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■ Clinton verhängt Embargo über den IranDas organisierte Böse

Die Meldung klingt unglaublich: Als Folge der von Bill Clinton angekündigten Sanktionen gegen den Iran werden in den USA einige tausend Arbeitsplätze verschwinden, und sogar der Benzinpreis soll steigen. Aus Sicht der chronisch motorisierten US-BürgerInnen hat der Konflikt mit der Islamischen Republik damit eine neue Qualität erreicht. Zwar gilt dieser Staat in den USA seit seiner Gründung als „Hort des Terrorismus“. US-Geschäftsleute waren jedoch nur kurzfristig vom Handel mit ihm abzuhalten. Spätestens seit dem Tod Chomeinis ist für sie der Iran ein Geschäftspartner wie jeder andere. 1993 drängten US-Firmen sogar ihre deutschen Konkurrenten vom Platz Eins. Mit einem Handelsvolumen von 4,9 Milliarden Mark war der „Große Satan“ Irans bester Geschäftsfreund.

Glaubt man Clintons Worten, dann ist damit künftig Schluß. Die angekündigten Wirtschaftssanktionen sind annähernd so scharf wie jene, die Clintons Vorvorgänger Jimmy Carter 1979 verhängte. Damals hatten von der politischen Führung des Landes unterstützte „Studenten“ die Teheraner US-Botschaft gestürmt und das Personal als Geiseln genommen.

Die iranische Führung wird sich diesmal kaum die Köpfe über Embargofolgen zerbrechen müssen. Interessenten, um die von US-Firmen hinterlassenen Lücken zu füllen, gibt es genug. Erst im April hat Deutschland seine Hermes-Exportbürgschaften für Geschäfte mit dem Iran wieder aufgenommen. Einen Tag, nachdem Clinton im März dem US-Konzern „Conoco“ ein eine Milliarde US-Dollar teures Ölgeschäft im Iran verbot, wurde in Teheran bekannt, daß sich ein deutsch-niederländisches Firmenkonsortium und die staatliche iranische Ölgesellschaft „Nioc“ auf die Erschließung von Ölfeldern im Persischen Golf verständigt hatten. Die Zusage der russischen Regierung, das zu Schah-Zeiten von Siemens begonnene Atomkraftwerk im iranischen Buscher fertigzustellen, läßt erahnen, daß man in Moskau bereit ist, nahezu alles zu Geld zu machen. Fingerzeige aus Washington hin oder her.

Clintons Begründungen für das Embargo klingen dabei beinahe zeitlos. Auf der alljährlich vom US-Außenministerium publizierten „Terror-Liste“ steht der Iran seit Jahren. Berichte über iranische Versuche, Atomtechnologie aus der ehemaligen UdSSR zu beschaffen, kursieren seit deren Zusammenbruch. Neu ist nur die offene Bereitschaft der russischen Regierung, diese auch zu liefern. Von Sanktionen gegen Rußland ist aber in Washington nicht die Rede.

Clintons Äußerungen zeigen jenen Mangel an Pragmatismus, den US-Präsidenten immer dann an den Tag legen, wenn sie es mit dem nachrevolutionären Iran zu tun haben. 16 Jahre nach dem Sturz des Schahs ist die US-Regierung in Sachen Iran offensichtlich nicht zu jener Politik fähig, die sie sonst gegenüber ähnlich üblen Diktaturen und sogar islamistischen Gruppierungen betreibt. Während das Menschenrechte stoisch ignorierende und islamistische Organisationen unterstützende Regime Saudi-Arabiens in Washington als Stabilitätsfaktor gilt und die Islamische Heilsfront (FIS) als mögliche zukünftige Regierungspartei Algeriens heimlich hofiert wird, werden iranische Mullahs als Überfeind registriert. Clintons Rede von „neuen Formen des organisierten Bösen“ vermitteln eine Ahnung dieser Wahrnehmung. Im Kampf gegen einen solchen Gegner darf dann sogar das Autofahren teurer werden. Thomas Dreger

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