Das geplante Umweltgesetzbuch: "Nicht auf der Höhe der Zeit"
Kohlekraftwerke sind dreckig und schaden dem Klima. Trotzdem kann in Deutschland jeder, der will, eins bauen. So etwas müsste das neue Umweltrecht ändern, finden die Grünen.
BERLIN taz Die Bündnisgrünen haben das von der Regierung vorgelegte Umweltgesetzbuch (UGB) scharf angegriffen. "Ganze Bereiche wie das Verkehrs- oder Bergrecht sind ausgenommen", kritisierte am Donnerstag Fraktionschef Fritz Kuhn. Manches Positive, was im ersten Entwurf des Bundesumweltministeriums noch stand, sei kurzerhand kassiert worden. Kuhn: "Dieses Umweltgesetzbuch ist nicht auf der Höhe der Zeit."
Zeitgemäß wäre, den Klimaschutz zum Leitfaden des Umweltgesetzbuches zu machen. "Im vorgelegten Entwurf spielt Klimaschutz aber kaum eine Rolle", so Kuhn. Die Grünen fordern deshalb, Investoren von neuen Kraftwerken einen elektrischen Wirkungsgrad von 58 Prozent vorzuschreiben. Kohlekraftwerke könnten dann in Deutschland praktisch nicht mehr gebaut werden. "Rechtslage in Deutschland ist, dass jeder, der heute ein Kohlekraftwerk in Deutschland bauen will, dieses auch bauen kann", so Kuhn. Die Konzerne würden genauso wie der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) behaupten, dass Deutschland aus Klimaschutzgründen neue Kohlekraftwerke brauche, um alte durch effizientere zu ersetzen. "Aber es gibt dafür im vorgelegten Umweltgesetzbuch keine Rechtsgrundlage", kritisiert Kuhn. Konzerne könnten nicht gezwungen werden, für einen Neubau ein altes Kraftwerk vom Netz zu nehmen. Kuhn: "Warum also sollte das ein Konzern tun?"
Weil das neue Umweltgesetzbuch an der Rechtslage nichts ändert, würden 30 Milliarden Euro in Kohletechnik investiert, die einen Wirkungsgrad von 40 Prozent hätte. "Das ist nicht verantwortbar", so Kuhn. "Zumal wir die Kraftwerke gar nicht brauchen", wie die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl, argumentiert: "2007 wurden 800 Megawatt Photovoltaik installiert. Das entspricht einem mittleren Kohlekraftwerk." Es sei nicht davon auszugehen, dass die installierte Leistung in den nächsten Jahren zurückgehe. Binnen 10 Jahren könnten also 10 Kohlekraftwerke ersetzt werden.
Der gesamte Komplex des Bergrechtes werde vom neuen Umweltgesetzbuch überhaupt nicht tangiert. "Bergrecht bricht jedes andere Recht. Das ist nicht zeitgemäß", so Sylvia Kotting-Uhl. Die Probleme um das Atommüll-Endlager Asse hätten dies deutlich gemacht. Hätte die Asse nicht unter Bergrecht, sondern unter Atomrecht gestanden, wären die Verseuchungen niemals möglich gewesen. Ob die Konzerne etwa Kohlendioxid unterirdisch einlagern können oder nicht, wird nach Bergrecht behandelt, "obwohl es doch um ein Umweltgift geht". Wobei Kohlendioxid laut Bundesimmissionsschutzgesetz immer noch nicht als Schadstoff definiert wird. Bedeutet: Es gibt keine Rechtsgrundlage, um gegen besonders klimaschädliche Technologien vorzugehen.
Den UGB-Fahrplan skizzierte Kuhn so: Noch im Juli werde das Kabinett den vorgelegten Entwurf beschließen. Erste Lesung im Parlament könnte dann im September sein. Theoretisch ist also denkbar, dass das UGB noch vor dem Bundestagswahlkampf in Kraft tritt.
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