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Datenschützer warnt vor totaler Kontrolle

■ „Multimedia“ und internationale Datenvernetzung machen den gläsernen Menschen zur Realität / Datenschutz hilflos

Jeder Aufenthaltsort wird feststellbar sein, jeder Einkauf nachvollziehbar und jeder Arztbesuch dokumentierbar – alles wird künftig möglich durch die multimediale Vernetzung von Fernseher, Telefon und Computer. Der Datenschutz aber kommt bei dieser Entwicklung nicht mehr nach, befürchtet der Datenschutzbeauftragte Hans-Jürgen Garstka. „Die Multimedialisierung der Gesellschaft bringt das Risiko mit sich, daß der Datenaustausch nicht mehr kontollierbar ist“, warnte Garstka auf einer Pressekonferenz zum gestrigen Symposion „Multimedia und Datenschutz“.

Schon bald könnten das Konsumverhalten, die Geldgeschäfte und die Mediennutzung jedes einzelnen durch die gespeicherten Daten von jedem ohne großen weiteren Hilfsmittel am PC verfolgt werden. Wer am Bildschirm „teleshopping“ mache, dessen persönliche Daten sind im Gegenzug jedermann leicht zugänglich. Die Möglichkeiten, Menschen vor der völligen Durchsichtigkeit zu schützen, sind nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten des Senats gering. Das Datenschutzgesetz hinke der Zeit hinterher und betreffe nur Dateien und Karteien, nicht aber Informationen in frei zugänglichen Netzen.

Auch das Urheberrecht würde durch die Informationsvernetzung ausgehöhlt: „Es läßt sich nicht mehr ermitteln, wer wann und wo Daten in das Internet eingibt.“ Selbst Sicherungen wie sogenannte Paßwörter erfüllten ihre Funktion nicht mehr: „Auf der ganzen Welt genügt ein Mensch, der ein bestimmtes Paßwort herausfindet oder mißbraucht.“

Garstka kommentierte auch die neuen Möglichkeiten, Bilder zu manipulieren, ohne daß der Eingriff nachträglich noch feststellbar wäre: „Mit der neuen ,Plastizität‘ der Bilder verlieren Unterschriften an Beweiskraft, und selbst das Familienalbum wird zur Manipuliermasse.“ Um wenigstens den Auswüchsen des Datenmißbrauchs paroli bieten zu können, fordert Garstka mehr Rechte für die Datenschützer: „Wir müssen bereits bei einem Verdacht auf unerlaubte Datenweitergabe oder Manipulation dem Fall nachgehen dürfen.“ Bis jetzt darf der Datenschützer nur bei Beschwerden tätig werden. Alle Kontrolle nütze aber nichts, wenn die Datenschützer keine Sanktionen gegen „Datensünder“ verhängen könnten.

Garstka forderte zugleich internationale Vereinbarungen. In den nächsten drei Jahren müsse ohnehin die neue EU-Richtlinie zum Datenschutz national umgesetzt werden. Dabei sollten die neuen Probleme berücksichtigt werden. Garstka zitierte das Verfassungsgericht: „Bei der heutigen Vernetzung gibt es keine belanglosen Daten mehr.“ Adrian Prechtel

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