■ Daumenkino: I.Q.
Da sieht man mal wieder, was man vermißt. I.Q. ist ein Frühlingsfilm mit hinreißend blühenden Blumen und Bäumen. Man hört es auch, denn mit der aus Kindertagen bekannten Melodie „Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar ...“ landet man in Princeton, bei einem fröhlich fiedelnden Albert Einstein, der Walther Matthau zu Verwechseln ähnlich sieht. Segelte Einstein nicht auch gerne? Fehlt also nur noch, daß er die Zunge rausstreckt. Aber komischerweise tut er das nicht, obwohl er gelegentlich dazu schon Anlaß hätte.
Man gönnte es dem „Rattenmann“ (Lou Jacobi), der nicht nur ein fieser Behaviorist, sondern auch der Verlobte von Einsteins reizender Nichte Catherine Boyd ist. Warum Catherine alias Meg Ryan ausgerechnet diesen Schleimer heiraten will, hat mit ihrem ganz gewöhnlichen Gefühl von der Minderwertigkeit des Weibes zu tun. Weil sie als Mathematikerin daran zweifelt, ob sie an die Größe ihres Onkels oder ihres Vaters heranreicht, bleibt ihr nichts anderes übrig, als wenigstens kleine Genies in die Welt zu setzen. Zu welchem Unternehmen sich ihrer Meinung nach Wissenschaftler besser eignen als Automechaniker.
Allerdings ist der Automechaniker Ed Walters der knuddlige Tim Robbins, der von ihrer Begegnung in der Werkstatt das untrügliche Gefühl der Liebe und ihre Uhr zurückbehalten hat. Und weil sich Albert Einstein und seine Korona dreier weiterer Geisteskoryphäen sofort in ihn verlieben, als er mit der Uhr in der Tür steht, bringt ein plötzlich begnadeter Hobbyphysiker Ed Walters mit seinem Vortrag über die kalte Kernfusion Catherine und ganz Amerika samt Präsident Ike Eisenhower in Aufruhr – am 1. April. Immerhin gibt das Catherine die Chance, ihren Onkel Albert zu widerlegen – auf mathematischem Gebiet, nicht aber was seine Gleichung über die Relativität der Liebe angeht. Und wenn zum Schluß auch noch Papa in Gestalt des Boydschen Kometen vom Himmel winkt, dann haben endlich genügend kluge Männer Catherine darin bestärkt, daß die Sache mit Ed in Ordnung ist, trotz aller Kon-, nicht Kern-Fusion.
Ganz klar, I.Q. oder Die Liebe ist relativ, ist ein Schauspielervehikel, allen voran für den strubbeligen Walther Matthau als Unterhändler der Liebe, aber auch Tim Robbins brilliert als liebenswerter „boy next door“, und daß Meg Ryan die ebenso tapfere wie niedliche Intellektuelle gut drauf hat, ist seit Harry und Sally sowieso bewiesen.
Die Liebe ist relativ, und Kinogeschichten sind es auch. I.Q. ist eine relativ nette, die sich im Stil der klassischen Screwballkomödie der 30er und 40er Jahre versucht.bw
I.Q., Regie: Fred Schepisi. Buch: Andy Breckman, Michael Leeson. Mit: Walther Matthau, Tim Robbins, Meg Ryan, Lou Jacobi, u.a. USA 1994, 95. Min.
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