: Daums illegales Wettbüro
■ Trotz des fabulösen Gaudino schaffte der VfB Stuttgart gegen ein engräumiges Werder Bremen nur ein 1:1
Stuttgart (taz) — Ein illegales Wettbüro kostete dem VfB Stuttgart den Sieg! Das von Christoph Daum nämlich, der mit dem Stürmer Fritz Walter ausgehandelt hatte, daß er pro Treffer 100 Märker zu erwarten habe, pro Vorlage aber nur 75. „Wenn Fritz quer zu Mauri (Gaudino, d.A.) legt, gehen wir in Führung“ haderte das Wettbüro hernach über die vermeintlich entscheidende Situation in der 55.Minute. Doch Wettpartner Walter („Brutto oder netto?) dachte an die 25 Mark und schoß selbst, traf aber nicht. So blieb er, was er immer ist, sofern ihm keine Tor-Metaphernkombination dazwischenkommt: der Kleinste!
Der Größte ist in Stuttgart nur einer: Christoph Daum. Der Mann will Erstaunliches geleistet haben. „Bei uns stimmt der gesamte Background“, behauptete er und wird weder rot noch müde, die Herren Mayer, Vorfelder (Witz!) und Hoeneß zu loben. „Keine Cliquenwirtschaft“ mehr, man habe sich vielmehr eine Basis erarbeitet, „die auch Mißerfolge verkraften kann“. Das 1:1 gegen Werder war für den Schnauzbart keiner, da Bremen eine ausgezeichnete Mannschaft sei, die es verstehe, „die Räume eng zu machen“.
Damit hatte Trainer Daum auch gleich die Geschichte des gesamten Spiels wiedergegeben. Die Räume vor dem Bremer Tor waren nicht nur eng, sondern zu, lungerten in ihnen doch diverse Bremer herum. Wie der Otto sich das dachte: Bockenfeld eilte nach VfB-Ballverlust los und Banant dann auf einen Werder-Kopf. Dies wurde eine Stunde zaghaft angeprobt und dann mit Allofs in der Hauptrolle aufgeführt.
Mit „sauberem Kombinationsspiel“, womöglich schachbrettartig vorgetragen, hätte Werder danach das Spiel vollends gewinnen können, glaubte Otto Rehhagel. Er fühlte sich für alles zuständig, auch für die Mauer vor Michael Frontzecks Freistoß, die er solange dirigierte, bis der Stuttgarter endlich ins Tor schießen konnte. Gaudino hatte vorher übrigens den Ball quergelegt und durfte dafür mehr Beifall einheimsen als der Torschütze selbst.
Alles, was der Brillantohrträger derzeit macht, gelingt, und falls nicht, dann schreien dieselben Zuschauer „Schade Gaucho“, die ihn gestern noch dorthin wünschten, wo sie die Entstehung des Pfeffers vermuten. Mauri dankt es und läßt Fünfzigmeterpässe auf seinem Spann landen, ohne daß der Ball auch nur leicht zuckt. Dann rast er los, wo er früher zurückgepaßt hätte. Wenn er dann irgendwann über seine Beine stolpert, schreit das ganze leere Stadion entsetzt und persönlich betroffen: „Foul, ihr gemeinen Bremer!“ So schön ist es dieser Tage mit Mauri.
Schuld am Wandel des Porschefahrers Gaudino ist natürlich auch „Chrissie“ Daum. Der Trainer hatte es dem Dreitagebartträger freigestellt, „ob er Pizzabäcker oder Fußballprofi“ wird. Und? „Er hat sich für den sportlichen Weg entschieden.“ Was für Christoph Daum nur logisch war. Der hatte ihm nämlich gesagt: „Du mit deinem Können, ich mit meinem Wissen, da muß ein Klassespieler herauskommen.“ Daß aber ein verhinderter Teigwarenspezialist noch keinen Bein oder Betzenberg aufwiegt, weiß Daum schon: „Wir sind sicherlich keine Spitzenmannschaft, haben aber im Rahmen unserer Möglichkeiten überdurchschnittliche Leistungen erbracht.“
Mir diesen Hinweis zu Herzen nehmend und weil der VfB trotz Daum immer verliert, wenn es darauf ankommt, und weil Rolf Töpperwien schon wieder den illegalen Südmilch-Journalistentip gewonnen hat, habe ich meinem illegalen Wettbüro folgenden Tip angeboten: Der VfB wird nicht Meister, und die Kickers steigen samt Bochumer Zweierpack ab! Die Wette ist akzeptiert, doch die Quote liegt bei null. Ich halte sie dennoch. Peter Unfried
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