■ Daumenkino: Eine Couch in NY
Die Couch ist bekanntlich das wichtigste Requisit von Psychoanalytikern. Falls es noch nicht bekannt sein sollte: Psychoanalytiker sind menschliche Wesen, die vorgeben, andere menschliche Wesen zu heilen, indem sie so tun, als ob sie ihnen zuhörten. Die Klienten legen dafür einen schönen Batzen Geld auf den Tisch. Ein toller Job, findet Beatrice, eine aparte, aber bettelarme französische Tänzerin, die ihre Pariser Wohnung für einen Kurzurlaub mit dem Appartement des New Yorker Starpsychiaters Henry tauscht und von dessen Patienten irrtümlicherweise für die Analytiker-Vertretung gehalten wird. Doch siehe da: Allen geht es besser als mit der Fachkraft, sogar dem Analytiker-Hund Edward, der eigentlich gar nicht mehr aufstehen wollte. Chantal Akermans neuer Film erinnert ein wenig an die DDR: Die Idee ist sehr hübsch, allein die Ausführung... Zum einen ärgert der platte Dualismus, mit welchem charmant schlampige, weil französische Lebensart und extrem langweilige – sprich amerikanische – Überorganisiertheit einmal mehr bemüht werden. Die Pariserin muß nur einmal durch Henrys staubfreie Wohnung tänzeln, und schon blühen allerorten BHs aus Brüsseler Spitze. Zum anderen liest Henry in Beatricens Wohnung (natürlich eine charmante Bruchbude mit Blick über die Dächer von Paris) heimlich deren Briefe, was ja vorkommen soll, nur – er liest sie auf französisch und zwar sehr ausgiebig, was Zuschauern, die des Französischen nur überblicksweise mächtig sind, einige Rätsel aufgeben wird. Außerdem spielen die rosenwangige Juliette Binoche („Aberrr nisch dooch! Sie mü-sen Ihre Maman nischt tötten!“) und der völlig in seine eigene Neurose vertiefte William Hurt komplett aneinander vorbei: Das eigene Ego schien beiden vollauf zu genügen, doch plötzlich stellen Beatrice und Henry fest, daß sie sich ganz schrecklich lieben. Wie konnte das nur geschehen? aw
„Eine Couch in New York“ von Chantal Akerman
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