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Debatte 30 Jahre GrüneHat sich die Partei überholt?

Ja, sagt Stefan Reinecke, denn die Grünen sind zwar erfolgreich, aber ohne Eigensinn. Nein, sagt Andreas Fanizadeh, denn fast alles, was das Land lebenswerter macht, verbindet sich mit den Grünen.

Bekanntes und lautes Gesicht der Grünen: die Bundesvorsitzende Claudia Roth. Bild: ap

J A

Die Grünen sind enorm erfolgreich. Wenn man sich das Chaos der Gründungsjahre vor Augen führt, ist es erstaunlich, dass aus der Mixtur von Ökos, Exkommunisten und Alternativen eine zuverlässige Partei geworden ist. Die Grünen haben ihren Fundamentalismus überwunden und sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, selbstverständlich ohne dabei ihre Ideale zu verraten. Sie haben sich mehrfach gehäutet und sind so dem Schicksal entronnen, zur Generationspartei zu werden, die mit Fischer, Trittin & Co ausstirbt.

Auf der Habenseite stehen ganz groß der Ausstieg aus der Atomenergie und der Einstieg in die erneuerbaren Energien. Außerdem haben sie sich clever aus der Fixierung auf die SPD gelöst. Schwarz-Grün, das sie noch etwas verstohlen anvisieren, symbolisiert das Ende des Generationskonfliktes, der 1980 der Treibstoff für das Projekt war. Die Grünen sind erwachsen geworden.

So ungefähr sieht das Selbstbild der pragmatischen Grünen nach 30 Jahren aus. Es klingt wie ein Märchen. Und genau das ist es auch: ein Märchen zur Selbstberuhigung. "Sozial - ökologisch - basisdemokratisch - gewaltfrei", das wollten die Grünen 1980 sein. Gewaltfrei? Der Pazifismus ging bei der erstbesten Gelegenheit im Kosovo und dann in Afghanistan über Bord. Basisdemokratie? Kaum eine andere Partei hat sich derartig autoritär von einer Figur kujonieren lassen wie die Grünen von Joschka Fischer.

Sozial? Hartz IV hat die Sozialdemokraten an den Rand der Selbstzerstörung getrieben. Die Grünen, die auch brav dafür gestimmt haben, hat die Agenda 2010 kaum eine Stimme gekostet, weil die eigene gut situierte Klientel Hartz IV nur aus dem Fernsehen kennt. So gründlich und schnell hat selten eine Partei ihre Ideale an den Nagel gehängt.

Merkwürdig ist, dass den Grünen all das nicht richtig geschadet hat. Es ist ihnen noch nicht mal aufs Gemüt geschlagen. Irgendwie lebt die grüne Klientel in dem beruhigenden Bewusstsein, eine Art Abo auf Moral zu haben. Aber man kann ja trotzdem mal mit der Union koalieren. Klar, eigentlich wissen Grüne, dass die Welt noch immer in einem skandalösen Zustand ist. Aber man hat sich halt dran gewöhnt.

Wie dehnbar das grüne Weltbild ist, zeigen die postpolitischen Karrieren der früheren Alternativhelden. Joschka Fischer berät Energiekonzerne, BMW und Siemens, Rezzo Schlauch Kernkraftwerksbetreiber, Matthias Berninger wechselte vom Staatssekretärssessel direkt zu einem Süßwarenkonzern. Bei der SPD reagierten wenigstens ein paar verschnupft, weil Schröder mit Gazprom anbändelte und Clement für RWE arbeitete. Bei der Ökopartei ist man da ganz, ganz liberal. Die Grünen sind eine Art FDP mit Gutmenschen-Soundbites geworden. Und über allem liegt eine stickige, neobürgerliche Gemütlichkeit, die jeden Streit im Keim erstickt.

Das ist der eigentliche Preis, den die Partei für ihre Biegsamkeit bezahlt hat. Sie ist bieder und intellektuell anspruchslos geworden. Die harten, oft verbissen ausgetragenen Kontroversen, die es bis in die späten 90er-Jahre gab, sind Geschichte. Es gibt zwar offiziell noch Realos und Linke. Aber das sind nur historische Hausnummern, die man aus Gewohnheit beibehält. Im Grunde passt zwischen Kuhn und Trittin, Künast und Roth kein Löschblatt. Es ist diese bräsige Selbstgefälligkeit, die die Grünen auch ästhetisch zum Problem macht.

Natürlich gibt es ein paar intellektuelle Produktivkräfte. Etwa Sven Giegold, der von Attac kam und das kluge Green-New-Deal-Konzept mit erarbeitet hat. Doch das grüne Milieu tickt längst anders. Man sollte sich auch von dem radikalen Wahlprogramm 2009 nicht täuschen lassen. Jeder weiß, dass davon nichts übrig bleibt, wenn die Grünen mal wieder regieren. Wahrscheinlich dann eher mit der Union als mit SPD und Linkspartei.

Aber was ist mit der Ökologie, die sich die Partei vor 30 Jahren auf die Fahne schrieb? Ist das kein ausreichendes Sinnreservoir? Zum Teil. Das ökologische Denken ist - auch dank der Grünen - in die Gesellschaft eingesickert. Der Preis dieses Erfolges ist, dass Öko kein Alleinstellungsmerkmal mehr für die Partei ist.

Angesichts des Klimawandels tut ein neuer, ökologischer Radikalismus not, der viel mehr sein muss als ein bisschen netter Öko-Lifestyle. Es wird um Verzicht und fundamentale Änderungen gehen. Die Grünen aber sind eine Partei kostenloser Moral geworden. Sie haben ihren Eigensinn gegen den Glauben an das Machbare eingetauscht. Sie werden auch in den nächsten 30 Jahren Minister stellen und Wahlen erfolgreich absolvieren. Nur wichtig sind sie eben nicht mehr. Weil sie die Kraft, Unbequemes zu wollen, verloren haben.

STEFAN REINECKE ist Parlamentskorrespondent der taz.

+++++++++

NEIN

Als mir die Zeitschrift konkret noch etwas bedeutete, Ende der 1980er, Anfang der 1990er, hatte es sich deren Herausgeber Hermann L. Gremliza zur Gewohnheit gemacht, monatlich das unmittelbar bevorstehende Ableben der Grünen zu verkünden. Auch das der taz - laut Gremliza die "Kinderfaz". Die Diagnose: mangelnder Radikalismus. Die undogmatische Neue Linke würde in Gestalt von taz und Grünen nur zur Modernisierung statt zur Überwindung des Kapitalismus beitragen.

Nun, zwanzig Jahre und zwanzig Fraktionsschlachten später sind die Verdächtigen stärker denn je im Bundestag vertreten. Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit schrieben Geschichte und trugen nicht unwesentlich zur Demokratisierung des Landes bei. Heute repräsentieren Cem Özdemir, Renate Künast, Jürgen Trittin oder Christian Ströbele die Partei und ihre unterschiedlichen Strömungen. Und auch wenn inzwischen in Gestalt der Linkspartei ein neuer politischer Akteur in den Ring getreten ist, um die dogmatische Westlinke mit der dogmatischen Ostlinken zu einen, den Grünen hat es bislang überhaupt nicht geschadet.

Diese verstanden sich seit ihrer Gründung als parlamentarischer Arm von Neuer Linken und Bewegungen. Trotz Regierungsbeteiligungen blieb die Verbindung zu den antiautoritären Flügeln der Bewegungen intakt. Auch diese haben sich in den vergangenen Jahren wie die Grünen stark verändert. Autonome Antifas wurden zu bürgerrechtlich agierenden Antirassismusbeauftragten. Nach der Ära des Helmut Kohl schien es oft klüger, mit den rechtsstaatlichen Institutionen zusammenzuarbeiten, als sie zu bekämpfen. Aus militanten Umweltschützern wurden pressegeschulte NGO-Angestellte, Dritte-Welt-Aktivisten reisten mit der früheren SPD-Entwicklungsministerin um die halbe Welt.

Die autoritäre Rhetorik von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi prallt an den Erfahrungen dieser Milieus ab. Die Lehre von Haupt- und Nebenwiderspruch zieht hier nicht. Schon die K-Gruppen gingen mit ihrem Primat des Ökonomischen im Westen baden. Trotz Afghanistan, Hartz IV oder Jugoslawien in der Vergangenheit blieb die Grüne Partei bei aller Kritik und Widersprüchlichkeit stabil.

Ganz offensichtlich ist das grüne Milieu vielschichtiger, als dies konservative sowie superlinke Gegner so gern behaupten. Fast alles, was das Land in den vergangenen zwei Jahrzehnten offener und lebenswerter gemacht hat, verbindet sich mit dieser Partei und den ihr nahen Bewegungen. Stichworte wie die Reform des völkischen Staatsbürgerrechts oder der Atomkonsens erklären nicht annähernd den auch habituell sichtbaren Wandel eines zuvor in Kohl erstarrten Deutschlands.

Turnschuhe gegen rote Sterne und Trachtenvereine: Eine Frau als Bundeskanzlerin, schwule Bürgermeister und Außenminister, ihnen ging der frühere autonome Straßenkämpfer im Amte des Außenministers voraus. Autonome und Grüne glauben neben einer vernünftigen wohlfahrtsstaatlichen Regulierung von jeher stark an die verändernde Kraft des eigenen Tuns. Man mag dies belächeln, doch Radfahrer leben länger und besser als die motorisierte Klasse.

Umverteilung ist nicht das selig machende Allheilmittel, solange es existierende Werte und Verwertungsmodelle nicht hinterfragt. Die alte sozialistische Linke denkt im Grunde immer noch in Haupt- und Nebenwidersprüchen. Die SPD stärker national und Abwrackprämien-orientiert, die Linkspartei schon mal international, mit Venezuelas Hugo Chávez als Maskottchen, dem eine menschenrechtlich orientierte Politik im Bündnis mit dem Iran so egal ist wie weiland Franz Josef Strauß oder Erich Honecker.

Die Grünen sind in den 1970ern entstanden, weil die SPD der CDU damals ähnlicher war als der neugierigen Jugend. Die autoritär-kommunistischen Gruppen und Staatsregime waren auch unattraktiv, da unfähig zur Erneuerung. Es ist albern, heute immer wieder neue ökonomistische Klassenrituale abzurufen und, obwohl die Grünen die meisten Stimmen auch in Bezirken wie Kreuzberg erhalten, das Klischee vom reichen grünen Villenbesitzer zu bedienen. Es ist und war die Stärke der Neuen Linken und später der Grünen Partei, sich in klassenübergreifender Solidarität zu sehen, ohne Verleugnung der Herkunft, als Gleiche unter Ungleichen.

Trotz Hartz IV, Bankenkrise und zu hoher Managergehältern: Das Leben ist mehr als ein Verteilungskampf. Das hatten all die Hippies und Aussteiger schon in den 1960ern begriffen. Doch alles hat seine Zeit. In Dosenpfand und Windrädern steckt möglicherweise kein Rock n Roll, doch Freunde des Sozialismus, die Welt ist widersprüchlicher, als ihr denkt! Du musst dein Leben ändern und so den Kapitalismus. Oder eben Monat für Monat konkret lesen.

ANDREAS FANIZADEH ist Leiter des taz-Ressorts Kultur.

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30 Kommentare

 / 
  • P
    peter

    wer hat uns verraten?

    Sozialdemokraten! *

     

    Wer war mit dabei?

    Die grüne Partei!

     

     

     

    Unter jungendlichen, die keine andere grüne Partei kennen, als die, die Kriege unterstützt und Sozialabbau sowie Umverteilung von oben betreibt, ist der Unterschied zwischen den Grünen, FDP und CDU minimal.

    Warum? Weil außer in rosaroten Erinnerungen zu schwelgen von den Grünen nichts neues mehr kommt. Ganz zu schweigen von liberaler, ArbeitnehmerInnen-feindliche Politik und Unterstützung von militärischen Interventionen.

     

    Tja, vielleicht waren die Grünen vor Jahrzehnten die fortschrittliche Kraft schlicht hin.

     

     

    Aber wer ernsthaft behauptet, die Autonomen von damals hätten sich in der Grünen Partei gesammelt und linke, gute Politik gemacht, der labert Stuss.

    Außerparlamentarische, linke Kräfte haben mittlerweile jeglichen Kontakt zu den Grünen verloren. (abgesehen von notorisch verkürzten Kritikern von Attac und NOGs)

    Warum auch?

    Dann können sie auch gleich mit den anderen bürgerlichen Parteien zusammen was machen.

     

    Ne, die Grünen haben ihre "Deadline" erreicht, ab jetzt ist nichts progressives, emanzipatorisches mehr von ihnen zu erwarten.

    Die Partei kann sich auflösen, sie sind ÜBERFLÜSSIG!

     

     

     

    *(und Sozialdemokratinnen)

  • R
    reblek

    @ Kommentator: Da hat jemand, der meinen nickname und meine e-mail-Adresse kennt, unter meinem Namen etwas zu einer missverstandenen Passage in Reineckes Text geschrieben. Wahrscheinlich hat er angesichts von Reineckes Realo-Schreibe, wenn es um "Die Linke" geht, nicht für möglich gehalten, dass es sich um Ironie handelt. Und noch wahrscheinlicher ist, dass er, nachdem er seinen Unmut abgelassen hat, den Text nicht mehr weitergelesen hat.

  • AF
    A. Fanizadeh

    In der Bundesrepublik führte die ungeheure Härte, mit der postfaschistische Gesellschaft und Staat in den 60er und 70er Jahren die außerparlamentarische Revolte und die demokratischen Reformen abwehrten, zu einer großen Desillusionierung. Eine Desillusionierung, die einerseits zum Aufbau bewaffneter Gegeninformationen, andererseits zur Reintegration in den Staat führte. Die Bewegung der Reuigen sammelte sich seit Ende der 70er Jahre in der frisch gegründeten Partei der Grünen und wurde dort gegenüber den sozialistischen Kräften im Verlaufe der 80er Jahre bestimmend. Jede nationale Klasse schafft sich ihren eigenen Mythos, der sie zur Herrschaft berechtigen soll. Entsprechend musste sich der subversive Teil der Neuen Linken als eigenständige Kraft formieren, auf der Suche nach so etwas wie dem dritten Weg, der Utopie einer tatsächlich sozialistischen Gesellschaft. Naheliegend schien auch der Gedanke, dass das gesellschaftliche Kapitalverhältnis sich nicht ohne weiteres und schon gar nicht ohne Methode und Gewaltanwendung verändern ließe. Über die genaueren taktischen und strategischen Bestimmungen gingen die Meinungen jedoch weit auseinander. Es ist oft nicht das Problem, dass da zu wenig Leute Aktionen machen, dazu braucht man gar nicht immer so viele, sondern dass die anderen oft nicht einmal das Milieu dafür hergeben, sondern sich auch von der aktiven Selbstverteidigung distanzieren. In der taz gab es nach 1998 eine zeitlang diese zynische „links & rechts“-Rubrik. Da wurden Antifa-Aktionen gleichgesetzt mit dem Nazi-Terrror. Sollte man sich etwa nicht gegen Leute wehren, die einem an die Gurgel wollen? Nun gibt es manchmal Situationen, die geradezu nach schneller Veränderung schreien. Gerade in Anbetracht dieser ist es ratsam, die Erfahrungen und Diskussionen vorheriger Kämpfe nicht zu ignorieren. Schädlich für linke Mehrheiten sind die vor allem von der Linkspartei praktizierten populistischen Rituale der Abgrenzung von konsensualer parlamentarischer Politik. Ebenso linksideologische Phrasen über ein schwarz-gelbes Schreckgespenst.

  • S
    SchwarzGrün

    Was macht eigentlich der Joschka?

    Der ist bei RWE & BMW ... das spricht für sich

  • KK
    Klaus Keller

    Überholt? von wegen, rechts abgebogen und fährt sich im besten Fall selbst hinterher und überrollte wie ein Kampfpanzer die früheren abgehängten Grundsätze.

     

    PS die Environmental Protection Agency der USA wurde am 2.12.1970 unter Nixon gegründet.

    Fischer, Kühnast etc hätten auch dort den Minister gegeben.

    (Das dt. Ministerium wurde 1986 gegründet wenn ich mich nicht irre, erster Chef war Walter Wallmann, ohne grüne Beteiligung).

     

    nicht überholt, überflüssig

     

    klaus keller hanau

  • K
    Kommentator

    @ reblek

     

    Ich habe den ersten Absatz als ironisch angesehen.

     

    Deswegen:

    "So ungefähr sieht das Selbstbild der pragmatischen Grünen nach 30 Jahren aus. Es klingt wie ein Märchen. Und genau das ist es auch: ein Märchen zur Selbstberuhigung."

     

    In der taz werden immer wieder mal ironische Passagen gedruckt, jedoch auch sehr naive neoliberale Kommentare, die nach Satire klingen aber gar nicht als solche gemeint sind.

    Deswegen man sich manchmal nicht ganz sicher sein kann.

     

    Aber das kann nur ironisch gewesen sein.

  • M
    Martin

    Das was eine Partei will oder das was im Programm steht wird erst dann relevant, wenn sie über 50% der Parlamentssitze inne hat. Ansonsten zählt nur das, was sie in einer Regierungskoalition durchsetzen kann verglichen mit dem, was ohne sie gemacht oder nicht gemacht würde.

     

    Weiterhin ist wichtig bei der Beurteilung einer Partei, welche Alternativen es gibt, die es auch über 5% schaffen.

     

    Nach diesen einleuchtenden Kriterien sollten doch die meisten hier zufrieden sein mit den Grünen.

  • IN
    Ihr Name Hans Nerlich

    Schließe mich dem Kommentar von Sibille von gestern voll und ganz an. Bin selber Grünen-Mitglied und glaube manchmal, dass wir zwar zu vernünftig und brav sind, aber die inhaltliche Richtung prinzipiell stimmt. Vor allem haben die Grünen es geschafft, Alternativen zu realisieren, in der Gesellschaft durchzusetzen; das können viele "linke" Symbolpolitiker nicht vorweisen. Es würde mich auch interessieren, für wie viele dieser radikalen Kommentatoren der Vorwurf der Bürgerlichkeit, A14 usw. ebenso zutrifft, hier wird ordentlich projiziert. Völlig daneben finde ich, dass man nicht mehr zur Wahl gehen sollte oder könne, hier ist der pseudoradikale Wohlstandsbürger einfach ignorant. Wir sind nicht mehr in der 60-er und 70-er Jahren und Bewegungen kommen viel subtiler daher. Wenn Ihr radikale Politik machen wollt, dann müßt Ihr das auch tun, viel habe ich davon bisher nicht bemerkt.

  • R
    reblek

    Die Grünen haben ihren Fundamentalismus überwunden und sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, selbstverständlich ohne dabei ihre Ideale zu verraten." Als jemand, der mehr als ein Jahrzehnt als Mandatsträger bei den mittlerweile sogenannten Grünen zugebracht hat, darf ich fragen, ob Herr Reinecke Tomaten auf den Augen und Bohnen in den Ohren hat. Der Krieg im Kosovo war kein "Verrat an den Idealen" der Grünen? Nein, die Partei hat nur mal eben, weil Fischer Minister werden wollte, ihr friedens- und außenpolitisches Programm aus dem Fenster geworfen. Das waren ja keine "Ideale". Über "Die Linke" wird Reinecke bald auch so schreiben, wenn die in der von ihm für so erstrebenswert gehaltenen "Mitte" angekommen ist. Was ist an einem Blatt, das zur Mitte strebt, "links", bitte schön?

  • LL
    Leo Leipzig

    Tja, schade eigentlich, da geht einem eine der wenigen wählbaren Alternativen Schritt für Schritt über den Jordan. Seit Jahren nur noch egozentrisches Gehabe und völlig inhaltsleere Sprechblasen (Roth, Trittin, Kühnast) der Führungsdarsteller. Beliebigkeit in der politischen Ausrichtung, Hauptsache an die Macht. Und die zweite Reihe ist leider auch nicht viel besser (Ozdemir, Palmer). Für mich gibt es da nur 2 logische mögliche Weiterentwicklungen: Entweder der geneigte Wähler wird sich hüten, weiterhin ein Kreuz zu malen, damit verschwindet der Beamten- und Soziologen als Altenverein in der Pflege, oder eine nachfolgende Generation schafft es, die Verkrustungen wegzublasen um mit basisdemokratischer und vor allem klarer Ausrichtung der Truppe wieder frische Luft zum atmen zu geben. Und dem Wähler wieder eine Alternative.

    good luck (and good night)

  • H
    hoch_die_tassen

    @ Sibille

     

    Tut mir leid, das wird mich nicht dazu bewegen, in Zukunft wieder für die Grünen zu stimmen.

     

    Viele ehemalige Wähler sind bitter enttäuscht.

     

    Hartz-4 als schmerzlichen Kompromiss zu bezeichnen, grenzt schon an Ignoranz. Man hätte die Koalition ja auch verlassen können, das wäre ehrlicher gewesen.

     

    Ein Abgeordneter schwelgt in Diäten, der kann sich das gar nicht vorstellen, mit 350 Euro/Monat zu leben.

     

    Öko schön und gut, aber nicht jeder kann sich das auch leisten, vor allem ALG2-Empfänger müssen jeden Cent dreimal umdrehen.

     

    Für mich als Bahnfahrer war auch entscheidend, was sich unter Rot-Grün in der Verkehrspolitik geändert hat, nämlich fast gar nichts. Bahnfahren wird immer teurer.

     

    Schauen Sie sich dochmal Claudia Roth an, z. Bsp. auf You Tube das legendäre Türkei-Interview ("Ich liebe die Konflikte in der Türkei" usw. - ein Hohn für alle Kurden), die hat doch nie in ihrem Leben gearbeitet, solche Leute muss man nicht noch wählen.

  • M
    melchi

    Was ist denn die Alternative zu den Grünen? Die Koch/Rüttgers-CDU? Die Ein-Thema-Partei FDP? Die spießige, materialistische und dilettantische SPD? Die Linkspartei, die noch nicht begriffen hat, dass Antikapitalismus allein nicht reicht, um links zu sein?

    Natürlich werden der Kosovo- und der Afghanistan-Einsatz zu recht kritisiert. Natürlich ist Hartz IV ein Skandal. Und natürlich ist bei den Grünen die bedenkliche Tendenz zu beobachten, Kabinettsposten als Selstzweck zu sehen.

    Auf der anderen Seite sehe ich aber nur bei den Grünen, dass Fortschrittliches wie z.B. das bedingungslose Grundeinkommen in absehbarer Zeit mehrheitsfähig sein könnte und dass der Fetisch Wachstum wirklich in Frage gestellt wird. Die Grünen sind als einzige Partei in Ansätzen postmaterialistisch. Für linke Grüne wie Robert Zion besteht "Wohlstand nicht darin, eine Arbeit zu machen, die wir hassen, um uns eine Scheiße zu kaufen, die wir nicht brauchen." (http://www.robert-zion.de/downloads/Links-libertaer.pdf)

    Aber wer weiß, vielleicht übernehmen ja in der Linkspartei bald Leute wie Katja Kipping oder Klaus Lederer das Ruder. Dann hätten die Grünen wieder erstzunehmende Konkurrenz.

  • P
    Paco

    Mit ihrem Ja zu den Kriegen in Jugoslawien und Afghanistan haben sich die Grünen einer ihrer wichtigsten Wurzeln entledigt Dies mit Realpolitik oder Verantwortungsethik zu bemänteln ist blanker Hohn. Schade, ich habe mir einmal so viel von den Grünen erhofft! - Aber vielleicht bringt sie eine so mutige Frau wie die EKD-Ratsvorsitzende Käßmann zum Nach- und hoffentlich Umdenken.

  • DD
    dankwart dussek

    "... denn fast alles, was das Land lebenswerter macht, verbindet sich mit den Grünen."

    Na - da hat er doch recht, der Andreas Fanizadeh. Denn was macht das Leben hierzulande nochmal lebenswert? Genau, genau, das regelmässige Einkommen ab Gehaltsstufe A14.

    Damit verschmerzt der gemeine Grüni dann seine "schmerzhaften Kompromisse" angemessen in armanibewehrter Heldenpose.

  • C
    chris

    Ja die Partei hat sich ueberholt...

     

    Die Parteispitze ist alt und ist nicht wirklich gewillt Leute aus der GJ ( Gruene Jugen ) nachrutschen zulassen, was wohl daran liegt, dass die GJ um einiges radikaler denkt (so wie die Gruenen bei ihrer Gruendung).

     

    Und Kriegspolitiker wie Joschka wollen wir nicht !

     

    Gruesse aus der GJ RLP

  • B
    butterbrot

    Die Diktion des Herrn Fanizadeh erschließt sich mir nicht. Fällt mir bei Ihnen in letzter Zeit öfter auf, dass schöne Prosa steht, wo eigentlich Aussagen sein sollten. Nix gegen schöne Prosa und nix gegen schöne Prosa mit Aussage. Aber...und so weiter.

  • K
    Kommentator

    Parteien, Repräsentanten und besonders die grüne Repräsentanzpartei sind beliebiger neoliberaler Abschaum.

     

    Unter dem Label von Realpolitik und angeblich kleinen Verbesserungen hat man daneben sämtliche Ideale ad absurdum geführt - sämtliche.

    Und auch sonst - wie Stefan Reinecke mit mir seit lange im Tenor argumentiert - letztlich mehr Soll als Haben.

     

    Geht man die Argumente des Contras durch, so wirkt das zwanghaft und mit der Realität NICHT vereinbar:

    - Anti-Autoritarismus: Wir sind eine nach den 70ern zunehmend autoritärer werdende Gesellschaft, in der die Überwachung bedrohliche Ausmaße annimmt, Gewerkschaften weniger zu melden haben, Ausbeutung krasser wird.

    Grün hat dagegen zuletzt recht wenig unternommen.

     

    - Humanisierung des Kapitalismus: Wir werden immer asozialer, gönnen den Ärmsten nix mehr und schmeißen es den Superreichen in den Rachen.

    Die Dritte Welt krepiert.

    Danke, Grün wirkt hier wie dort!

     

    - Demokratisierung: Neben Bürgerbegehren und anderem hat sich wenig getan. Schaut man bei diesen in die Details, so ist kaum was von Demokratie erkennbar.

     

    - Entwicklungshilfe dank Grün: Zynischer geht es kaum, die Dritte Welt ist voller Hunger, Krieg und Krankheit. Was hat sich verbessert?!? Nix!

    Nein, selbst Nato-Fans sind bei den Grünen schon dominant.

     

    Grün ist mal Jamaica-marktradikal, mal mit SPD neoliberal/unsozial hoch 3, mal mit CDU vollends verbogen - nie aber sozial, altliberal oder gar links.

     

    Piraten und Linke - denen ich ebenfalls wenig Hoffnung schenke - sieht man bei den Grünen sogar als feindlich an. Das sagt doch alles.

     

    Grün werde ich lange oder gar nicht mehr wählen, vielmehr alle meine Mitmenschen von deren Lügen (wie schon bei der SPD sehr erfolgreich) überzeugen.

     

    PS: Liebe taz, bitte löse dich von den Grünen und bleib deiner Ausrichtung treu.

  • E
    Edelweiß

    Die gehen sogar mit den Schwarzen von der CDU ins Bett. Die Stammwähler scheinen sich in die selbe Richtung entwickelt zu haben. Ich brauche die Grünen so dringend wie ne dritte Schulter.

  • KM
    Kurt mit Gurt

    Der Untergang der Grünen begann mit Joschka Fischer und seinen Spießgesellen. Seit dem diese Nisse in die Partei eingetreten war, war " Moral " nur mehr ein Fremdwort.

     

     

    Kurt

  • S
    schallrauch

    Schon das zweite Mal seit kurzem, dass jemand aus dem Kultur-Ressort bei der Pro/Contra Rubrik dilettiert.

     

    Unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema sind ja interessant, aber doch nicht so! Habt ihr niemanden gefunden, der irgendwas qualifiziertes dazu zu sagen hat? Aber evtl. spricht das ja auch für den größtmöglichen Inhalt des "Nein"-Statements.

     

    Wer 2010 bei den Grünen noch irgendeine Nähe zu sozialen Bewegungen herbei halluziniert, hat wohl (grüne) Tomaten auf den Augen.

  • D
    DasPferd

    Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie wenig und was die Menschen in Erinnerung behalten. Natürlich haben die Grünen unter rot-grün einige ihrer Ideale verraten, aber nicht alle und der eigentümliche Vergleich mit der FDP ist sowas von albern und durchschaubar!!!

    Wenn zumindest mal objektiv die positiven und negativen Aspekte nebeneinander gestellt würden, stattdessen wird sich immer nur gezielt das raus gesucht, was einem missfällt.

    Ich versuch das für mich zumindest mal zu machen, ihr könnt dann ja euren Senf dazu geben.

    Pro | Contra

    Atomausstieg | Auslands-/Kriegsein-

    | sätze der Bundeswehr

    Ökosteuer | Hartz IV

    Dosenpfand | Unterstützung von

    |Schilys Überwachungs-

    | wahn

    sog. Homoehen | Öffnung der

    | Finanzmärkte für

    | Hedge Fonds

    Stärkung der |

    erneuerbaren Energien|

    Stärkung des |

    Verbraucherschutzes |

     

    Beliebig erweiterbar, mehr viel mir jetzt in der kürze nicht ein.

    Zu den Vorwürfen bezüglich Basisdemokratische Grundsätze verraten. Das mit dem Sonderparteitag bezüglich des Afghanistanseinsatz mitbekommen? Auch wenn es mal dominierende Personen in einer Partei gibt, kann es doch im Anschluß eine Gegenbewegung sogar Rückbesinnung geben. Hier wird die Basis unterschätzt.

    Und das es nun neben rot-grünen Bündnissen auch andere Koalition mit Grünen gibt, kann man doch wenn nur inhaltlich kritisieren und nicht pauschal...

  • S
    Sibille

    Das Gejaule über die ach so miesen Grünen von heute nervt.

    Es ist natürlich viel einfacher hier superkluge Leserbriefe zu schreiben anstatt sich in Gemeindeparlamente oder Stadtteilparlamente für Grüne Politik zu einzusetzen.

    Das hat was mit langfristiger Arbeit und mit Kompromissen zu tuen. Und weil Die Grünen NICHT die absolute Mehrheit in den Parlamenten haben sind eben öfter schmerzliche Kompromisse zu ertragen.

    Doch schaut Euch mal die Erfolge Grüner Politik an. Viele Grüne Themen sind in ALLEN Gesellschaftsschichten vorgedrungen. Wer von Euch hätte das vor 30Jahren gedacht? Und wer hat dafür 30Jahre GEARBEITET? Nur mit Sprücheklopfen wäre das nicht erreicht worden!

  • H
    h.yurén

    im bund werde ich die partei nicht mehr wählen. sie hat zu viel mitregiert.

    aber das wichtigste: sie ist der falsche weg, die öko-bewegung zur stärksten kraft im land zu machen. macht macht unglaubwürdig.

    andrerseits ist es nur allzu menschlich, dass die matadore unten ein anderes bewusstsein hatten als oben. das gilt aber für alle parteien.

  • B
    BKRAFT

    Die Grünen sind zur Partei der Opportunisten geworden. Eine FDP mit ökologischem Anstrich. Hauptsache gut bezahlte Posten. Ja, die Grünen sind der beste Beweis dafür, wie schnell sich Menschen von diesem System korrumpieren lassen.

    Leider zeichnen sich in der Linkspartei die gleichen Tendenzen in noch schnellerer Zeit ab.

    Es ist zum Heulen.

  • S
    Shu

    Von den Grünen ist nichts mehr übrig - nur noch Mainstream!

  • S
    Sonne

    Die Grünen sind jetzt eine bürgerliche Partei mit grünem Lack. 1999- Krieg gegen Jugoslawien, 2001-Krieg gegen Afghanistan, 2005-Agenda 2010 (Hartz IV), Schwarz-Grüne Koalition im Hamburg, Schwarz-Gelb-Grüne Koalition im Saarland. Das ist nicht mehr die Partei, die aus der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung entstanden ist.

  • I
    Ich

    Traue niemandem über 30.

  • G
    Gremlizzza

    "Trotz Hartz IV, Bankenkrise und zu hoher Managergehältern: Das Leben ist mehr als ein Verteilungskampf. (...) Doch alles hat seine Zeit. In Dosenpfand und Windrädern steckt möglicherweise kein Rock n Roll, doch Freunde des Sozialismus, die Welt ist widersprüchlicher, als ihr denkt! Du musst dein Leben ändern und so den Kapitalismus."

     

    Jawollja!!!!

     

    Die gemeine Schlecker-Leiharbeiterin sollte einfach mehr Ökofaz lesen.

    Dann hätte sie irgendwann auch wieder mehr fun in ihrem Leben...

  • V
    Vollpfosten

    Die Grünen sind eine Oppositionspartei.

     

    Ich habe sie 1998 gewählt und seitdem nicht mehr.

     

    Große Sprüche - nichts dahinter.

     

    Schaut man sich mal die Realität an, was unter Rot-Grün alles verzapft wurde, hat man es schwarz auf weiß.

     

    + Bahnfahren wurde immer teurer.

    (von wegen ermäßigter Mwst-Satz)

     

    + Hartz-4: Zustimmung der Grünen

     

    + Bundeswehr im Ausland: Zustimmung der Grünen

     

    So lange da solche Vollpfosten wie Claudia Roth auf Kosten des Steuerzahlers wie Fürsten leben und ihr Geschwafel verbreiten, werde ich mich tunlichst hüten, da noch einmal mein Kreuz zu machen.

  • KS
    Klaus Störtebecker

    Auf die Grünen und besonders ihre Wähler trifft inzwischen zu was auch über Apple-Fans gesagt wird: Stockholm-Syndrom.

    Gnihihihi!

     

    PS: euer captcha ist mist!