Datenskandal bei Arbeitsagentur: Informationsschleuder Jobbörse
Die Berliner Firma Econsulting24 täuschte im Online-System der Arbeitsagentur Stellenanzeigen vor – in Wirklichkeit wollte sie aber nur persönliche Daten sammeln.
NÜRNBERG dpa/ap/taz | Die Bundesagentur für Arbeit (BA) fällt wieder durch Datenschutzmängeln auf: Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warnte Ende Oktober schon vor möglichem Missbrauch der Online-Jobbörse der BA.
Bei dieser Datenbank handelt es sich um die größte Stellenbörse in Deutschland: Dort muss der Arbeitgeber lediglich den Firmennamen, die Branche sowie Anschrift und Ansprechpartner angeben. Seine Identität prüfte die Bundesagentur nicht. Nach der Anmeldung bekommt der Arbeitgeber eine persönliche Identifikationsnummer zugeschickt, mit der er Bewerberdaten in nicht anonymisierter Form einsehen und ein Stellenangebot aufgeben könne.
Auf diese Weise kann sich jeder per E-Mail oder per Post Bewerbungsunterlagen zuschicken lassen, mit Adresse, Telefonnummer, Geburtsdaten, Zeugnissen und Lebenslauf - egal, ob er einen Job zu vergeben hat oder nicht.
Jetzt wurde bekannt, dass die Berliner Firma Econsulting24 systematisch über die Jobbörse persönliche Daten sammelte. Sie schrieb etwa 2500 Stellenangebote online aus und suchte unter anderen nach Fachärzten, Managern und weiteren Akademikern. Die Masse der Econsulting24-Stellenanzeigen fielen auf: "So viele Stellen in einem Arbeitgeber-Account waren auch für uns ungewöhnlich", schilderte BA-Sprecherin Anja Huth.
Nach vergeblichen Versuchen, Econsulting24 zu kontaktieren, löschte die die Arbeitsagentur die Anzeigen. "Das Deaktivierungsverfahren ist letzte Nacht abgeschlossen worden", so Huth.
Das Vorgehen der Berliner Firma sei ein klarer Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der Jobbörse, sagte BA-Sprecherin Huth. Sie sagte, man könne auf dem Rechtsweg gegen das Unternehmen nicht vorgehen.
Allerdings sei seit vergangener Woche das Zugangsverfahren für Neukunden in der Jobbörse verschärft worden. Bevor ein Betrieb ein Stellenangebot einstellen könne, werde nun geprüft, ob es dieses Unternehmen überhaupt gebe.
Die BA befinde sich in einem Dilemma, erläuterte Huth. "Wir haben nie abgestritten, dass es diese Möglichkeiten gibt. Doch je höher die Zugangshürden sind, desto weniger Angebote haben wir natürlich auch."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter