: Das Zugpferd und sein Hintern
■ Bei Benins Wahl verläßt sich Staatschef Soglo auf seine Skandal-Ehefrau Rosine
Berlin (taz) – Bei der Vorbereitung der heute stattfindenden Parlamentswahlen in Benin hat Präsident Nicéphore Soglo gut vorgesorgt. Spitzenkandidatin seiner Partei Renaissance du Bénin („Wiedergeburt Benins“) ist seine Ehefrau Rosine Vieyra-Soglo; Organisator der Wahlkampagne ist Sohn Lehadi; „Kommunikationschef“ der Partei ist der andere Sohn, Ganiou. Da kann nichts schiefgehen, zumal Rosines Bruder Désiré zufällig Verteidigungsminister ist und auch andere Staatsposten in sicheren Händen sind. So heißt der Botschafter im wichtigen Geldgeberland Deutschland – das für 1994 und 1995 insgesamt 82,5 Millionen Mark Entwicklungshilfe zusagte – Saturnin Soglo und ist des Präsidenten kleiner Bruder.
Die Häufung von Soglos an der Staatsspitze Benins ist eines der Hauptthemen der mehrmals verschobenen Parlamentswahl in dem westafrikanischen Land. Der Soglo-Clan hat afrikanische Geschichte mit geprägt: Ein Onkel Präsident Nicéphores, Christophe, unternahm 1963 im damals noch Dahomey genannten Benin den ersten erfolgreichen Militärputsch des freien Schwarzafrika und regierte vier Jahre lang. 1991 war es Neffe Nicéphore, dem Afrikas erster friedlicher Machtwechsel von einem Militärdiktator an einen demokratisch gewählten Nachfolger gelang. Damals war Benin die strahlende Musterdemokratie Afrikas und Soglo ihr Held.
Aber im Laufe der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode haben sich so viele der Architekten der „demokratischen Revolution“ von Soglo abgewandt, daß der Präsident seit 1993 ohne Mehrheit regieren muß und sich im prozeduralen Dauerstreit mit der Legislative befindet. Sogar im Kabinett toben Schlammschlachten – unlängst warf Timothe Adanlin, Minister für den öffentlichen Dienst, Innenminister Alabi Gbegan vor, ihn „ermorden“ zu wollen.
Soglos Probleme sind zu einem guten Teil Ehefrau Rosine zuzuschreiben, die nicht nur für ihr hartes Regiment im Umfeld ihres Mannes berüchtigt ist, sondern inzwischen ein ähnliches Image genießt wie Südafrikas Winnie Mandela. So schaffte es die passionierte Hutsammlerin, nach einem einwöchigen Paris-Aufenthalt Anfang Februar 1994 Spesen von 100 Millionen CFA-Francs (300.000 Mark) beim Finanzminister abzurechnen und danach die französische Zeitung Libération wegen eines Berichts darüber zu verklagen. Bei der Gerichtsverhandlung wurde aus der Dienstreise plötzlich eine Augenoperation – was natürlich viel Geld kostet –, und Libé mußte einen symbolischen Franc Entschädigung zahlen.
In Benin schlug das hohe Wellen. „Man kann nicht ein Pferd und zugleich seinen Hintern und seine Scheiße bewundern“, verdammte auf einer Wahlveranstaltung der einstige Soglo-Verehrer Florentin Mito-Baba, der nun eine eigene Partei führt, das Tandem von Nicéphore und Rosine. „Aber Scheißkerle dürfen verlangen, Parlamentarier zu werden“, giftete Rosine zurück und drohte gleich, bei der nächsten Präsidentschaftswahl 1996 selbst zu kandidieren. In charakteristischem Stil beendete sie ihre Kampagne mit einer Abschlußkundgebung, bei der sie mit vollen Händen Kleingeld unter die Leute schmiß.
Da auch noch für die 83 Parlamentssitze 31 Parteien kandidieren, sind klare Mehrheitsverhältnisse auch nach den Wahlen nicht zu erwarten. Das nächste Jahr dürfte vor allem Soglos Gegnern zur Profilierung in Vorbereitung auf die Präsidentschaftswahl von 1996 dienen. Schon die geringe Beteiligung an den diesjährigen Wahlkundgebungen hat aber gezeigt, daß die fünf Millionen Bürger Benins, deren zwischen den Krisenherden Nigeria und Togo liegendes Land zu den wenigen stabilen Ökonomien Westafrikas gehört, den absehbaren Risiken von Tribalismus und Spaltung wenig Vorfreude entgegenbringen. Dominic Johnson
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen