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De Maizière setzt Warnstufe herunterTerroralarm erst mal beendet

Der Innenminister fährt die Polizeipräsenz auf Bahnhöfen und Flughäfen wieder zurück. Es gebe keine konkreten Hinweise mehr auf Anschläge hier, heißt es in Sicherheitskreisen.

Noch vor zweieinhalb Monaten kursierten Horrorszenarien über mögliche Terrorangriffe. Bild: dpa

Es waren Horrorszenarien, die im November das Land aufschreckten. Von einem Massaker nach Vorbild des Terroranschlags im indischen Mumbai war da die Rede. Und von angeblichen Plänen islamistischer Terroristen, das Reichstagsgebäude zu stürmen, inklusive finalem Blutbad. Polizisten mit Maschinenpistolen und Schutzwesten patrouillierten auf Bahnhöfen, Flughäfen und an Orten wie dem Brandenburger Tor - zur Abwehr bereit.

Zweieinhalb Monate später heißt es in Sicherheitskreisen, es gebe keine konkreten Hinweise mehr auf einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag in Deutschland. Die verschiedenen Stränge seien so weit aufgelöst, dass „nach menschlichem Ermessen nichts dran ist“.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) formulierte es bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Dienstag deutlich vorsichtiger. In seinem Ministerium in Berlin gab er bekannt, dass die öffentliche Präsenz der Polizei nun wieder heruntergefahren werden könne. Eine vollständige Entwarnung könne er aber „in absehbarer Zeit nicht in Aussicht stellen“. Denn: Es gebe weitere, auch neue Hinweise, denen man verdeckt nachgehen werde.

Zeitgleich verlängerten auch die USA einen im Oktober veröffentlichten Reisehinweis für Europa nicht mehr. Der damalige Hinweis, in dem US-Bürger zu besonderer Vorsicht an typischen Touristenzielen gemahnt wurden, ist somit obsolet. Die Lage scheint sich also tatsächlich entspannt zu haben.

Die deutschen Sicherheitsbehörden waren in den vergangenen Wochen drei möglichen Terrorszenarien nachgegangen. Erstens: Ein angeblich geplanter Angriff, der das Finanzsystem Europas treffen soll. Die mutmaßliche Nummer drei von al-Qaida, ein Scheich Younis al-Mauretani, soll dafür im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet Islamisten aus Deutschland angesprochen haben.

Zum zweiten war die Rede von fünf angeblichen „Schläferzellen“ in Deutschland, die an Isar und Rhein bereitstünden für Attentate.

Drittens ging es um Hinweise auf ein angeblich geplantes Massaker nach dem Vorbild des Anschlags im indischen Mumbai, wo im Jahr 2008 Terroristen Hotels stürmten; mehr als 160 Menschen starben. Die USA hatten den Deutschen von Hinweisen auf solche Pläne berichtet, sogar von einem konkreten Zeitpunkt war die Rede: Ende November. Ein Termin, den auch de Maizière nannte, als er vor zweieinhalb Monaten die deutschen Bürger öffentlich vor der Terrorgefahr warnte.

Doch der US-Hinweis erwies sich rasch als widersprüchlich. Denn in der Nachricht des US-amerikanischen FBI soll die Rede von einer mit al-Qaida paktierenden schiitisch-indischen Gruppe mit dem Namen „Saif“ („Schwert“) gewesen sein. Indische Schiiten schmieden einen Pakt mit al-Qaida? Das passte vorne und hinten nicht zusammen. Nachdem sich das Bundeskriminalamt (BKA) mit Behörden in den USA und Indien austauschte, löste sich der Hinweis schließlich vollends in Luft auf.

Mögliche Gefährdungen in diesem Zusammenhang seien „zwischenzeitlich ausermittelt“, sagte de Maizière am Dienstag.

Bleibt ein ominöser Hinweisgeber, der sich Mitte November beim BKA meldete und von mehreren Plänen für Anschläge in Deutschland berichtete, die in Pakistan vorbereitet würden - darunter angeblich ein geplantes Attentat eines Killerkommandos, das den Bundestag stürmen wolle. Berichte darüber hatten Ende November für große Aufregung gesorgt, zwischenzeitlich wurde die Kuppel des Reichtags für Besucher komplett geschlossen.

Bei dem Mann soll es sich um einen ausstiegswilligen Dschihadisten handeln. Wie am Dienstag aus Sicherheitskreisen zu erfahren war, seien die Behörden weiter mit ihm in Kontakt geblieben, Ende Dezember sei dieser aber abgerissen. In Zusammenhang mit dem Hinweisgeber wurden vergangene Woche Wohnungen von Familienangehörigen und Bekannten im Raum Wuppertal durchsucht und Festplatten beschlagnahmt, die Auswertung dauere an.

Man gehe davon aus, dass der Mann tatsächlich Zugang zu Leuten habe, die Anschläge planen könnten, hieß es. Seine Aussagen hätten sich aber nicht weiter konkretisieren lassen und seien zum Teil widersprüchlich gewesen. Wo genau er nun ist, sei unklar.

Auch ein weiterer Hinweis auf einen möglichen Anschlag eines pakistanischen Staatsangehörigen um Neujahr herum verdichteten sich nicht.

Alles in allem kommen die Sicherheitsbehörden nun zum Ergebnis, dass die Terrorwarnung um eine Stufe zurückgeschraubt werden kann. Die Gefährdung durch den internationalen Terrorismus gilt nun in Deutschland wieder als „abstrakt“.

Man könne es verantworten, die „öffentlich wahrnehmbare polizeiliche Präsenz zurückzufahren“, sagte de Maizière am Dienstag in Berlin.

Von den Journalisten musste er sich allerdings prompt die Frage gefallen lassen, ob er nicht doch überreagiert habe, als er im November schwerbewaffnete Polizisten an die Bahnhöfe schickte.

Nein, antwortete der, es habe damals eine besondere Häufung von ernstzunehmenden Hinweisen gegeben. Dazu seien die Paketbomben aus dem Jemen gekommen, von denen eine in Köln-Bonn umgeladen wurde.

Er halte seine Entscheidung deshalb „auch im Nachhinein für richtig“, sagte de Maizière. Er könne nicht sagen, ob die Maßnahmen einen Anschlag verhindert hätten. „Eine gute Wirkung hatten sie allemal."

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7 Kommentare

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  • J
    jps-mm

    Einsatz von V-Leuten Wenn der Spitzel lockt

     

    Ein Spitzel, den deutsche Behörden aus England ausgeliehen haben, war in der Szene nicht nur professionell, sondern sexuell und kriminell aktiv. Das Lockspitzel-Wesen ist zum Geschwür im Organismus des Rechtsstaates geworden.

     

    Das Lockspitzel-Wesen ist zu einem Geschwür im Organismus des Rechtsstaates geworden. Zumal im Kampf gegen Staatsfeinde, Terroristen und Drogenkriminelle wähnen sich die Ermittler seit jeher im Ermittlungsnotstand, in dem man zu anrüchigen Mitteln und Methoden greifen dürfe. Durch deren exzessiven Gebrauch ist es aber mittlerweile zur Veralltäglichung der Anrüchigkeiten gekommen.

     

    Die Grenzen verwischen: die zwischen legal und illegal; die zwischen einer V-Person (die aus der Szene kommt und für Geld Informationen liefert) und dem verdeckten Ermittler (der ein Beamter ist, der unter einer Legende arbeitet). Wenn das Spitzelwesen nicht gezähmt wird, wenn es unkontrolliert um sich greift und so zum Unwesen wird - dann frisst es den Rechtsstaat auf.

     

    In den jüngst publik gewordenen Fällen wurde verdeckt gegen die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit ermittelt. Die Behörden sind dabei, Maß und Ziel zu verlieren. pra

     

    http://www.sueddeutsche.de/politik/einsatz-von-v-leuten-wenn-der-spitzel-lockt-1.1053108

  • Q
    Querulant

    Ein abgekartetes Spiel... jetzt da nichts passiert ist kann die Regierung behaupten, die Maßnahmen hätten Wirkung gezeigt und so kann der Ausbau zum Polizei- und Überwachungsstaat weiter begründet werden... Erst Panik machen, dann sinnlose aber gut sehbare Maßnahmen ergreifen, dann auf deren Wirksamkeit deuten und das Volk in Sicherheit wiegen... und wie ich dieses dämliche Volk kenne fällt es massenweise darauf rein und bittet gerade zu darum in den Bürgerrechten beschränkt zu werden...

  • V
    vic

    Erst Terroralarm, jetzt Terroralarm beendet- und ich bemerke überhaupt keinen Unterschied.

    Alles ist wie immer.

  • B
    berndl

    "Eine gute Wirkung hatten [die Sicherheitsvorkehrungen] allemal" - ja, genau die erwünschte Panikmache. Die Bevölkerung mal dran gewöhnen, dass in Zukunft auch anlasslos überall Polizei aufgefahren werden kann. Kleine Übung für eventuelle Auseinandersetzungen, wenn mal wieder zu viele gegen die Regierung demonstrieren?

     

    Was noch dazu kommt: wer schon mal gesehen hat, wie übergewichtige, steifgefrorene Polizisten am Berliner HBF ihre Maschinenpistolen an die Ablösung übergeben - der Lauf zeigt schön einmal in die Runde, wenn die jetzt losgeht gibt es mindestens 20 Tote - der fragt sich schon, vor wem man sich da in Acht nehmen muss.

     

    zehn Jahre ist 9-11 jetzt her. Wie lange soll das eigentlich noch als Grund für unsinnige Kriege und den Abbau von Bürgerrechten dienen?

  • A
    Anonymous

    Vielleicht sollte man nicht verschweigen, dass die taz ebenfalls bei der Terrorpanik mitgeschriehen hat und Kritik daran als "billige Verschwörungstheorien" abgetan hat.

    http://taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/deutschland-bleibt-cool-2/

  • L
    lachmalnet

    Die taz zitiert:

     

    Er könne nicht sagen, ob die Maßnahmen einen Anschlag verhindert hätten. „Eine gute Wirkung hatten sie allemal."

     

    An De Maizière: Welche Wirkung? und wieso eine gute noch dazu?

     

    Ich frage unkritisch und nur, weil ich die Zusammenhänge nicht verstehe...

  • M
    Mainzer

    Ein Mann steht in Berlin am Kuhdamm und schnippt mit den Fingern. "Was machen Sie da?" fragt ein neugieriger Passant den Schnipser.

    "Ich vertreibe gefährliche Elefanten!" antworter der Mann selbstsicher lächelnd.

    Der Passant schaut verwundert und erwidert:"Aber es gibt hier überhaupt keine Elefanten."

    "Sehen Sie - es wirkt! Das macht fünf Euro für Ihre Sicherheit!"