piwik no script img

Dating-App für HomosexuelleGrindr schließt Sicherheitslücke

Die Dating-App Grindr zeigt den Standort der Nutzer an. In vielen Ländern können so Schwule geoutet und verfolgt werden. Jetzt hat Grindr reagiert.

Wo stehen diese Männer? Bild: dpa

BERLIN taz | Die Dating-App Grindr bietet schwulen und bi-sexuellen Männern die Möglichkeit, schnell und unkompliziert Kontakt mit möglichen Partnern aufzunehmen. Spontane Treffen sind dank der Standort-Funktion jederzeit möglich. Doch auch Nicht-Mitglieder können den Aufenthalt der Nutzer einsehen – was in manchen Ländern für die Mitglieder der Kontaktbörse äußerst gefährlich werden kann.

Bis zu 6 Millionen Nutzer in 192 verschiedenen Ländern soll der Dienst laut Betreiber haben. Damit ist Grindr weltweit eine der beliebtesten Dating-Apps für Schwule Männer. Wer sich bei Grindr einloggt, gibt automatisch seinen Standort Preis. Die App zeigt dann Profile von Nutzern im Umfeld und deren Entfernung zur eigenen Position an. Doch hier liegt das Problem: Durch Triangulation lässt sich der Aufenthaltsort des Gegenübers allein mit diesen Daten genau bestimmen.

Wenn man weiß, wie weit eine Person von zwei unterschiedlichen Punkten entfernt ist, kann man ihren Standort auf zwei Möglichkeiten eingrenzen. Bei drei Punkten hat man den genauen Aufenthaltsort. In ländlichen Gegenden ist die Bestimmung mit mehreren Punkten sogar überflüssig, da in dünner besiedelten Gegenden der Aufenthaltsort allein durch die Entfernung erkannt werden kann.

Nutzern droht Verfolgung

Gerade in Ländern, in denen Homosexualität strafbar ist, oder Schwule bedroht, verfolgt oder getötet werden, wird diese Funktion für die Nutzer von Grindr zur Gefahr. Berichten des Onlinemagazins Cairoscene zufolge nutzte die ägyptische Polizei die App, um Schwule zu verfolgen und zu verhaften. Auch die Verhaftung von sieben Männern, die in einem Video zu sehen waren, das angeblich die erste homosexuelle Hochzeit Ägypten zeigt, wird mit der App in Verbindung gebracht.

Ein Blogger hatte die Sicherheitslücke aufgedeckt. Bereits vor Monaten warnte er User im Umgang mit der App, vorsichtig zu sein. Er konnte den genauen Standort von mehr als 60.000 Nutzern in 3.000 Städten bestimmen. Auf seiner Website veröffentlichte er eine Zeitleiste, in der er die Ereignisse detailliert auflistet. Demnach wusste Grindr schon seit März von dem Problem. Doch das Unternehmen reagierte nicht.

Trotz der Warnungen sah Grindr die Lokalisierung-Funktion lange nicht als Sicherheitsproblem. Wer sich damit unwohl fühle, könnte die Funktion einfach ausschalten. Erst nach anhaltenden Protesten der eigenen Community hat Grindr auf die Vorwürfe reagiert. In Ländern, in denen Homosexuelle bedroht werden, ist die Lokalisierung nun automatisch deaktiviert. Dabei war es gerade diese Funktion, die Grindr zu seiner Beliebtheit verhalf.

„Überwachen und überprüfen regelmäßig“

Wie groß das Risiko ist in bestimmten Ländern solche Dating-Apps zu nutzen, zeigt auch ein Vorfall während der Olympischen Winterspiele in Sotschi. Damals wurde eine ähnliche App gehackt. Nutzer erhielten eine Nachricht, dass sie wegen homosexueller Propaganda verfolgt würden, wenn sie den Dienst weiter nutzen.

Auf Anfrage, wie das Unternehmen auf die Sicherheitsbedenken der User reagieren, sagte ein Sprecher von Grindr: „Wir überwachen und überprüfen regelmäßig alle Berichte von Sicherheitsproblemen. Daher evaluieren wir weiterhin und nehmen laufend Veränderungen vor, um unsere Nutzer zu schützen.“ Ob sich die Nutzer darauf verlassen können, bleibt angesichts der zögerlichen Haltung des Dienstes fraglich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!