point 'n' click: Dead 'n' Breakfast
■ Jüngersche Todesverachtung: Kampfkäfer „Battle Bugs“
Die Freuden eines Picknicks im Grünen: Ameisen im Kartoffelsalat, Tausendfüßler im Heringsstip, Wespenattacke auf Pflaumenkuchen. Da steckt doch 'ne Idee für ein Computerspiel drin!
Schon programmiert: „Battle Bugs“ macht einen zum Oberbefehlshaber einer Armee aus Kerbtieren, die es in 55 Einzelmissionen mit kontinuierlich anziehendem Schwierigkeitsgrad zum Sieg über eine vom Computer gesteuerte Geziefer-Kohorte zu führen gilt. Der Kampf spielt auf Stützpunkten in Form von Salamischeiben, Pizzaresten oder angebissenen Cremeteilchen. Das Terrain ist mit zahlreichen Hindernissen gespickt: Seen aus verschütteter Cola oder Sojasoße müssen umgangen werden, angeschimmelter Krautsalat zapft bei Betreten allen Insekten – außer der gegen jegliche Schadstoffe immunen Kakerlake – Lebensenergie ab, Teppichböden oder Grasflächen verlangsamen das Vorrücken.
Prallen zwei feindliche Bugs aufeinander, kommt es zum Handgemenge, dessen Ausgang von den spezifischen Angriffs- und Verteidigungswerten des einzelnen Kampfkrabblers abhängt. Da ein Insekt sich immer nur einem Gegner widmen kann, ist es ratsam, es mit mehreren zugleich anzugreifen; auf diese Weise ist auch ein starker Krieger von einer Abteilung schwächerer niederzuringen. Ameisen und Asseln können zudem mit Chinakrachern, Stinkkäsegranaten und Steinen werfen oder Flugabwehrraketen gegen bombentragende Bienen und Wespen einsetzen. Das im Nu entbrannte und sich selten wie vorausgeplant entwickelnde Schlachtgetümmel ist praktischerweise jederzeit einfrierbar, um die aktuelle Lage in Ruhe zu analysieren und den sechsbeinigen Protagonisten, falls erforderlich, per Mausklick neue Befehle zuzuweisen.
Exaktes Timing der Kampagnen ist essentiell, um ein Level zu meistern.
Die in 3D-Schrägsicht von oben gezeigten Chitinpanzer- Recken sind zwar winzig, aber ausgesprochen liebevoll gestaltet: Jeder Bug bewegt sich anders und hat seinen ureigenen Kampfstil. Die Assel wetzt wildentschlossen durchs Gelände und rammt allen Widersachern ihren Zementschädel in die Rippen, der Taucherkäfer durchquert Wasserpfützen per Schnorchel und schlägt unbarmherzig mit der Sauerstoffflasche zu, der Mistkäfer watschelt gemächlich dahin und läßt bei Feindberührung die Hose runter, um zu furzen. Makaber, aber niedlich sind auch die unterschiedlichen Sterbearten der Bugs: Der Gottesanbeterin entfährt ihr Astralleib, der Panzer des grimmigen, scheinbar unbesiegbaren Nashornkäfers zerbröselt zu Puderzucker, worauf ein Spargeltarzan im Lendenschurz zum Vorschein kommt, der kurz irritiert in die Kamera glotzt und dann umkippt, die Sanitäter-Ameise stülpt sich selbst ein Leichentuch über.
Die rigide Durchmilitarisierung der Insekten dient natürlich satirischen Zwecken: extrazackig stürzen sich die Käfer-Rambos mit jüngerscher Todesverachtung ins Gemetzel.
Allerdings überzeugt das Game auch als strategische Herausforderung; die putzige Aufmachung abgezogen, kristallisiert sich eine Art Action- Schach-Variante heraus. Die späteren, hochkomplexen Level, die oft mehrere Lösungswege parat halten, sind jedenfalls fast so schwer wie eine von Bobby Fischer ausgetüftelte Endspielstellung.
Bei „Battle Bugs“ stimmt einfach alles: originelles Spielkonzept, hoher Suchtfaktor, unprätentiöses, aber zweckmäßiges Game-Design mit vielen witzigen graphischen Details wie in der Dekoration herumliegende Fliegenklatschen oder mit dem Schriftzug „Dead 'n' Breakfast“ versehene Kakerlakenfallen. Ulrich Hölzer
Battle Bugs (Sierra), ca. 100 DM
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen