: Datenschutz jagt Multimedia
■ In Zukunft: Modernisierung und noch mehr Bürgerprotest
140 Menschen haben letztes Jahr Dr. Stefan Walz einen Brief geschickt – der Landesbeauftragte für den Datenschutz wünscht sich in Zukunft noch viel mehr: „Datenschutz ist in erster Linie Bürgerprotest, man muß uns auch anstoßen.“ Gestern legte Walz den 18. Jahresbericht für 1995 vor und sprach dabei vor allem über seinen Ausblick: Multimedia, Internet, mehr Kontrolle über die Privatwirtschaft und die Wahrung des Arzt- und Sozialgeheimnisses sind die Hauptthemen der nächsten Jahre.
„Datenschutz ist präventiv“, so Walz. Zwar sei seine Arbeit in Bremen inzwischen etabliert – das Grundrecht auf Datenschutz soll bald in der Landesverfassung verankert sein. Doch Walz will noch mehr Kontrollstandards, die etwa mit Gewerbe- oder Umweltaufsicht vergleichbar sind. Der Datenschützer möchte der Privatwirtschaft stärker auf die Finger sehen, was im Moment nur ein Viertel seiner Tätigkeit ausmacht. Im letzten Jahr habe man zumindest bei einigen Banken eingreifen können, die bei einer Kontoeröffnung Ausweiskopien verlangten oder in ihrem Kontoantragsformular zu detailliert nach Beruf und Familienstand fragten. Bislang kann Walz hier nur auf Beschwerdefälle reagieren.
Noch in diesem Jahr soll laut Walz das Datenschutzrecht auch dem Medien-Wandel angepaßt werden. Wenn der Bund das Multimedia-Gesetz verabschiedet und die Länder den Staatsvertrag für die interaktiven Mediendienste abschließen, müsse parallel dazu der Bürgerschutz geregelt sein.
Automatisierung von Behörden, Krankenhausinfosysteme, Telemedizin, die „Bekämpfung“ des Sozialhilfemißbrauchs durch die Sozialhilfeträger legten persönliche Daten offen. Hier wird Stefan Walz weiterhin einhaken. Daneben pocht er auch aufs Kleine: 1995 wurde gesichert, daß Sozialhilfeempfänger bei Schulfahrten ihrer Kinder sich nicht mehr bei der Schulleitung outen müssen, um Zuschüsse beantragen zu können. Die Lösung: ein Vordruck, mit dem man auch direkt zum Sozialamt gehen kann. sip
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen