piwik no script img

Debatte EurokriseIn die Rezession getrieben

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Mit der Einführung des Euro ging der naive Glauben einher, die Volkswirtschaften würden sich einander angleichen. Das Gegenteil geschieht.

Eine für alle: 17 Länder haben den Euro eingeführt. Bild: dpa

Wir sind ja eine Struktur, die gibt es so auf der Welt nicht“, bemerkte Kanzlerin Angela Merkel dieser Tage treffend über die Euro-Zone. Mittlerweile seit mehr als 13 Jahren ist der Widerspruch des Euro in der Welt: Geschaffen wurde da ein Geld ohne Staat, weil hinter ihm nicht eine Regierung, sondern gleich 17 Regierungen stehen. 17 Regierungen, die beschlossen haben, ihre Währung zu vergemeinschaften, zugleich aber als Nationalstaaten weiter gegeneinander zu konkurrieren wie gehabt.

17 Regierungen ohne eigene Währung – und auf der anderen Seite eine Währung ohne hinter ihr stehendem Souverän: Damit dieses Unikum funktionieren konnte, wurden allerlei Regeln und Mechanismen in die Welt gesetzt, die allen Staaten des Clubs die nötige Disziplin beim Haushalten und Schuldenmachen auferlegen sollten.

Da war zum einen der Stabilitätspakt mit seinen strengen Parametern zum jährlichen Haushaltsdefizit und zur Gesamtverschuldung. Und da ist zum anderen das Statut der EZB, das die Europäische Zentralbank aufs Stabilitätsziel festlegt und ihr zugleich untersagt, die Bonds der Mitgliedstaaten bei ihrer Emission aufzukaufen.

MICHAEL BRAUN

ist seit dem Jahr 2000 Italienkorrespondent der taz. Er lebt in Rom. Zuletzt schrieb er an dieser Stelle über die verfehlten Hausaufgaben, die die Bundeskanzlerin Angela Merkel der Europäischen Union diktiert.

Auf ein höchst riskantes Spiel hatten sich da die Euro-Staaten eingelassen: Geldpolitisch war ihnen jeder autonome Handlungsspielraum genommen, zugleich war ihnen das Ventil möglicher Abwertungen innerhalb des Euro-Raums auf Dauer verschlossen.

Naive Konvergenzerwartung

Versorgt wurden sie vorerst bloß mit einer naiven Konvergenzerwartung: Da alle nun mit dem gleichen Geld, im gleichen grenzenlosen Wirtschaftsraum operierten, würden sich ihre Volkswirtschaften mit der Zeit aneinander angleichen.

Doch das Gegenteil geschah, wie die Handels- und Zahlungsströme zwischen den Euro-Staaten bald zeigten. Vorneweg Deutschland – und mit ihm einige andere Länder des harten Kerns – erwirtschaftete Jahr für Jahr wachsende Überschüsse.

Auf der anderen Seite standen jene Staaten – es sind, keineswegs überraschend, diejenigen, die heute als Pleitekandidaten gelten, deren Handels- und Leistungsbilanzdefizite im gleichen Rhythmus stiegen. Anders gesagt: Deutsche Waren überschwemmten den Euro-Raum, deutsche Anbieter drückten ihre Konkurrenten an die Wand, keinerlei Abwertung konnte mehr Ausgleich schaffen, wie dies bis 1998 der Fall gewesen war.

„Die ganze Welt will unser Geld“, jammern jetzt in der Euro-Krise deutsche Medien. Wahr war zunächst das Gegenteil: Das Geld der anderen floss in immer rascherem Tempo nach Deutschland, dessen Überschuss innerhalb des Euro-Raums auf über 100 Milliarden Euro pro Jahr kletterte.

Von Krediten abgeschnitten

Bis zum Ausbruch der globalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise schien dieses sich zunehmend verschärfende Ungleichgewicht jedoch unerheblich – die Überschüsse jener Länder, die von und in der Euro-Zone profitierten, flossen als Kredit in die Defizitländer zurück, finanzierten dort Immobilienblasen und privaten Konsum oder linderten dank niedriger Zinsen die Probleme mit hohen staatlichen Schuldenbergen.

Anscheinend gab es in der Euro-Zone trotz des aufbrechenden Grabens nicht Sieger und Verlierer, sondern nur Gewinner. Zum Ausdruck brachte das der seinerzeit, vor 2009, minimale Spread: Auch Länder wie Spanien und Italien konnten sich zu Zinsen verschulden, die gerade einmal 0,5 Prozent über den deutschen lagen.

Dass die Konkurrenzerfolge der einzelnen Euro-Staaten höchst unterschiedlich ausfielen, bildete sich jedenfalls in den von ihnen zu zahlenden Zinsen nicht ab: Alle genossen als Schuldner an den Kapitalmärkten die gleiche Bonität – wenigstens auf diesem Feld schien sich die naive Konvergenzerwartung zu bewahrheiten.

Damit ist es seit Ausbruch der Euro-Krise radikal vorbei. Geld ohne einen hinter ihm stehenden Staat: Dieses Prinzip kehrte sich zunächst für Griechenland, Irland, Portugal, jetzt auch für Spanien und bald womöglich für Italien um. Sie finden sich plötzlich als Staaten ohne Geld, als Staaten, die vom Kredit abgeschnitten sind – und die über keinerlei Instrument verfügen, um über ihre Notenbank an Geld, über eine Abwertung der nationalen Währung an bessere Geschäftskonditionen zu kommen.

Jetzt, da die deutschen Überschüsse nicht mehr als Kredit gen Süden fließen, da Deutschland vielmehr innerhalb des europäischen Zentralbanksystems mittlerweile Forderungen von über 700 Milliarden Euro angehäuft hat, brechen die strukturellen ökonomischen Verwerfungen, die sich im Euro-Raum seit 1998 entwickelt haben, mit aller Macht auf.

Rezept der inneren Abwertung

Wer mag, kann diese Tatsache natürlich auf den Kopf stellen und Länder, die in der Folge ihrer Zugehörigkeit zum Euro dem drohenden Ruin ins Auge blicken, zu „Pleitestaaten“ erklären, die mit ihrem leichtsinnigen Wirtschaften dabei seien, unseren schönen Euro zu ruinieren – die mithin nicht bloß ihren ökonomischen, sondern auch ihren moralischen Kredit verspielt haben.

Dies ist die Begleitmusik zu jener politischen Asymmetrie, die sich mit Ausbruch der Euro-Krise zum ökonomischen Ungleichgewicht gesellt hat: Über die Wege aus der Krise entscheidet in der Substanz nur noch Deutschland. Und Deutschland denkt unter der Regierung Merkel bisher zuallerletzt darüber nach, wie den Krisenstaaten wieder Luft verschafft, wie ihre Kreditwürdigkeit wiederhergestellt werden kann.

Stattdessen setzt es auf das Rezept einer „inneren Abwertung“ bei den Verlierern: Sie sollen ihre Konkurrenzfähigkeit wiedergewinnen, indem sie Einkommen und Sozialleistungen zusammenstreichen – gleichsam als Ersatz für das nicht mehr verfügbare Ventil der Währungsabwertung.

Dies wäre, so glaubt man anscheinend in Berlin, dann endlich jener Weg zur Konvergenz, die sich über die Einführung des Euro nicht spontan einstellen wollte: ein Weg, der die Krisenländer in die Rezession treibt, statt ihnen neue Wachstumsperspektiven zu eröffnen. Ein Irrweg mithin, der ihren Status als Verlierer innerhalb der Euro-Zone zu zementieren droht. Es bleibt das Geheimnis seiner Verfechter, wie ausgerechnet auf diese Weise der Zusammenbruch des Euro abgewendet werden soll.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • J
    JRcom

    wenn das nur mehr Deutschen in die Köpfe ginge, dass der Graben zwischen Deutschland und Ländern wie Italien oder Spanien - auch Griechenland - nicht auf der natürlichen hohe moralischen Qualität der hiesigen Unternehmen beruht, vielmehr auf einem undurchdachten System. Übrigens kann meiner Meinung nach nicht Deutschland diese Probleme lösen, jeder vertritt seine Interessen (allerdings wäre es gut langfristigen Interessen zu folgen wie einer funktionierenden Euro-Zone). Nein, die andern Europäer müssen sich zusammenschließen und das System ändern - möglichst eigenständig und zur Not unter Isolierung Deutschlands, wenn es nicht mitspielen will. Das ist ein Risiko und erfordert Mut, aber man kann den Starken eben nicht zwingen - nur das System ändern, in dem er stark ist - so ist es ja auch international im Hinblick auf die USA und ihre Blockaden von Umweltbeschlüssen etc. Nicht Deutschland sollte eine Koalition der Willigen um sich scharen - die andern Europäer sollten Deutschland an die Kandare nehmen, indem sie sich autark organisieren.

  • JO
    James O'Stolz

    Danke für die Fakten.

    Hier nur die Nachrichten von heute: Schuldenstand trotz guter Konjunktur in BRD auf über 2 Billionen gestiegen, Zypern kriecht untern Rettungsschirm, griechischer Finanzminister hat seinen Job gar nicht erst angetreten, griechischer PM kurzzeitig blind, TROIKA verschiebt Besuch, Moodys wird vermutlich heute abend noch ein paar Großbanken weiter herabstufen(was noch größere Finanzierungslücken schafft).

     

    Um es klar auszudrücken: Nach dem Bericht der Troika wird GR vermutlich auch offiziell für pleite erklärt. Unterdessen verschärft sich der Run auf die Banken in Spanien. Neue Krisengipfel empfehlen Mundschutz gegen Ansteckungsgefahr.

     

    Volkswirtschaftler und Finanzleute gehen davon aus, dass der Euro bis Ende des Jahres nur noch in einigen Kernländern Zahlungsmittel sein wird. Kreditgeber an 'Peripherie'-Staaten werden ihr Geld entweder gar nicht oder in entwerteter oder durch Entschuldung reduzierter Form oder in neuer Währung wiedersehen.

    Die Abgründe zwischen armen und reichen Ländern waren das Grundproblem - das sagt selbst die FT.

    Und genau dieses Problem war den Ewiggestrigen hier im Land so scheißegal, dass ihnen schon ein oder zwei Prozent Zinszuschlag bei Gemeinschaftsbonds eine große Qual war.

     

    Danke Deutschland! Danke Schwarzgelbgrün.

  • N
    Nikolas

    Leider geht Ihr Kommentar Herr Braun auch nicht weiter als die bereits üblichen Analysen zur Situation. Betrachtet man nämlich das Wohlstandsgefälle der Euro-Staaten momentan

    (schöner Beitrag von Herrn Krugman: http://krugman.blogs.nytimes.com/2012/06/22/the-euro-is-flat/) dann zeigt sich, daß die amerikanischen Staaten z.T. weiter auseinanderliegen als die Staaten der Eurozone. Gibt es deshalb dort eine sogenannte "Staatsschuldenkrise"?

    Der Unterschied ist die Verfasstheit der Vereinigten Staaten und die Bereitschaft der amerikanischen Bundesregierung, für die Schulden der einzelnen US-Staaten aufzukommen. Wenn der Euro auseinader bricht, dann liegt es weniger an der unterschiedlichen Entwicklung der einzelnen Euro-Mitgliedsländer, als vielmehr am Austeritäts-Dogma der deutschen Bundesregierung.

  • D
    Detlev

    Der Kommentar ist gut, aber in der Konsequenz ist Deutschland jetzt nicht auf Konsolidierung, sondern auf Machtzugewinn aus. Die Kanzlerin nutzt die Krise, um Griechen, Spanier und Italiener zu regieren und zwar direkt, so, dass es tatsächlich jeder Mensch in diesen Ländern merkt und fühlt, was Berlin vor hat und will.

     

    Es ist eine Art absurder Imperialismus unter dem Zeichen des Euro, weil er zu nichts führen kann. Wenn in Griechenland die Wirtschaft schrumpft, können die Leute dort sich noch so anstrengen, sie werden es nicht schaffen, Schulden abzubauen. Nur bei einem deutlichen Wachstum würden diese Staaten in eine Lage kommen, aus der sie Schulden abtragen könnten, ohne die eigene Wirtschaft in die Schieflage zu bringen.

     

    Insofern wird das deutsche Gebäude mit jedem Tag brüchiger, zumal selbst eine konservative Regierung in Athen irgendwann etwas fürs Wachstum tun muss und das könnte dann eventuell schon die Drachme werden. Die ganze Währung ist eine Fehlkalkulation und wäre realistisch vielleicht für Deutschland, Benelux, Frankreich und Österreich eine gute Option gewesen. Allerdings wäre eine solche Euro-Kern-Währung im Kurs nach Oben geschnellt und mit ihr die deutschen Exporte wahrscheinlich nach Unten gegangen.

     

    Und: Die deutschen Rettungshandlungen führen nicht zur Stabilisierung, sondern führen immer wieder zu neuen Krisendebatten. Es ist bislang nichts in trockenen Tüchern, zumal das Ausland durchaus richtig bemerkt hat, dass Angela Merkel mit dieser Haltung bei den Wählern gut gepunktet hat. Deswegen fällt es ihr offenbar auch so schwer, die eigene Haltung zu korrigieren und etwas fürs Wachstum zu machen. Sie riskiert eben das Ende der Währung, jedenfalls für einige Staaten.

  • A
    andreas

    WACHSTUM WACHSTUM WACHSTUM ...das ich das in der TAZ lesen muß ! Schlimm !

    Die EU krankt zuerst einmal an zu viel billigem Geld nach der Einführung des EURO. Wohlstand allein auf Pump.

     

    Liebe Leute DIE PARTY IST VORBEI...bitte weitergehen.

  • J
    JoBiro

    Was schert die BReg u. ihre Helfer von SPD und Grünen Recht und Gesetz ? So wird z. B. das geschriebene EU-Recht, dass kein Mitglied für die Schulden d. anderen aufkommen muß, (no bail out) ständig gebrochen. Nun genauso mit dem ESM. Auch SPD und Grüne werden zu Mittätern (durch Aushebeln der Verfassung). Denn ESM wird als sprudelnde Geldquelle aus Schulden finanziert, in erster Linie durch Überschuldung der Bundesrepublik Deutschland. Und zwar nicht nur vorübergehend sondern auf Dauer (man spricht hier auch von "Ewigkeit"), denn ein Ausstieg aus dem ESM ist im Vertragswerk nicht möglich.

    Auch für d. schlimmsten Fall gibt es keine Kündigung.

    Es bestimmt ein Gouverneursrat wieviel jeweils zu abzuliefern ist (im Milliardenbereich ! ). Sollte der Gouverneursrat (oder ein Mitglied desselben) sich was zu schulden kommen lassen, genießt er sofort Straffreiheit (Immunität).

    Hier werden die ureigensten Interesses unsere Landes und seiner Bürger einer nicht kontrollierbaren Institution ausgeliefert, welche tagtäglich für eine unabsehbare Zeit das Schicksal jedes einzelnen Bürgers tangiert.

    So wird die Souveränität unseres Staatswesens vernichtet und das Grundgesetz in die Tonne getreten.

    Jede/r soll sich daran erinnern, wer dafür verantwortlich ist. Dazu gehören auch die Grünen und die SPD, die mit der Verschaffung der 2/3-Mehrheit möglichweise auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes verhindern wollen.

    So tickt das Kastenwesen der Berufspolitiker in Berlin.

    JoBiro

  • A
    Aqua-Jedi

    Das Mittel zur inneren Abwertung des Euros in Deutschland heißt Hart I-IV. Es war überaus erfolgreich, so ein Lohndumping hat es in Deutschland in 100 Jahren nicht gegeben. Weil es so wirkte, will Merkel es jetzt auch exportieren.

     

    Das mittels solch einer rabiaten wilhelminisch-obrigkeitsstaatlich-totalitären Umgestaltung der deutsche soziale Rechtsstaat vernichtet werden würde, hatte sich nicht einmal Helmut Kohl vorstellen können. Auch nicht, dass ein so aggressiv gemachtes Deutschland alle Nachbarstaaten an die Wand drücken würde.

     

    Denn bis zur Einführung des Euros existierten bereits seit Jahren stabile Wechselkurse zwischen den meisten der späteren Euro-Länder, die innerhalb Europas dafür genützte Verrechnungseinheit war die ECU (European currency unit). http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_W%C3%A4hrungseinheit . Nur mit diesen Voraussetzungen und den ursprünglichen Zielen der mehr und mehr erweiterten EWG war an einen gemeinsamen europäischen Wirtschafts- und Währungsraum zu denken, nämlich eine Union mit aufeinander abgestimmter Währungs-, Finanz-, Steuer-, Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Das war die Idee, die dann von rabiaten und aggressiven Politikern und Finanzkreisen zerstört wurde. Heute stehen wir vor diesen Scherben.

  • J
    JoBiro

    Was schert die BReg u. ihre Helfer von SPD und Grünen Recht und Gesetz ? So wird z. B. das geschriebene EU-Recht, dass kein Mitglied für die Schulden d. anderen aufkommen muß, (no bail out) ständig gebrochen. Nun genauso mit dem ESM. Auch SPD und Grüne werden zu Mittätern (durch Aushebeln der Verfassung). Denn ESM wird als sprudelnde Geldquelle aus Schulden finanziert, in erster Linie durch Überschuldung der Bundesrepublik Deutschland. Und zwar nicht nur vorübergehend sondern auf Dauer (man spricht hier auch von "Ewigkeit"), denn ein Ausstieg aus dem ESM ist im Vertragswerk nicht möglich.

    Auch für d. schlimmsten Fall gibt es keine Kündigung.

    Es bestimmt ein Gouverneursrat wieviel jeweils zu abzuliefern ist (im Milliardenbereich ! ). Sollte der Gouverneursrat (oder ein Mitglied desselben) sich was zu schulden kommen lassen, genießt er sofort Straffreiheit (Immunität).

    Hier werden die ureigensten Interesses unsere Landes und seiner Bürger einer nicht kontrollierbaren Institution ausgeliefert, welche tagtäglich für eine unabsehbare Zeit das Schicksal jedes einzelnen Bürgers tangiert.

    So wird die Souveränität unseres Staatswesens vernichtet und das Grundgesetz in die Tonne getreten.

    Jede/r soll sich daran erinnern, wer dafür verantwortlich ist. Dazu gehören auch die Grünen und die SPD, die mit der Verschaffung der 2/3-Mehrheit möglichweise auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes verhindern wollen.

    So tickt das Kastenwesen der Berufspolitiker in Berlin.

    JoBiro

  • G
    gesche

    was mich wundert: wenn hier in einfachen, für mich als Wirtschafslaiin verständlichen Worten die Problematik der Euro-Konstruktion erläutert wird - wieso war das den Fachleuten, die ihn eingeführt haben (bzw. die die PolitikerInnen beraten haben) nicht absehbar? Ich nehme doch an, dass so eine weitreichende Entscheidung vorher gut abgewogen und mit viel Sachverstand durchdacht worden ist, und alle Eventualitäten in Betracht gezogen wurden. Wieso wurde etwas, das diesem Kommentar zufolge so offensichtlich ist, nicht gesehen?

     

    Ich neige nicht zu Verschwörungstheorien, aber kann es sein, dass letztlich nur die Finanzbranche davon profitiert, da sie jetzt Zinsen ohne Ende einfährt?

  • K
    Karl-August

    Es waren die bösen, ewiggestrigen "Euro-Skeptiker", die von Beginn an auf diese Zusammenhänge aufmerksam gemacht und vor einer Aufnahme der Südländer in die Eurozone gewarnt haben. Die gutgläubigen Euro-Fanatiker haben dies immer ignoriert.

     

    Wenn so unterschiedliche Volkswirtschaften eigenständiger Staaten eine Währungsunion eingehen, dann können Unterschiede und Ungleichgewichte nur noch durch reale Auf- und Abwertungen ausgeglichen werden.

     

    Eine reale Aufwertung der Überschussländer wäre der falsche Weg, da Europa keine abgeschottete Insel ist, sondern im globalen Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsräumen steht. Außerdem haben die südlichen Defizitländer durch den Euro vor allem einen Nachteil gegenüber konkurrierenden Nicht-Euro-Ländern, wogegen eine interne Aufwertung in Deutschland nicht helfen würde.

     

    Im Grunde bleben nur drei Wege:

     

    1. Die Südländer werten intern ab.

    2. Wir pumpen so lange Geld in die Krisenländer, bis irgendwann (in ferner Zukunft) die Ungleichgewichte beseitigt sind

    3. Die Krisenländer verlassen den Euro.

  • RT
    Ruth Teibold.-Wagner

    Uns wurde der Euro damals verkauft mit dem Artikel 125 des Lissabon Vertrages.

     

    Den Menschen wurde gesagt: "Macht euch keine Sorgen! Der Euro ist gut für uns. Es besteht kein Riskio. Denn es wird niemals ein bail-out stattfinden. Im Vertrag steht es so drin."

     

    Im Vertrag Artikel 125 heißt es:

     

    "... ein Staat haftet nicht..."

     

    So wurde uns das also alles verkauft. Gefragt wurden wir nicht, abstimmen durften wir nicht.

     

    Wer dagegen war, wurde von den Euro-Ideologen als "Nationalistin", als Europafeind oder gar als "Feind des Friedens in Europa" diffamiert, auf jeden Fall wurden diejenigen Menschen, die den Euro als gefährlich ansahen, als hinterwäldlerisch, provinziell und engstirnig bezeichnet. Die Euro-Ideologen beschimpften Gegner der Einführung des Euro als Menschen, die nicht verstehen würden, wie wichtig der Euro für "uns" wäre, da die Globalisierung statt fände, und Deutschland alleine keine Chance in der Globalisierung hätte. Dass das totaler "Bullshit" wusste jeder, die sich die Schweiz, Schweden, Dänemark oder Norwegen anschaute und anschaut, die alle ohne Euro nicht gerade am Rande des Existenzminimums herumknabbern, um es gelinde zu sagen.

     

    Alle Experten waren konträrer Ansicht. Die Mehrheit der Bevölkerung war konträrer Ansicht. Und dann sagten die Leute von der selbsternannten Euro-Elite zu uns, um uns unsere Ängste zu nehmen: "Niemals wird eine Haftung für die Schulden anderer stattfinden. Das ist alles vertraglich abgesichert."

     

    Und jetzt?

     

    Jetzt heißt es: "Wir MÜSSEN haften. April, April. Was interessiert uns unser saudummes Geschwätz von gestern."

     

    Wenn das keine Volksverarschung ist, was ist denn dann Volksverarschung?

    Das Projekt Euro entpuppt sich als ein einziges Lügengebilde.

  • B
    Branko

    "Die macht mir mein Europa kaputt."

    Helmut Kohl über 'sein Ziehkind' Angela Merkel

  • L
    Luise

    Die Problemlösung fällt umso schwerer, wenn man sich als Prämisse die unbedingte Erhaltung der Euro-Zone setzt. Hinterher ist man immer schlauer, aber wer offenen Auges durch das Europa der Jahrtausendwende gegangen ist, der konnte sehen, das die Lebensart des Deutschen und des Holländers nicht viel mit der des Spaniers oder Griechen zu tun hat. Ich würde dies nie beklagen (im Gegenteil), allerdings ist eine gemeinsame Währung, die ein Ausdruck und letztlich auch ein Maß dieser Lebensart ist, eine Fehlkonstruktion. Es würde funktionieren, wenn die Festlegungen des Maastricht-Vertrages aus den 90ern einzuhalten gewesen wären, aber genau diese Unterschiedlichkeit der Völker musste zum Scheitern führen. Man sollte dies erkennen und umkehren; ohne Pathos sondern ganz pragmatisch, technisch und erst dann auch solidarisch. "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa" ist Quatsch. Und wenn der "Euro so hart wie die D-Mark" sein soll, dann müßten alle wie die Deutschen werden. Ich würde das nicht begrüßen und auch nicht für möglich halten.

  • M
    MaterialismusAlter

    Diese Analyse ist richtig, auch wenn sie sich - mithilfe von Marx - noch ein wenig detaillierter ausgestalten ließe.

     

    Ohne die Leistung des Autoren schmälern zu wollen, dem man für diesen Kommentar natürlich zu großem Dank verpflichtet ist, bleibt doch festzuhalten, dass diese ökonomischen Zusammenhänge nun nicht derart komplex sind, dass ein geschulter Wirtschaftsjournalist sie nicht erfassen könnte. Deshalb drängt sich eine wichtige Frage auf... Warum ist dieser Artikel einer von wenigen, die diese Analyseleistung erbringen, anstatt nach moralisch verwerflichen Schuldigen zu suchen oder die Genese dieser Krise als offensichtlich etwas unangenehmes Thema gleich ganz zu umgehen?

     

    Der deutsche Journalismus scheint sich den (vermeintlichen) Interessen des nationalen Kollektivs bereits untergeordnet zu haben. Veröffentlicht wird nur noch der Teil der Wahrheit, der Deutschland dient.

  • G
    Gallier

    Guter Artikel, der ein wenig spät kommt.

    Wie das mit dem Euro kommen (und möglicherweise enden wird), das wussten wir schon vor vielen Jahren.

    Aber das gerade in Deutschland gepflegte "politisch Korrekte" (man hat gefälligst für Europa und den Euro zu sein) hat sich aufdrängende Tatsachen immer wieder erstickt.

    Paradoxerweise war es Mitterand, der ursprünglich den ganzen Euro-Schlamassel auslöste. Er war es, der Kohl zur Zustimmung für die Euroeinführung drängte. Nun jammert Frankreich, Deutschland sei zu stark, würde die anderen Euroländer an die Wand drücken.