Nachgefragt: „Das ist hier zu spät“
■ Zwei Profis zu Bremer Musical-Plänen
Oliver Gabriel vermarktet die erfolgreichen Lloyd Webber Musicals (Cats, Das Phantom der Oper, Les Miserables und Miss Saigon) in Deutschland. Am 27. Dezember präsentiert er einen „Querschnitt“ dieser Musicals in Bremen, zusammen mit dem Konzertveranstalter Charly Born (Born & Born). Die taz nutzte die Gelegenheit, die beiden Profis zum umstrittenen Senats-Beschluß in Sachen Bremer Musical zu befragen.
taz: Wo werden Sie auftreten?
Oliver Gabriel: In der Stadthalle.
Und das geht? Reicht die Technik dort für so ein großes Musical?
Ja, natürlich, kein Problem, wir nehmen nicht die ganze Bestuhlung, aber die Lichtpunkte sind da.
Kennen Sie die alte Markthalle, die jetzt zum Musical-Spielort umgebaut werden soll?
Charly Born: Ich kenne die Markthalle, und ich sehe da überhaupt keine Vorteile. Ich denke auch, daß das ganze Musical-Projekt enorm schwierig wird.
Wo sehen Sie denn das Problem für Bremen?
Das ist hier alles zwei, drei Jahre zu spät.
Der Senat hat sich nun mit der Zinsbürgschaft über 48 Millionen Mark Umbaukosten und mit 1,7 Millionen Unterstützung an dem Projekt beteiligt. Ist das üblich?
Oliver Gabriel: In Duisburg hat man das auch gemacht. Vielleicht kommt das irgendwann durch die Touristen wieder rein. Aber da stehen dann auch namhafte Produzenten wie Lloyd Webber aus London dahinter. Und die Sachen, die laufen, wurden auch schon in der ganzen Welt erprobt.
Hier hat man errechnet, es müßte 90 Prozent Platzausnutzung geben, damit sich das Musical-Haus selbst trägt.
Charly Born: Ich halte das für sehr, sehr dramatisch. Wenn ich bei meiner Branche so rangehe und Konzerte mit einer 90prozentigen Auslastung kalkuliere, das ist undenkbar.
Wo liegt denn das Problem für Bremen?
Charly Born: In der Nähe zu Hamburg.
Fahren die Bremer lieber nach Hamburg, als das Musical hier zu sehen?
Darum geht es nicht. Aber sie brauchen doch das Umland, die Leute müssen aus den Dörfern in die Stadt kommen, wenn so eine Show zwei, drei Jahre lang laufen soll. Und warum sollen sie nach Bremen fahren, wenn Hamburg genauso weit weg ist?
Kann „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ – die für Bremen vorgesehene Produktion – da nicht mithalten?
Oliver Gabriel: Schwierig, schwierig. Was man noch wissen muß, wenn man die Branche kennt, ist, daß all die erfolgreichen Musical-Shows, die seit Jahren bestehen, Familienproduktionen sind.
Was versteht man darunter?
Da ist die Zielgruppe ganz, ganz breit gestreut, damit wirklich vom 12jährigen Schüler bis zur 75jährigen Seniorin jeder reingehen kann, um sich zu unterhalten, oder gar eine Persönlichkeitsbildung zu betreiben.
Fragen: Susanne Raubold
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