen Richtig - Wahlbetrüger. Aber auch das eint ihn mit den Eliten im Westen -was schert mich mein Geschwätz von gestern , ganz genau wie hier zuhause ...

  • W
    Willi

    Danke für diesen Artikel Raul Zelik. Die taz disqualifiziert sich ja in ihrer sonstigen Berichterstattung über Venezuela jedes mal von selbst. Genau die Falschmeldungen oppositioneller venezolanischer Medien, die Raul Zelik hier aufzählt wurden die letzte Woche in verschiedenen Artikeln dieser Zeitung verbreitet. Wenn bürgerliche Leitmedien, wie FAZ, SZ oder Welt sowas tun, dann ist das aus einem ideologischen Standpunkt nachvollziehbar.

     

    Wenn die TAZ, als "linke" Zeitung solche Märchen reproduziert, dann muss auf journalistische Unfähigkeit geschlossen werden. Ganz und gar schizophren wird es, wenn dann nach einer Woche Falschmeldungen ein objektiver Artikel wie der von Zelik publiziert wird. In dem ganzen Wirwarr an konträren Meldungen erscheint die Richtigstellung Zeliks dann auch nur wieder als ein möglicher Standpunkt...

     

    Man Fuck! In Venezuela wurden letzte Woche 8 Menschen von Oppositionellen getötet und Krankenhäuser und Supermärkte angezündet! Die Opposition erkennt bis heute das Wahlergebnis nicht an, hat aber immer noch keinen offiziellen Antrag bei der Wahlbehörde gestellt! Das sind Fakten!

  • S
    Sebastian

    @Claudia:

    "... dass in Venezuela dank Chavez ein gesellschaftlicher Wandel zum Klassenkampf aufgeblasen wurde."

     

    Nichts für ungut, aber das ist schon arg naiv. Sie tun ja gerade so, als hätten die venezolanischen Eliten (den zweifellos notwendigen) gesellschaftlichen Wandel einfach so hingenommen.

    Informieren Sie sich ein wenig und Sie werden bald feststellen, dass dies nachweislich falsch ist. Es gibt auch so etwas wie Klassenkampf von oben.

    Ich empfehle ihnen die Doku (sofern Sie die noch nicht kennen): "The revolution will not be televised"

    Vielleicht verhilft Ihnen das zu einem etwas differenzierteren Blick auf die Geschehnisse in Venezuela.

  • D
    Deblockierer

    Der Artikel von Paul Zelik wird wohl authentisch sein, verehrte VerurteilerInnen!

    Wer so nah an der Region ist und offensichtlich unabhängig von einer Redaktion seine Erkenntnisse publiziert, erscheint mir glaubwürdig, im Gegensatz zu den neoliberalen Mainstream-"Journalisten"!

    Korruption ist allerdings in keinem gesellschaft-lichen System ausgeschlossen und kann die besten Ansätze zunichte machen. Auch in Deutschland gibt es immer mehr Scheindemokratie, bis es dem Volk wieder einmal reicht. Ich weiß wovon ich spreche, denn ich habe die herrlichen Tage der Runden Tische im Osten staunend und beglückt erlebt, bis dann die "demokratische" Wahl im März 1990 deren Ergebnisse konterkarierte.

  • DP
    Daniel Preissler

    Vielen Dank für den guten Text und für Ihre informative Rückmeldung auf einen Kommentar!!

  • TT
    Tom Tom

    Fuer Dieter

     

    Du kannst doch nicht das System gutheissen nur weil es den Armen marginal besser geht? Natuerlich ist das lobenswert aber doch nicht ausreichend das den kleineren Teufel zu waehlen der im Ende das Land in einen Zustand fuehren wird (Infrastruktur etc.) die einen starken Ruck nach rechts erst ermoeglichen wird, da das Land so weit hinter seine peers gefallen sein wird. Die Almosen werden dann relativ.

  • RZ
    Raul Zelik

    @Claudia: Selbstverständlich war das Land schon vor der Medienberichterstattung geteilt. Genau das ist meine These: Es ist seit Jahrzehnten geteilt, sozial, man nennt das Klassen. Der Chavismus hat diese Widersprüche politisch artikuliert, und das hat die traditionellen Eliten - anders als in Chile und Brasilien - teilweise entmachtet. Venezuela ist laut CEPAL im Übrigen auch einiges der wenigen Länder, in denen die Einkommensunterschiede deutlich abnehmen - ein entscheidendes Ziel, wenn man den Gleichheitsanspruch ernst nimmt.

     

    Zu Wahlen in Deutschland: Ich kann leider keinen Unterschied feststellen, ob mich CDU oder SPD, PP oder PSOE, Sarkozy oder Hollande regieren. Aber sicher, es stimmt: Es gibt auch andere Parteien. Wenn bei uns allerdings eine nicht-neoliberale Partei über 25% käme, dann wäre hier der Teufel los. Denn dann ginge der Widerstand von oben los. Das Bündnis von Kapitalismus und Demokratie ist am Zerbrechen; sehr kompetent dazu: Wolgang Streeck "Gekaufte Zeit" (Suhrkamp)

     

    @Fotoredaktion: saublödes Bild da oben. Die Elitesoldaten hatten mit den Unruhen der letzten Tage überhaupt nichts zu tun.

     

    @Erbsenzähler: Das venezolanische Wahlsystem funktioniert doppelt. Es wird elektronisch abgestimmt, der ausgedruckte Wahlzettel wird vom/n der Wähler/in überprüft und dann in eine Urne gesteckt. Nach Zufallsprinzip werden danach etwas mehr als 50% der Urnen geöffnet und ihr Resultat mit dem der elektronischen Abstimmung gegengeprüft. Internationale Wahlbeobachter, darunter auch das Carter-Center halten dieses System für eines der sichersten weltweit.

  • I
    IvokainKrieg

    Immer wieder muß ich auf Antonio Gramsci hinweisen. Eine nachhaltige soziale Bewegung muß auch den alten Gegnern erklären können warum sozialer Friede besser für Alle ist und effizienteres Arbeiten für Alle ermöglicht. Es ist höchste Zeit die letzten Einkünfte aus dem Ölgeschäft dazu zu verwenden die Bildung nach Antonio Gramsci zu verbreiten, so das beide Seiten einsehen das jeder ein Teil von Wahrheit hat. Wenn die einen einsehen das Arbeit und Wohlstand wieder zusammengehören und die Anderen das Wohlstand und Friede zusammengehört, können sie auch gemeinsam die Zeit nach den Öleinnahmen gestalten. Sofiele begeisterte Leute in einem Land werden doch die Kraft aufbringen die nächste Stufe der Veränderung anzugehen.

    Soviel, sokurz.

  • C
    Claudia

    Der Autor widerspricht sich selbst:

     

    „Diese Kritik ist nicht nur deshalb verlogen, weil die Polarisierung der letzten Tage maßgeblich von der von den internationalen Medien unterstützten Opposition ausging.“

     

    Ein Blick auf das Wahlergebnis sollte dem Autor genügen, um festzustellen, dass das Land schon vor der jüngsten Medienberichterstattung in zwei Teile geteilt war und das ist der Verdienst von Chavez. Man muss sich doch nur die Kriegsrhetorik öffentlicher Ansprachen anhören. Dagegen sind die internationalen Medien Waisenknaben.

     

    „Es geht um nicht weniger als die Frage: neoliberaler Kapitalismus oder lateinamerikanisch-sozialistischer Wohlfahrtsstaat. Wo sonst auf der Welt lässt sich behaupten, dass so grundlegende Fragen alle sechs Jahre einem Plebiszit unterzogen werden?“

     

    Eben hat der Autor noch behauptet, die Polarisierung ginge auf das Konto von Opposition und Medien und jetzt zeigt er selbst, dass in Venezuela dank Chavez ein gesellschaftlicher Wandel zum Klassenkampf aufgeblasen wurde. Dieser ganze Revolutions- und Neeoliberal-gegen-Sozialismus-Käse ist die Ursache der Spaltung der Gesellschaft und sowas von unnötig. Dass es auch in Südamerika anders geht, zeigen die guten Beispiele von Chile und Brasilien. Dort haben die Sozialisten Bachelet und Lula ihrem Land ganz ohne Polarisierung neue Wege gezeigt.

     

     

    Übrigens werden so grundsätzliche Fragen in sehr vielen Ländern dem Plebiszit unterzogen, in Deutschland sogar alle 4 Jahre. Der Autor sollte mal einen Blick auf einen Bundestagswahlzettel werfen. Da geistern mehr als nur zwei Ideologiegespenster rum. Neben Neoliberalen und Sozialisten stehen da auch Liberale, Konservative, Nationalsozialisten, Marxisten, Trotzkisten, Anarchisten etc. etc. zur Wahl. Das am Ende immer mehr oder weniger das gleiche rauskommt, liegt offensichtlich an der Ansicht der Wähler, an erprobten und erfolgreichen Konzepten wie der sozialen Marktwirtschaft festhalten zu wollen. Im Gegensatz zu Venezuela haben die meisten Länder eben schon genügend historische Experimente hinter sich (auch ganz grundlegende Fragen wie z.B. die Wahl zwischen kapitalistischer Weimarer Demokratie oder nationalem Sozialismus) und keine Lust mehr auf Revolutionsgeschwafel oder einen Heilsbringer.

    Eine solche Gesellschaftliche Spaltung also für demokratischer zu halten als leichte Stimmverschiebungen zwischen SPD und CDU alle 4 Jahre zeugt von mangelndem Geschichtsverständnis.

  • E
    Erbsenzähler

    „Und auch die These der Wahlfälschung scheint vom Tisch. Nachdem 54 Prozent der Urnen, wie im venezolanischen Wahlsystem üblich, sofort nach Zufallsprinzip gegengezählt wurden, werden nun auch noch die fehlenden 46 Prozent manuell überprüft.“

     

    Wieso soll sie dadurch vom Tisch sein?

    Zum Glück gibt es das World Wide Web, auf dass die korrupten venezolanischen Funktionärseliten keinen Einfluss haben. Die meisten Fälschungsvorwürfe beziehen sich nicht auf falsches Auszählen. Deswegen wird die Nachzählung natürlich nichts am Ergebnis ändern. Solange Videos wie diese beiden zu sehen sein werden, wird auch die These von der Wahlfälschung Bestand haben.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=ezN8VVZKOd4

     

    http://www.youtube.com/watch?v=mQ7OZqI0Ir0

  • Z
    zensiert

    schön, auch in deutschen zeitungen einen unabhängigen artiekl zu venezuela zu finden! danke dafür.

  • V
    vic

    Dachte schon, ich muss einen feurigen Kommentar zugunsten Venezuelas Wahlausgang schreiben, doch ich wurde angenehm überrascht.

    Raul Zelik schreibt worum es geht, und das ist nicht den Eliten und USA zu gefallen.

    Venceremos!

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Besser kann man mit dem verstorbenen Chavez kaum kuscheln.

  • D
    dieter

    Sehr guter Artikel, Danke, das wurde auch Zeit!

     

    @TomTom

    Nach deiner Definition gibt es in keinem Land Demokratie, oder willst du etwa ernsthaft behaupten unsere Regierung ist weniger korrupt?

    Bimbes-Helmut, Gazprom-Gerd, 100 000€-Koffer-Vergesser Schäuble, IM Erika etc.

    Dass es seid Chavez den Armen in Venezuele besser geht, ist ein Fakt.

  • TT
    Tom Tom

    Schrecklich dummer Artikel, gluecklicher weise lehrt er in Kolumbien da bekommt man dann halt weniger davon mit!

     

    Venezuela ist kein demokratische Land, da die Regierung korrupt ist und die Masse Ihrer einnahmen auf Schweizer Bank Konten der Politiker landet. Das einer kleiner Teil an die Armen weiteverteilt wird legimitiert die Regierung und Ihre Mitarebieter nicht.

     

    Wie kann man nur so einen Schwachsinn drucken?

  • T
    toddi

    Danke Paul Zelik. endlich mal ein der TAZ (einer linken Zeitung) würdiger Beitrag endlich mal objektiv, unparteiisch. Ich hoffe das Ihr Beispiel in (der aussenpolitischen Redaktion) Schule machen wird! You made my Day ;-)