Datenschutz: Schüler finden Schülerdatei blöd
Zu viele Daten, zu unklare Zugriffsbestimmungen: Eltern, Lehrer und Schüler kritisieren die von Rot-Rot geplante Schülerdatei. Betroffene sollen an der Entwicklung besser beteiligt werden, fordert die Landesschülervertretung.
Richtig lieb hat sie keiner: Die zentrale Schülerdatei, die die Bildungsverwaltung plant, um Berlins Schulen künftig besser organisieren zu können. Die Datei soll von Geburtsdatum und Geschlecht bis zu Herkunftssprache und Förderbedarf 16 verschiedene Informationen über alle Schülerinnen und Schüler Berlins enthalten. Ein entsprechender Gesetzentwurf der rot-roten Koalition wird am Donnerstag im Abgeordnetenhaus verhandelt. Danach werden die zuständigen Ausschüsse über Änderungsvorschläge beraten.
Und davon gibt es viele. Kritik an der Datei kommt nicht nur von der Opposition. Auch die Betroffenen - Schüler, Lehrer und Eltern - begegnen dem Plan mit gemischten Gefühlen. Mitglieder der Landesschülervertretung (LSV) trafen sich am Dienstag mit Abgeordneten der Linkspartei, um ihre Kritik zu äußern. "Die Organisation von Schule zu optimieren, ist eigentlich begrüßenswert", so LSV-Sprecher Lee Hielscher. "Dass das aber mit einer solchen Datei erreicht werden kann, sehen wir sehr kritisch." Nötig sei eher eine Verbesserung der Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden. "Außerdem werden in der Datei zu viele Daten gesammelt, die für den Zweck gar nicht gebraucht werden", so Hielscher.
Das Gespräch mit der Linken habe immerhin den Eindruck vermittelt, dass dieses Problem dort bewusst sei. "Es ist gut, dass wir um unsere Meinung gebeten wurden", sagt der Schülervertreter. Er hofft, dass der LSV weiterhin am Entwicklungsprozess beteiligt werde, denn "zur Verbesserung der Schuladministration bedarf es auch der Meinung der Betroffenen", so Hielscher.
Zu denen gehören auch die Eltern - die ähnlich zwiespältig wie die Schüler sind. Eine Datenbank zur Verbesserung der Schulorganisation fänden die meisten "okay", sagt André Schindler, Vorsitzender des Landeselternausschusses. "Aber alles, was über die Erfassung bestimmter Grunddaten hinausgeht, ist überflüssig." Etwa Informationen über die soziale Lage, wie die Befreiung von der Zuzahlung für Lernmittel: "Auch das Merkmal Migrationshintergrund sagt nichts aus, was nötig wäre, um Doppelanmeldungen zu vermeiden", so Schindler.
Auch der Vertreter der dritten Gruppe Betroffener, der LehrerInnen, übt Kritik: Die Idee einer Datei sei zwar "prinzipiell vernünftig", sagt Peter Sinram von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Doch der derzeitige Entwurf schieße über das Ziel hinaus: "Es werden Daten erhoben, die wir nicht brauchen", sagt der GEW-Sprecher.
Den "gläsernen Schüler" sehen deshalb der bildungs- und der datenschutzpolitische Sprecher der Grünen, Özcan Mutlu und Benedikt Lux, auf Berlin zukommen. Sie fordern die strikte Trennung von Sozial- und Personendaten in der Datei sowie eine genaue Beschränkung der Zugriffsrechte der Behörden. In der FDP haben Bildungs- und Datenschutzpolitiker noch "Klärungsbedarf": "Wir brauchen mehr Daten", sagt die bildungspolitische Sprecherin der FDP, Mieke Senftleben. Aber welche Daten genau, ob die aller Jahrgänge oder nur die von den Schulübergängen - dies diskutiere sie noch mit ihrem Parteikollegen Björn Jotzo, zuständig für Datenschutz. Zeit für solche Diskussionen, die auch in der Linken noch nicht ausgestanden sind (taz berichtete), ist bis Ende Januar. Dann soll das Abgeordnetenhaus über das Gesetz entscheiden. Alke Wierth
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