piwik no script img

„Das ist ein Riesenerfolg“

■ Verteidiger von Mumia Abu Jamal in Hamburg / Er informierte IG Medien und Unterstützergruppen / US-Gericht tagt ab heute Von Ulrike Winkelmann

„Die Unterstützung, die Mumia Abu Jamal gerade in Deutschland bekommt, ist großartig.“ Len Weinglass, Verteidiger des seit 1982 im US-Bundesstaat Pennsylvania auf seine Hinrichtung wartenden afro-amerikanischen Journalisten, ist des Lobes voll. „Nachdem sich die links-radikale Basis seit Jahren um ihn kümmert, werden nun auch Regierungen aufmerksam. Das ist ein Riesenerfolg.“

Gestern mittag traf er in Hamburg ein, um JournalistInnen, VertreterInnen der Gewerkschaft IG Medien sowie die Hamburger Unterstützungs-Gruppe über die neuesten Entwicklungen aufzuklären. Abu Jamal, heute 41jährig, wurde 1982 zum Tode verurteilt, weil er einen weißen Polizisten erschossen haben soll. Len Weinglass, für sein politisches Engagement bekannter Anwalt, ist seit drei Jahren mit dem Fall befaßt. Im Gespräch mit der taz sagte er: „Mumia hat nie einen fairen Prozeß bekommen. Von Anfang an haben ihn sowohl die Polizei als auch die beteiligten Richter und Geschworenen rassistisch diskriminiert. Der beteiligte Richter hat bei seiner ersten Verhandlung mehrere schwarze Jury-Mitglieder ausgeschlossen und durch weiße ersetzt. Als die Jury sich dennoch beinahe gegen die Todesstrafe entschieden hatte, wurde bekanntgegeben, daß Mumia mit 16 Jahren Mitglied der „Black Panther“-Bewegung war. Solche Informationen zu verwerten, ist illegal. Daraufhin entschied die Jury –schuldig–.“ Alle Umstände des Prozesses machen ihn zum „schwierigsten Fall, den man sich vorstellen kann“, so Weinglass weiter.

In einer Diskussionsrunde bei „PAN-Foto“, einem linken FotografInnen-Kollektiv um Günter Zint, berichtete er am Nachmittag dem harten Kern der Hamburger UnterstützerInnen, der unter anderem seit August regelmäßig Mahnwachen vor dem US-Konsulat am Harvestehuder Weg abhält, daß der Fall heute vor den Obersten Gerichtshof in Pennsylvania komme. „Da auch dieses Gericht sich schon einmal gegen Mumia entschieden hat, hoffen wir, in der nächsthöheren Instanz ein klärendes Verfahren zu bekommen.“ Insgesamt gebe es noch vier weitere mögliche Instanzen, die Weinglass hofft, bis etwa 1997 durchlaufen zu haben.

Der politische Druck, der auch durch die Kampagne in Deutschland auf den Gouverneur von Pennsylvania ausgeübt wird, sei immens: „Zum ersten Mal in der Geschichte der USA erleben wir, daß sich die öffentliche Meinung zuungunsten der Todesstrafe zu neigen beginnt“, so Weinglass zur taz, „die Ungerechtigkeiten und groben Verfahrensfehler, die begangen worden sind, lassen die Leute nachdenklich werden.“ Abu Jamal sei nach dem Druck seines Buches „Live from Death Row“ (“...aus der Todeszelle“, Agipa-Press 1995) zum isoliertesten Gefangenen in der Geschichte Pennsylvanias gemacht geworden; nur seine Familie habe fünf Stunden Besuchszeit im Monat eingeräumt bekommen. Abu Jamals Klage dagegen werde voraussichtlich in diesen Tagen positiv beschieden. Weiterhin sei in einem Gesetzesbruch die Post zwischen Abu Jamal und seinen VerteidigerInnen geöffnet worden.

Die IG Medien hat sich seit dem Frühjahr vermehrt über ihre internationalen Kontakte, dem Schriftsteller-Verband und dem PEN-Club für Mumia Abu Jamal eingesetzt. Der Hamburger Gewerkschaftler Günter Frech: „Wir wollen keine eigene Kampagne aufziehen, sondern zusammen mit den Basisgruppen weiterhin zu den relevanten Terminen mobilisieren.“

Nach taz-Redaktionsschluß diskutierte Weinglass auf einer weiteren Veranstaltung im Spiegel-Haus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen