Das war die Woche in Berlin II: Was Lenin uns lehrt
Ein Denkmal ist zurück – der Hype darum spricht Bände.
Hätte es sich um den Sarkophag des Tut-Anch-Amun gehandelt oder das Turiner Grabtuch, das mediale Interesse wäre kaum größer gewesen. Dabei wurde auf der Spandauer Zitadelle am Donnerstag nichts weiter vom Lastwagen gehoben als ein Steinklotz, in den ein Bildhauer in den 1960er Jahren die Züge eines russischen Politikers gehauen hatte. Die Faszination für historische Zeugnisse nimmt bisweilen sonderbare Formen an.
Könnte man sagen. Aber die Süffisanz verfehlt den Punkt: Die Strahlkraft eines historischen Objekts hängt ja nicht nur an seinem Alter oder seinem materiellen Wert. Der Kopf des Berliner Lenin-Denkmals, das der Diepgen-Senat nach der Wende schleunigst schleifte und in der hintersten Ecke des Köpenicker Forsts verbuddelte, hat in seiner – objektiv betrachtet – ziemlich kurzen Geschichte eine schillernde Aura entwickelt. Er steht für eine einst machtvolle, dann totgesagte Ideologie, für einen verblichenen Staat, dem immer noch manche hinterhertrauern, für die biografischen Brüche vieler BerlinerInnen.
Dass Lenin so viel Glanz auf das künftige Denkmal-Museum in der Zitadelle wirft, war nie die Absicht der AusstellungsmacherInnen. Wenn er ein Publikumsmagnet wird, werden sie aber letztlich davon profitieren. Denn die oft wenig subtile Geschichtspolitik, die aus den Denkmälern verschiedener Epochen spricht, und auch der spätere Umgang mit diesen Denkmälern sind ja spannende Sujets, die hoffentlich auch spannend aufbereitet werden.
Der Lenin-Hype erinnert aber auch an die vielen Leerstellen, die aus Geschichtsvergessenheit oder als Machtdemonstration ins Stadtbild gerissen wurden. Zu viele Stachel wurden Berlin unüberlegt gezogen. Wenn sie nun museal inszeniert werden, ist das gut und richtig, aber am ursprünglichen Ort – gerne auch angemessen verfremdet – wäre ihre Aussagekraft weitaus größer.
Nur der Palast der Republik, der wird so oder so nicht wiederaufgebaut. Denn der passt leider in kein Museum.
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