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Debatte NahostkonfliktDie innere Spaltung

Kommentar von Iris Hefets

Im Nahostkonflikt steht der deutsche Zentralrat der Juden hinter der Regierung Israels. Deutsche Medien reproduzieren das - und geben anderen Stimmen zu wenig Raum.

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12 Kommentare

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  • M
    Margarthe

    Laut einem Leserbrief von Frau Hecht-Galinski in der FAZ wird auf Veranstaltungen des Zentralrates der Juden in Deutschland zu Beginn immer die israelische Nationalhymne gesungen. Und der Zentralrat legitimitiert und rechtfertigt jedes Vorgehen Israels. Was in meinen Augen wiederum den Zentralrat als sehr fragwürdige, von Steuergeldern finanzierte, Institution erscheinen läßt.

  • GH
    gab heller

    Frau Hefets spricht einen drängenden Punkt an: das bis heute sich auswirkende Leid an den Holocaust-Opfer darf nicht länger zur Legitimierung aggressiv-nationalistischer Israel-Politik benutzt werden.

    Reflexartig erfolgt aber genau dies in einem auf ihren Artikel bezogenen Leserbrief: Der Schreiber David spricht davon, dass man sich nicht mehr zur Rampe führen lassen will und rechtfertigt die Kriegsführung Israels als Gewalt gegen Terroristen. Damit wird jedes Mitfühlen für das offensichtliche Leid an den Kindern und Frauen und Männern im Gaza verhindert. Ein Mechanismus, den die israelische Politik perfekt und massiv einsetzt und ausnützt.

    Aber zurück zu Deutschland: Wie lässt sich die zurückhaltende oder einseitige Berichterstattung in den deutschen Medien erklären? Wie kommt es zur vorschnellen Akzeptanz des als Selbstverteidigung maskierten brutalen Offensivkrieges Israels durch deutsche Politiker wie Merkel und Steinmeier? Man führe sich nochmals vor Augen: 1,5 Millionen unschuldige Menschen sind eingeriegelt, über Monate werden weder genug Nahrung noch Medizin rein gelassen (bis heute!) – ein Frachter der Initiative „Free Gaza“ mit 3,5 Tonnen Medizin und halbes Dutzend Ärzte wurde von der Armee beschossen und gerammt! Ca. 1300 Menschen wurden in direkten Kriegshandlungen getötet, viele schwer verletzt, Ärzte sprechen von unbekannten schwerwiegenden Verletzungen, die auf einen Einsatz neuer Waffen (z.B. Phosphorbomben u. a.) schließen lassen, wodurch Gaza zynisch zum militärischen Manövergebiet degradiert ist. Überall sonst hätte dieses Szenario eine Welle des Protestes ausgelöst. Warum nicht, wenn es um den Israel-Palästina-Konflikt geht?

    Deutet das tatsächlich auf eine Überkompensation weiterhin schwelender Antisemitismusneigungen der Deutschen hin? Vorgeschobener Philosemitismus, um den Antisemitismus unaufgearbeitet im Dunklen lauern zu lassen?

    Sollte es so sein, dann schließe ich mich Frau Hefets Forderung an: Freie Debatte, auch wenn dadurch mancherorts die Sicherungen für unaufgearbeiteten Antisemitismus durchbrennen. Nur so sehe ich einen Weg, dass das von Deutschen einst begangene Leid nicht weiterhin als makabrer Schutzschirm aktueller Gräueltaten an den palästinensischen Bürgern missbraucht wird. Nur wenn Palästinensern und den mit ihnen Identifizierten nicht mehr länger das Gefühl von Ignoranz seitens der westlichen Einwohner entgegenschlägt, wird die Saat des religiös-fanatischen Djihads nicht aufgehen. Nur wenn das damals und heute verübte Leid an den Juden (in Israel und anderswo) nicht mehr länger taktischen Vorwand liefert für die alltägliche Ausübung von Gewalt an den Palästinensern werden wir anderes ernten als Früchte des Zorns.

    Freie Debatte, eine Forderung auch an die taz!

     

    Noch eine kleine Anmerkung an den Leserbrief von Ramon:

    Ja, grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, das Land ist für alle Menschen da. Aber sie vergaßen den Kontext zu berücksichtigen, wodurch ein auseinander dividierendes Denken (wie Sie es nennen) nötig gemacht wurde: Wenn jemandem die Blumen aus der Hand genommen werden und nicht einmal eine zurückgelassen wird, würde es Selbstaufgabe bedeuten, sich mit leeren Händen zufrieden zu geben. In diesem Fall muss man die Neuverteilung der Blumen fordern. Den Palästinensern wurden die Blumen aus der Hand gerissen und die Forderung nach einer Zweistaatenlösung wird durch den massiven Siedlungsausbau und der riesigen Mauer, den unzähligen Checkpoints usw. unmöglich gemacht.

  • MK
    Michael Kania

    Irgendwie tut es ja wirklich gut, angesichts der offiziellen Positionen bezüglich des Nahostkonflikts auch andere Stimmen zu hören, die dem Moderaten den Weg ebnen wollen. Denn Militanz verhärtet ja nur die Fronten. Und da dieser Konflikt ja bereits seit Generationen andauert, bedeutet jede erneute militärische Auseinandersetzung ein Rückschlag auf dem Weg zum Frieden. Und das weiss der Hamas. Dass im Zuge der Berichterstattung über die militärische Auseinandersetzung in den meisten Deutschen bzw. in den Weltmedien fast ausschließlich die offizielle israelische Position verbreitet worden sei, entspricht ganz und gar nicht den Tatsachen. Auch ich habe mich daran beteiligt, Mails zum Beispiel an das ZDF zu schicken, weil es mir kalt den Rücken herunterlief als ich bemerkte, wie tief die Propaganda des Hamas sitzt und wie sehr diejenigen, die darüber zu entscheiden haben, was letztlich in den Nachrichten gesendet wird, davon bereits beeinflusst waren. Gott sei Dank wurde ich von Herrn Kleber erhört!

     

    Natürlich ist es - hier in Deutschland - seit Ende des Zweiten Weltkrieges gerade in der Linken zu höchst problematisch, sich überhaupt mit nur irgendetwas zu beschäftigen, was auch nur im entferntesten im Verdacht steht, deutsch zu sein - obwohl es ja auch etwas Deutsches gab, vor dieser nationalsozialistischen Zeit. Und manches davon ist wirklich der Beachtung wert.

    Und dass aus dem nationalen Streben an sich heraus einerseits "ganz normale" Nationen entstanden sind, bei der Deutschen Variante sich daraus dann dieser Nationalsozialistische Wahn entwickelte, macht dieses Nationaldenken ja erst suspekt. Und natürlich das kolonialistische Streben nach Alleinherrschaft anderer Nationen auch.

     

    Auch mir wäre es am liebsten, man müsse sich nicht explizit als Nation artikulieren; es werden wohl immer nur wenige sein, die so etwas ausgesprochen gerne tun. Gleichwohl aber ist es wohl kaum möglich, sich dem zu entziehen, wenn - so wie dies bei Israel ja jetzt der Fall ist - die Nation zu der man gehört, von Vertretern des Hamas in ihrer Existenz über Jahre hinweg mit Raketen angegriffen wird. Zumal wenn sich diese Nation nicht - wie fast alle Nationen - in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen bildete, sondern zeitlich versetzt, ganz allmählich über die Jahre hinweg entstand.

     

    Und die Folgen dieser von dem Hamas provozierten militärischen Gewalt zeigen sich erst jetzt in ihrer wahren Gestalt. So war ich gestern in Frankfurt bei einer Podiumsdiskussion, wo sich der Vorsitzende der Palästinensischen Gemeinde Deutschlands unwidersprochen sehr stolz über "den Sieg der Hamas" äußerte, die ja entgegen der weit verbreiteten Annahme, sehr wohl sehr gut international vertreten ist - auch wenn dies in den westlichen Medien kaum bekannt ist. Besagt diese Äußerung nicht, dass auch dieser Mensch eiskalt damit gerechnet hat, das diese "kleinen Raketen", die ja "nur ab und zu" abgeschossen wurden irgendwann einmal genau diese militärische Reaktion Israels evozieren würde.

     

    So lange es arabischerseits keine Anerkennung dessen gibt, was die arabische Welt das "zionistische Gebilde" nennt, nach westlicher Geschichtsschreibung aber das legal entstandene Israel nennt, wird man von einer nationalen Repräsentanz eben nicht absehen können, ohne sich selbst in Fleisch zu schneiden.

  • A
    Andreas

    Wow, einen so kritischen Bericht habe ich zu allerletzt hier erwartet.

  • HR
    Hubert Rieping

    Danke Frau Hefets, Danke taz!

    Die einfache Wahrheit: Alle können satt werden und in Frieden leben - wenn das Brot (und das Land, wie bis 1967) geteilt werden...

    Die bittere Wahrheit: Das Existenzrecht Israels muß auch gegen die Protagonisten der Ideologie eines "Auserwählten Volkes" und Groß-Israel behauptet werden. Falsche Gründungsmythen sind besonders wirkungsmächtig und kaum aus eigener Kraft zu überwinden. Hier in Israel/Palästina steht für die ganze "Islamische Welt" auch unser westliches demokratisches Gesellschaftsmodell auf dem Prüfstand. Die Siedler müssen zurückkehren und wir (EU+USA) müssen den Israelis sichere Grenzen garantieren!

    Hubert Rieping

  • E
    erna

    lieber david, nur weil sie keinen bock auf die meinung von frau hefets haben bedeutet das noch lange nicht, dass sie unwichtig ist.

     

    wie in deutschland mit kritischen stimmen umgegangen wird die nicht "auf israelischer linie" sind - erinnert mich immer an südafrika in den 80igern - da war auch jeder ein vaterlandsverräter der keinen bock drauf hatte für einen ethno-nationalistischen scheißstaat in angola seine birne hinzuhalten.

     

    nationalismus ist immer scheiße, ob er nun von buuren, juden, deutschen, türken oder sonstwem mit gewalt verteidigt wird

  • M
    Markus

    Wow, bin kein Taz-Leser, aber der Artikel ist mehr als gut!

    Dank an die Redaktion, sprecht mir und so vielen Deutschen aus der Seele!!

  • DU
    Dr. Ulrike M. Vieten

    Vielen Dank für Ihre Stimme!

    Ich habe 6 Jahre in London gelebt, wo sich kontroverse Debatten zum Thema Palestine-Israel erhitzt, aber deutlich zu Wort melden. Es geht dort eher um Boykott Israelisch-staatlicher Institutionen und um Solidaritat mit den Opfern Israelischer Großmachtpolitik, die auch die jüdischen und palästinensischen israelischen BürgerInnen einschliesst. Eine signifikante ex-Israeli community lebt in London, die sich kritisch mit der Politik des Staates Israel auseinandersetzt; mal mehr mal weniger zugelassen durch mainstream media.

    Meiner Meinung nach zeichnet sich der Diskurs in Deutschland durch einen kultivierten Phylosemitismus aus, der 'die Nation Israel' in Watte packt als ob das irgendwie dazubeitragen würde, den geschichtlichen Antisemitismus aufzuheben und den gegenwärtigen, abzuschaffen. Das mag wohl mehr mit der eigenen deutschen (mehrheitsdeutschen) Melancholie zu tun haben als mit einer Verabeitung des meschlichen und kulturellen Zivilisationsbruchs in der Shoa.

    Wie ein Kanadischer Wissenschaftlicher mal meinte, eigentlich sind die Palästinenser auch Kinder Israels oder die Nachfahren des Volkes, das dort mal vor tausenden von Jahren lebte... es geht wohl darum, das zu erkennen und den Kreislauf kollektiver Traumatisierungen zu durchbrechen.

  • R
    Ramon

    Auch ich habe in Israel gelebt und darf deswegen einen, soweit es überhaupt möglich ist, fundierten Kommentar abgeben.

    Es gibt den alten jüdischen Spruch: 2 Juden - 3 Meinungen. Und wahrscheinlich ist es bis zu einem gewissen Grad auch gut so. Es ist aber auch leider eine uralte jüdische Tradition, daß Juden in den schwierigsten Momenten ihrer Geschichte sich gegenseitig zerfleischen. Schon Josephus Flavius beschrieb, wie während der Belagerung Jerusalems durch die Römer die Juden nicht nur gegen selbige gekämpft haben, sondern verschiedene Gruppierungen innerhalb der Stadtmauern sich untereinander verfolgt und gemordet haben. Die Beispiele liessen sich vielfach fortsetzen. Das jüdische Zueinanderstehen ist aus meiner Sicht eine Legende, einige Juden scheinen sich im Selbsthass zu suhlen, die Gründe mögen vielfältig sein. Auch die Schreiberin des Artikels scheint mir zu diesen Menschen zu gehören. Von welcher Finanzierung des Raubes palästinensischen Landes reden Sie? Rauben im Umkehrschluss in Israel lebende Araber jüdisches Land? Sollen "palästinensische" Gebiete wieder judenrein sein? Entschuldigen Sie die folgende Aussage, aber ich finde Ihr Denken "Jüdisches Land - Palästinensisches Land" kleinkariert und erzeugt genau die Konflikte, wie wir sie erleben. Erst wenn wir mit dem auseinander dividierenden Denken aufhören, besteht die Chance für einen Frieden. Das Land gehört weder den Juden, noch den Arabern. Das Land gehört Menschen.

  • D
    David

    nur weil frau hefets "aus politischen Gründen" israel verlassen hat, anschließend nicht bereit war, den einbürgerungstest abzulegen, weil er ihr zu einfach war, und sie sich nun mit den jüdischen antisemiten a la hecht-g. und verleger einlässt, heißt das noch lange nicht, dass alle israelis das land verlassen wollen.

     

    die autorin versucht sich selber und ihre geschichte zum prototyp eines anderen israel zu propagieren.

     

    und wer gegen "militanten zionismus" ist, ist ideologisch verblendet. das militanteste am zionismus ist die einstellung, dass man sich nie mehr ohne gegenwehr zur rampe führen lassen wird. völlig egal, ob die ss oder irgendwelche terroristen den zug in richtung ofen steuern.

     

    "vielfältige jüdische stimmen"? es gibt auch vielfältige deutsche stimmen anlässlich des 27.1. - die npd will trotzdem niemand hören. in beiden fällen hat es nichts mit einer jüdischen verschwörung des zentralrats oder der medien zu tun: diese "anderen stimmen" sind einfach zu unwichtig!!

  • P
    plutokrator

    Ich werd den Eindruck nicht los, dass die Israel-Lobby mit all ihren Filialen weltweit, insbesondere in Deutschland, die Sichtweise Israels mit allen Mitteln aufs aggressivste verbreitet.

    Dass gegenätzliche Sichtweisen von Menschen mit jüdischem Hintergrund, die in Deutschland/Europa leben von diesem medialen Gebrüll überdeckt werden, ist nur eine natürliche Folge davon.

  • I
    italialibera

    Frau Hefets hat meine vollste Solidarität!!