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„Das würde die Ferien kaputt machen“

■ Weniger Ferien – Aufregung um Spar-Vorschlag der Schulbehörde Von Kaija Kutter

Schlechte Nachrichten für Schüler, die ihre Ferien lieben. Per Indiskretion wurde gestern ein Plan der Schulbehörde bekannt, die 75 unterrichtsfreien Tage pro Jahr um fünf zu kürzen. Gleichzeitig, so der Vorschlag von Senatorin Rosi Raab, sollte die Wochenstundenzahl der Schüler um eine Stunde gekappt werden.

„Auf diese Weise haben die Schüler keine Stunde mehr und keine Stunde weniger“, sagt Schulbehördensprecher Ulrich Vieluf. Nur die Lehrer müssen eine Woche mehr arbeiten. Die Anregung sei von Eltern gekommen, die kürzere Ferien sowohl unter dem „Betreuungsgesichtspunkt“ als auch wegen des zu vollgepackten Stundenplans ihrer Kinder interessant fänden. Die Schulbehörde hofft wiederum, 300 Stellen zu sparen. Da die Haushaltskassen leer sind und bis 1997 mindestens 600 Stellen geschaffen werden müssen, für sie ein dringliches Anliegen.

Als Termin für eine Ferienverkürzung – für die es, so schwört die Schulbehörde, noch keinen Zeitplan gibt – sollen allenfalls die Frühjahr-, Pfingst- oder Herbstferien in Betracht kommen. Da die Ski-Fahrer-Lobby auch in der Behörde stark ist, scheinen die Herbstferien wahrscheinlicher. Es wäre aber auch denkbar, so Vieluf, „mehrere Ferien um einige Tage zu kürzen“.

Eine spontane Umfrage der taz auf Hamburgs Schulhöfen zu diesem Thema mußte leider ausfallen – gestern war schulfrei. Doch stellvertretend für die Kids meldeten sich die Lehrerverbände zu Wort.

Als „pfiffige Art, von Problemen abzulenken“, hat Reinhard Behrens vom Deutschen Lehrerband den Vorstoß bezeichnet (siehe Interview). Der DL-Sprecher hat flugs nachgerechnet, daß die Behörde durch die wöchentliche Streichung 3,5 Prozent Unterricht spart, durch die zusätzliche Nicht-Ferienwoche aber nur 2,9 Prozent hinzugibt.

„Die Kürzung von einer Wochenstunde bedeutet auch eine Stunde weniger Sport, Deutsch oder Mathematik“, gibt auch GEW-Sprecherin Anna Ammonn zu bedenken. Die Schulsenatorin breche ihr Versprechen, die Sparmaßnahmen nicht auf dem Rücken der Schüler auszutragen.

Auch verkenne die GEW nicht den „populistischen Gehalt“ des Vorhabens, das „Haß- und Vorurteilsobjekt ,Lehrerferien' zur Disposition zu stellen“. Dabei sei ein Großteil lediglich unterrichtsfreie Zeit, die für Korrekturen, Vorbereitung und Fortbildung benötigt werde.

„Kinder brauchen einfach die freie Zeit“, sagt GEW-Chef Hans- Peter de Lorent. Wenn die Herbstferien entfielen, müsse vom Sommer bis Weihnachten ohne Pause unterrichtet werden.

Ein Einwand, den auch Elternkammervertreter Kurt Plessner teilt: „Ich habe etwas dagegen, den Kindern ein Woche zu nehmen. Man könnte nicht mehr 14 Tage verreisen. Das würde die Ferien kaputt machen.“

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