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■ DaumenkinoRomeo is bleeding

Eine Theke in der Prärie, vergilbte Fotos, Staub tanzt im Sonnenlicht, eine rauchige Off-Stimme dazu – ein Mann denkt zurück. Fehlt bloß noch der Kerl mit der stonewashed Jeans. „Romeo is bleeding“ ist so prätentiös wie sein Titel. Mit betonter Lässigkeit lehnt er sich an die jüngeren Klassiker des film noir an, ist aber hauptsächlich mit dem Lässigsein beschäftigt. Gary Oldman markiert den verlassenen Helden, der sich an einem noch verlasseneren Truckstop an seine besseren Zeiten erinnert, als die Frauen noch sexy, der Job noch blutig und der Dollar noch hart war.

Regisseur Peter Medak, bislang Spezialist für true crimes, wollte anscheinend den kaltblütigsten Thriller der Filmgeschichte drehen, mit Oldman als korruptem Cop namens Jack, der seinem doppelten Spiel zwischen FBI und Mafia beinahe zum Opfer fällt, mit Annabella Sciorra als treudoofer Polizistengattin, Juliette Lewis als willfährigem Betthäschen und Lena Olin in der Sadomaso-Variante ihrer Paraderolle als Verführerin in „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“. Herausgekommen ist eine abgeschmackte Melange aus Sex und Crime, in der Dollarbündel tütenweise verbuddelt, Leichenarme zersägt und Paten lebendig begraben werden, während die Killerin alias Olin unseren Helden mit ihren Schenkeln zu erwürgen droht. Keep Cool, Jack: Frauen dürfen im Kino niemals einfach nur böse sein, sie müssen mindestens zu Bestien mutieren – man überlebt's garantiert. So erlebt das Machokino unter dem Deckmantel der Selbstironie sein Revival als Independent- Kunst. Wirklich komisch ist dabei höchstens die Tatsache, daß das Drehbuch der Autorin (!) Hilary Henkin laut Presseinformation zu den Top ten der besten unverfilmten Drehbücher Hollywoods gehörte. Christiane Peitz

Peter Medak: „Romeo is bleeding“. Buch und Produktion: Hilary Henkin, Kamera: Dariusz Wolski. Mit Gary Oldman, Lena Olin, Annabella Sciorra, Juliette Lewis, Roy Scheider. USA 1994, 94 Minuten.

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