Das kommt auch: Frackingvor Gericht
Die Situation ist aus jedem mittelschlechten Lokal bekannt: Der Gast wedelt wild mit den Armen und möchte seine Bestellung loswerden. Der Kellner eilt vorbei mit dem knappen Hinweis: „Sorry, nicht mein Tisch.“ So behandelt fühlte sich die Initiative zum Schutz des Wassers in Schleswig-Holstein vom Landesparlament in Kiel und ist deswegen vor Gericht gezogen.
Die Initiative hatte 2018 über 40.000 Unterschriften gesammelt, um die umstrittene Fracking-Methode in Schleswig-Holstein zu verbieten. In ihrem Antrag ging es unter anderem um Berichtsrechte und -pflichten von Behörden. Mit diesem Anliegen wandte sie sich an den Landtag. Der befasste sich zwar mit Fracking und änderte auch das Wasserschutzgesetz des Landes – unter anderem haften Firmen nun für Folgeschäden ihrer Bohrungen und Behörden können vor dem Start von Fracking-Vorhaben darüber Auskunft geben –, aber einige Punkte aus dem Antragspaket wies das Parlament zurück. Denn es geht um Fragen, die das Bergrecht betreffen. Und Bergrecht unterliegt Bundesgesetzen. Der Landtag könne und dürfe darüber also nicht entscheiden, so die Meinung der Abgeordneten. Anders gesagt: Das Restaurant hat dem Kunden serviert, was Küche und Keller zu bieten haben – mehr geht halt nicht.
Aber kann ein Parlament vom Volk gestellte Fragen unbeantwortet lassen und so indirekt entscheiden, welche Probleme in einem Volksentscheid behandelt werden können? Das möchte die Initiative vom Schleswig-Holsteinischen Landesverfassungsgericht wissen. Kommende Woche wollen die RichterInnen ihre Entscheidung verkünden. Das Gericht wird nicht sagen, ob Fracking erlaubt oder verboten ist. Aber es könnte die Weichen stellen, dass Länderparlamente mehr Spielraum erhalten, das erhoffen sich zumindest die Sprecher der Volksinitiative.
Parallel zum Prozess läuft ein Volksbegehren, also der zweite Schritt eines Plebiszits. Denn die Gesetzesänderungen, die der Landtag entsprechend der Forderungen der Gruppe vorgenommen hatte, gingen der Initiative nicht weit genug. Gerade im Bereich der Transparenz seien wichtige Forderungen nicht erfüllt, lautet die Kritik. Die Gruppe erhofft sich durch das Volksbegehren neuen Druck auf die politische Debatte.
Noch bis zum kommenden Jahr hat das Volk das Wort und kann per Unterschrift gegen Fracking protestieren. Dann wäre die Politik an der Reihe. Esther Geißlinger
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