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Debatte FinanzkriseNichts als Ratlosigkeit

Kommentar von Franz Walter

Beide Großentwürfe der Wirtschaftspolitik, Monetarismus und Keynesianismus, haben sich verschlissen. Alternativen fehlen, Agonie droht.

Geht's jetzt nur noch runter? Bild: Koosinger / photocase.com

W ir sind Zeitgenossen einer unzweifelhaft großen Krise. Liest der aufgeklärt-skeptische Sozialwissenschaftler diesen Eingangssatz, dürfte er wohl gleich gelangweilt abwinken. Denn der „Krisen“-Begriff ist durch allzu großzügigen Gebrauch unscharf geworden. Andererseits: Was wir derzeit mindestens europaweit erleben, lässt sich mit Begriffen wie „Probleme“ oder „Störungen“ nicht hinreichend charakterisieren.

Viel spricht dafür, dass wir es in der Tat mit einer gravierenden Krise der Art zu tun haben, wie sie uns bereits während der Perioden 1873ff. und 1923ff., abgeschwächt auch in den Jahren 1973ff. begegnet ist. Ökonomische Einbrüche waren in allen Fällen primär. Aber ihre Wirkungen reichten weiter, strahlten in die politischen und kulturellen Bereiche der Gesellschaft aus. Lang aufgebaute Erwartungen an die Zukunft wurden enttäuscht; überlieferte Normen trugen nicht mehr zur plausiblen Deutung von Ereignissen bei.

Krisen in diesem Sinne kann man als „große Transformationen“ (Karl Polanyi) bezeichnen. Sie öffnen Möglichkeitspforten für neue Deutungsmuster, Ideen und Handlungsmotivationen. Aber sie können auch Wertedeformationen, gesellschaftliche Paranoia befördern. Hans Rosenberg, der Historiker der „Großen Depression“ von 1873 bis 1896, hat seine Analyse nicht allein auf den wirtschaftlichen Zyklus konzentriert, sondern ebenso auf das „psychische Phänomen“ dieser Jahre, auf die „Wahnvorstellungen“, die komplette „Gesinnungs-, Glaubens- und Ideenverlagerung“, die schließlich zum über Jahrzehnte andauernden Ansehens- und Bedeutungsverlust des Liberalismus beigetragen haben.

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Franz Walter

57, ist Leiter des Instituts für Demokratieforschung an der Universität Göttingen. Eine Langfassung des Beitrags ist unter dem Titel „Ruhe im Sturm?“ in der neuen Ausgabe der INDES. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft (Vandenhoeck & Ruprecht, 16,95 Euro) abgedruckt. Das Heft beschäftigt sich mit „Krisen-Crashs-Depressionen“. Einzelne Artikel können online für 4,95 Euro bezogen werden.

Dergleichen Umwertungen lassen sich ebenfalls während und im Gefolge der Hyperinflation 1923, dann im Zuge der vielfach traumatisch erlebten Deflation in den frühen 1930er Jahren beobachten. Die Monate des ersten Ölpreisschocks 1973/74, der zeitgleich mit inflationären Entwicklungen und Vorboten einer Rezession aufkam, erzeugten für die weiteren 1970er Jahre dann ein kollektives „Gefühl der Ungewissheit“.

Inspiriert von Rosenberg haben Historiker wie Hans-Ulrich Wehler und Jürgen Kocka überdies darauf hingewiesen, dass solche Transformationsprozesse nur schwer konstruktiv zu steuern sind, wenn sich die großen gesellschaftlich-politischen Herausforderungen in einem engen Zeitraum überschneiden.

Als negatives Vorbild fungierte dabei die zeitliche Überschneidung von Verfassungsgebung, Nationalstaatsbildung und der Sozialen Frage im neuen Industrialisierungsprozess in Deutschland im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts. Ein stabiles und ruhiges Selbstbewusstsein, das in den Turbulenzen des frühen 20. Jahrhunderts hätte Halt geben können, konnte sich so nicht entwickeln. Ohne vorschnell parallelisieren zu wollen, wird man dennoch derzeit in Europa eine Konstellation feststellen können, in der sich grundsätzliche Herausforderungen zeitlich ebenfalls überlappen und dadurch gegenseitig erschweren: die explosiven Turbulenzen auf den Finanzmärkten, die gigantischen Lasten staatlicher Verschuldung, der Druck hin zu einem legitimierten, transnationalen Institutionengefüge in Europa.

Zeit des Ausnahmezustandes

Nicht selten werden derartige Problemkumulationen zur Stunde des „Ausnahmezustandes“, an dessen ungewöhnliche Interventionsmöglichkeiten sich die Träger der politischen Macht nicht ungern gewöhnen. Denn jetzt weitet sich für einen kurzen Zeitraum das politische Spielfeld. Sonst sperrige Institutionen dürfen zwischenzeitlich übergangen werden. In einem solchen Moment kann man als politischer Anführer einer Nation Geschichte machen, so Adenauer in den 1950er, Brandt in den frühen 1970er Jahren, Kohl 1989/90. Angela Merkel versucht es derzeit ebenso, mit wahrscheinlich nachhaltigeren und negativeren Wirkungen als ihre Vorgänger.

Im politischen Establishment setzt jedenfalls niemand ernsthaft jenseits politischer Petitessen und gezielt aufgepäppelter Skandale, die das enragierte Forenpublikum im Internet über Empörungsventile ablenken sollen, auf „mehr Demokratie wagen“. Die Politik offeriert vollendete Tatsachen, kleidet sie sodann in das Autoritätsgewand strikt zu befolgender Sachrationalität und versucht, sich so die strittige Debatte vom Leib zu halten. Das ist die Verhaltensdoktrin gerade in der Europapolitik von Trittin über Steinbrück und Rösler bis hin zu Merkel.

Wohl in keiner neuzeitlichen Krise dürfte eine solche Begriffslosigkeit bei der Betrachtung von Zukunft, eben bei den Erörterungen über das „Danach“, geherrscht haben wie gegenwärtig. Das große wirtschaftspolitische Narrativ im Zuge des Debakels der weltwirtschaftlichen Depression in den späten 1920er, frühen 1930er Jahren war der Keynesianismus. 1973/75, als Rezession und Inflation zeitgleich auftraten, verlor die keynesianische Philosophie den gewiss interessengeleiteten Kampf der Ideen.

Als Gewinner aus der Rivalität wirtschaftspolitischer Weltanschauungen gingen die sogenannten Monetaristen, darunter als Elitetruppe der ideologischen Attacke die Angebotstheoretiker der Neoklassik, hervor. Von den 1970er Jahren bis in das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts hatten die Protagonisten dieser Richtung die Ausdeutung von „Fortschritt“ und „Reformen“ stringent okkupiert – und ihre Gegner aus der reformistischen Linken sind ihnen bei zunehmend schwindender Resistenz gefolgt.

Fixierung auf Staat oder Markt

Am Ende war dieser Gegner links der Mitte ideell enteignet; zum Schluss vermochte er nicht den geringsten Beitrag dafür zu leisten, die plötzlich manifeste Schwäche des Kapitalismus für eine Ökonomie- und Gesellschaftstransformation auszunutzen. Zuletzt existierten nicht einmal Ansätze eines alternativen Narrativs zum kompromittierten Heilsversprechen des „bürgerlichen Lagers“.

Damit scheinen sich nun auch die beiden Großentwürfe für die Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik gleichermaßen verschlissen zu haben, die marktzentrierte Angebotspolitik wie der versorgungsetatistische Keynesianismus. Für den Raum dazwischen sind genossenschaftliche Überlegungen und auf Selbsthilfe basierende Konzeptionen des Wirtschaftens während der letzten Jahrzehnte rigide verdrängt worden, da alle Aufmerksamkeit einzig auf Staat oder Märkte fixiert war.

Was Alternativen zur bürokratisch abgestützten Finanzökonomie sein können, ist gänzlich unklar. In einigen Teilen der zivilgesellschaftlich unterversorgten Staaten Europas könnte in mittlerer Perspektive vielmehr eine Art negative Individualisierung stehen, die nur dann noch zum Kollektiv drängt, um äußere Konkurrenten und kulturell Fremde abzuwehren. Hier entsteht nichts, was die Einzelnen im Verbund mit anderen noch positiv, durch einen motivierenden Entwurf von Gesellschaft in Bewegung setzen könnte. Politische Agonie und Statusfatalismus scheinen wahrscheinlicher.

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17 Kommentare

 / 
  • M
    Michel

    "Denn jetzt weitet sich für einen kurzen Zeitraum das politische Spielfeld. Sonst sperrige Institutionen dürfen zwischenzeitlich übergangen werden."

     

    Yeah...Demokratie, das Volk um seine Meinung fragen, schon lästig das und was wissen denn die Prolls überhaupt!

    Kann man schon mal übergehen, besonders wenn man weiß, dass diese Schwachmaten da unten sowieso wieder "Nein" krähen würden.

     

    /Sarkasmus Ende

     

    Ganz ehrlich liebe Taz, das ist jetzt nich euer Ernst, oder?

     

    Da muß man ja Frau Merkel verteidigen, die es sich nicht

    so einfach macht.

     

    Da erkennt man doch gleich die wahren Demokraten!

  • S
    Schlummi

    Gegen die Alternativlosigkeitsaussage am Ende des Artikels verweise ich mal auf folgend guten Buch-Beitrag von Kai Ehlers: "Die Kraft der 'Überflüssigen' " (>> Allmende-Idee) sowie auf die Gemeinschaftsbewegung, Versorger-Verbraucher-Zusammenschlüsse (CSAs), TransitionTowns, Grundeinkommensbewegung etc. - einfach mal im Netz schauen, was da an Vielfalt & Alternativen schon alles gibt. Auch noch guter Input: die "Charta für ein Europa der Regionen >> http://www.demokratiekonferenz.org/resources/Charta+3.0.pdf

  • A
    AngeloFortunato

    Frei nach Beuys: wer nicht denkt, fliegt raus... soweit, so schlecht. Es gibt Lösungen: die interessanteste scheint mir die Gemeinwohl Ökonomie, die sich momentan rasant verbreitet. Mehr hier http://youtu.be/lUV2gH32kHY

  • B
    Bouleazero

    Sorry, aber eine solche Ansammlung vom Plattitüden ist ncht besser als Kuczynski's Theorie von der Krise, die alle sieben Jahre wiederkehrt. Der absolute Fatalismus. Es gibt keine Theorie, die konservativer wäre, ich wage sogar zu sagen:reaktionär.

  • H
    Huwi

    Alternativlosigkeit. Aha.

    Noch nie was von natürlicher Wirtschaftsordnung gehört? Silvio Gesell? Wunder von Wörgl? Umlaufgesicherter Währung wie der erfolgreiche Chiemgauer? Dies verbunden mit Kleinstaaterei und geschlossenen wirtschaftlichen (Zoll / Währungen) und politischen Grenzen, aber mit offenen menschlichen Grenzen, wäre doch im Handumdrehen umzusetzen. Noch ein paar andere kleine Schräubchen und man bräuchte sich um rein garnichts mehr Sorgen zu machen. Aber das wäre zu einfach.

  • A
    autocrator

    der erste impetus war: eine kluge analyse, des professors Walter.

    jedoch im letzten satz eröffnet sich das dilemma: politische agonie und statusfatalismus scheinen nicht wahrscheinlicher, sie sind doch längst faktischer zustand!

     

    gegenentwürfe zu den beiden gescheiterten konzepten marktlineralität bzw. keynesianismus gibt es zuhauf: das internet ist da höchst auskunftsfreudig.

    Das problem ist eines der modernen repräsentativen demokratie:

    die repräsentanten repreäsentieren nur einen sehr engen ausschnitt aus der gesellschaft und eine sehr enge wahrnehmung der wirklichkeit. Da liegt auch der verdacht, dass da eine abgeschlossene elite gezielt selbstrekrutierend unterwegs ist /stichwort: Bilderberger) ziemlich nahe.

     

    in dieser situation hilt nur konsequentes wahlverhalten - und da sieht es selbst in ländern mit heftigen krisen übel aus: auch dort werden zu >90% ebendieselben repräsentanten immer und immer wieder (gezielt mediengesteuert) gewählt, die dem "alten" Bilderberger-system angehören.

     

    Durch ihre konsequente reform-vermeidungs-strategie der Bilderberger ist von diesen nichts zu hoffen. – Wobei man sagen muss, dass zumindest hierzulande es sich ja auch gut leben lässt, selbst wenn man "ganz unten" angekommen ist.

     

    Darum: intelligent jenseits des Bilderberger-einheitsbreis wählen:

    Nur so kann's voran gehen.

  • W
    Werner

    Ende der 80-er ist der "Sozialismus" zusammengebrochen.

    Jetzt bricht der Kapitalismus zusammen.

    In beiden Fällen hat das 1% gegen den Rest der Gesellschaft regiert: im Osten die Partei mit ihren Bürokraten, im Westen die Reichen mit ihren Politikern aus diversen "demokratischen" Parteien.

    Jetzt haben wir, die restlichen 99%, die Chance, endlich etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen.

  • CS
    Christian Schumann

    Wir brauchen weder neue, kreative Intellektuelle noch irgendwelche Philosophen. Das Problem liegt darin, dass unser System mittlerweile (und eigentlich schon immer) zu komplex ist, um von Einzelnen auch nur ansatzweise verstanden zu werden. Was wir brauchen, ist eine Politik des Föderalismus und der direkten Demokratie; ein gelebtes Prinzip des Subsidiären, oder, anders formuliert: Die Macht muss nach unten, zum Volk. Die Leute sollen selber entscheiden können, was für Wasserhähne sie in ihren Wohnungen wollen, und sie sollen auch darüber entscheiden können, ob Deutschland den Euro hat – oder die D-Mark. Die Schweizer machen dies schon seit langem so, und zwar äusserst erfolgreich.

  • FF
    fragen frager

    wer keine lösungen anzubieten hat ,darf niemandem ratlosigkeit vorwerfen

     

    warum werden professorale ergüsse,die auch aus steuermitteln finanziert werden,privatwirtschaftlich vertrieben und zur gewinnerzielung genutzt.

     

    da scheint, is unser onkel walter nicht ratlos...

     

    so sieht der glutbürger sofort,daß die akademische elite ohne docht aber mit gesponsortem fidibus schattenreich licht zu löffeln versucht.

  • K
    Kapelle

    Let us be realists and try the impossible: anarcho-syndicalism ("communism").

  • S
    Stratege

    Wir haben eine "Kreativitätskrise"!

     

    Es gibt keine intellektuellen Vordenker mit gestalterischer Zukunftskompetenz

     

    Die Politik plant nur noch Karrieren - keine Politikfelder und Strategien

     

    Regieren bedeutet nur noch Governance - mit minimalen und nicht nachhaltig wirksamen Eingriff.

     

    Wirtschaft heißt heute: das Dikat des Finanzmarktes über unternehmerische und individuelle Kreativität und menschliche Leistung.

     

    Die grundlegende Erneuerung muss "aus einer anderen gedachten Zukunft" kommen" ...

     

    Solange diese aber nicht beschrieben ist - hängen wir alle fest!

     

    Ein teuflischer Kreis!

     

    Die Grundzüger einer Reform heißen:

     

    1.Rückbau von fesselnden Governance Regeln für das Individuum

     

    2. Sparen und Gestalten und mehr Einkommen für Arbeit - Subventionsabbau

     

    3. Formulierung einer Ökologie & Ökonomie des Menschen.

     

    4. Europa neu als Bundesstaat aufwecken & inspirieren.

     

    5. Einhegung des Finanzkapitalismus auf genehmigte

    Branchen, Bereiche und Entwicklungsziele

     

    6. Neuaktivierung der Wirtschaft durch Gründer - und EU-Kooperationszonen

     

    7. 21 Bio. € Kapital aus Steueroasen abschöpfen oder

    in die Legalität drängen.

     

    8. Demokratisierung / Bürgerbeteiligung und öffentliche Lobbby-Anhörungen VOR Gesetzgebung

     

    9. Verbot von korruptiven Tätigkeiten bei Politik, Parlament und Regierung.

     

    10. Weltwirtschafts-Kooperations-Politik mit Teilung

    der erwirtschafteten Wertschöpfung.

  • K
    Kaboom

    Also ich bin überrascht. Nicht darüber, dass der Agitprop bezüglich des "Endes des Keynesianusmus" wegen der Vorgänge Anfang / Mitte der 70er benutzt wird. Dazu mus man sich "nur" die Ölkrise 1973ff wegdenken, und schon wird das "logisch". Das allerdings Herr Prof. Walther diesen Mumpitz ebenfalls verbreitet, wundert mich aber denn.

    In der Tat wissen wir nicht ob die Rezepte Keynes' heute funktionieren würden, Schliesslich werden sie seit Jahrzehnten kaum angewandt. Im Gegensatz zum nachgewiesenen Komplettversagen des real existierenden Neoliberalismus.

  • A
    Ant-iPod

    Vielen Dank Herr Walter,

    ich finde, Sie haben die Situation sehr gut beschrieben und in einen historischen Kontext gesetzt, der den meisten von uns aus der Schulbildung und teilweise eigener Erfahrung noch geläufig und folglich verständlich ist. Was ich mir gewünscht hätte, wäre neben der Analyse und Beschreibung auch eine Schlussfolgerung: Was würden Sie Trittin, Steinbrück, Rößler und Merkel denn empfehlen - und warum?

    Es ist gut, wenn unsere Wissenschaftler die Realität erklären helfen - aber es wäre hilfreich, wenn der wissenschaftliche Sachverstand auch zur Lösung der Probleme durch Aufzeigen verschiedener Handlungsoptionen und deren voraussichtlicher Konsequenzen beitragen würde.

    Der Bürger ist aufgrund der Komplexität und seiner Einbindung in Beruf und Gesellschaft alleine dazu nicht immer in der Lage, weswegen er durch seine Steuern ja Professuren ermöglicht, damit ihm diese Arbeit abgenommen wird... was denken Sie?

  • AU
    Andreas Urstadt

    Die angefuehrten Wutforen im internet haben sehr wohl eine immanente Wirkung, indem sie transparent machen, was von Personen ueberhaupt gedacht, oft auch im Stil sehr Unmoegliches und das von Erwachsenen; das ist sehr wohl ein Ausdruck von fehlerhafter Gesellschaftspolitik, es sind oeffentliche und publizierte Bankrotterklaerungen.

    Wissenschaftliche Artikel in Fachzeitschriften haben die oeffentliche Wirkung von gegen zero. Es gibt ueber 50 Jahre verteilt excellente Arbeiten, die keiner kennt, die nicht vernetzt gedacht oder bedacht werden.

     

    Die grosse Krise kann fuer einige entstehen, wenn eben nicht selbst an den Fragen und das auch unabsichtlich (Arbeit bringt immer mehr, allein dadurch, dass man arbeitet). Wege zur Erkenntnis, Realisierung, Verstaendnis etc schwirren nur so herum. Die Welt ist groesser als Goldman Sachs und pluraler. Hannah Arendt hat dies laengst von 58-75 erkannt und auch kritisiert, dass unabhaengiges Denken ueberhaupt nicht gewagt wird, es sind mehr tools dafuer vorhanden als jemals existierten und diese tools sind unabhaengig von Denktraditionen verwendbar und eben nicht auf grosse Namen zu warten, die wieder Cluster bilden und Gelaender, ob Keyenes oder Agamben etc.

     

    Die Welt hat in den letzten 20 Jahren 80% aller jemals auf diesem Planeten verbrauchten Ressourcen verbraucht, Tendenz stark steigend. Eine Krise ist daran ueberhaupt nicht abzusehen, im Gegenteil, entfesseltes Prosperieren steht da. Es wird auf eine Krise ueberhaupt vermutlich erst zugesteuert, an die noch keiner denkt. Was momentan vom Artikel als Krise/n gesehen wird, findet statt in relativ behueteter Atmosphaere. Der Ressourcenverbrauch zeigt keinerlei Niedergang an.

     

    Der Autor denkt noch an ideologische Richtungen, wo eigentlich nur noch eine realistische Valenz zaehlt. Ratingagenturen oder McKinsey fehlt qua Fakten auf einem anderen Level ebenso die Seriositaet wie denen vom Autor angedeuteten Wutbuergern in den onlineForen, wobei der Begriff Buerger da gar nicht mehr zaehlt, da sich im Stil usw gar nicht mehr buergerlich-oeffentlich verhalten wird.

     

    Die Enquete Kommission des Bundestages zu Wachstum Wohlstand Lebensqualitaet ist sehr wohl ein Erkennen der Umstaende und der Versuch, diese anzuerkennen, zu managen und zu wachsen und das auch immateriell. Wachstum ohne Maturitaet ist keines und war nie eines. Aehnliche Versuche gibt es in den USA etc und das alles frisch und weniger Ideologien folgend, viel frischer als in den 70ern, obwohl damals einige wichtige Leute laengst am Arbeiten waren und das eher ausserhalb der damals gaengigen Diskurse.

     

    Es ist auch die Aufgabe von tazjournalisten mal wach zu werden.

  • JS
    Jens S

    Volksheim, skandinavischer Wohlfahrtsstaat, Sozialdemokratie (Gegenteil von Agenda 2010), usw..

    Alles ist mit sozialer Ökonomie kompatibel und ist als sich gegenseitig steigerndes und begünstigendes Verhältnis zu sehen. Bei Angebots- und Nachfragepolitik einfach das Beste von beiden nehmen -vgl. Skandinaivien, Niederlande. Finanzkrise: Island und Schweden.

    Mit diesen deutschen Debatten, welche ins semiphilosophische mit utopistischen klein-klein Lösungen die Totalität (der Geschichte lol) ins Private (vgl. Romantik)übertragen, tun Sie realweltlichen Lösungen einen Bärendienst. Dies ist ähnlich wie bei den Moskau treuen "Sozialisten", die mit ihrer "Kapitalismuskritik", die BRD sicherlich nicht sozial reformfähig machten, sondern schön blockierten. Fazit: Es gibt für alles längst, nämlich seit Jahrzehnten, klassische und real existierende Lösungen. Schreiben Sie mal lieber über sowas.

  • IM
    immer mal wieder von hinten

    ...... (solche) Transformationen lassen sich nur schwer konstruktiv steuern". - Hier beißt sich die Katze in den Schwanz oder die Hoffnung läuft irre weil sie keine Alternative mehr denken kann.

     

    (siehe Schwarzbuch des Kapitalismus)

  • 1
    123nachdenken

    Mag klug sein. Ist argumentativ aber plötzlich zuende, wahrscheinlich, weil die taz nicht mehr Platz bot.